Bärenmädchen (German Edition)
Die Autorin / Autor (?):
„Schockierende Praktiken und bizarre Vorlieben“
„Alles begann am Dienstag den 8. November 2011 um 9.30 Uhr.
Das weiß ich so genau, weil ich mir meine Schreibzeiten regelmäßig notiert habe.
Aus Gründen der Disziplin.
Ich wollte den Roman „Bärenmädchen“ ebenso fahrplanmäßig verfassen, wie man einen Job erledigt oder einen Zahnarzttermin wahrnimmt.
Was für ein Unsinn!
Schon binnen Kurzem konnte ich es kaum noch erwarten, mich vor den Rechner zu setzen. „5 Uhr morgens Schreibbeginn“ ist in meinen Notizen nachzulesen oder auch mal 2 Uhr und 3 Uhr des Nachts. Schlafen habe ich gehasst ebenso störende Besuche von Freunden, Bekannten und Verwandten.
Das hört sich ein wenig krank an und so war es auch.
Aber so geht es Abenteurern nun mal. Wer den Orinoco hinaufrudert oder den K2 erklimmt, braucht den Tunnelblick.
Und ich hatte sogar eine unvergleichlich schwerere Aufgabe. Musste ich doch der liebreizenden Anne, meinem Bärenmädchen, beistehen und gleichzeitig dem ziemlich verkorksten Adrian, meiner zweiten Hauptfigur, zu seinem Glück verhelfen. Schließlich hatte ich die beiden in diese ebenso lasterhafte wie lustvolle Welt der Organisation Magnus geschubst.
Aber ehrlich gesagt, nehme ich hier gerade den Mund ein bisschen voll.
Irgendwann haben mich Anne, Adrian und der Rest der schrägen Truppe degradiert und das Heft des Handels selbst in die Hand genommen. Von dann an durfte ich nur noch aufzeichnen, wie sie geliebt, gehasst, gepeitscht und gevögelt haben – und das nicht zu knapp. Schockierende Praktiken und bizarre Vorlieben bevorzugen sie. Politisch sind sie völlig unkorrekt und scheren sich, wenn es um ihre Lust geht, wenig um Anstandsregeln und Moralvorstellungen.
Also nichts, womit Mann oder Frau sich in der Öffentlichkeit blicken lassen könnten. So bleibt Luca Berlin das Pseudonym für eine Person, die so brav, achtbar und bürgerlich wirkt, das man ihr eine derart gewagte Phantasie nie zutrauen würde.
Oder vielleicht doch?
Luca Berlin
Bärenmädchen
Luca Berlin
1. Kapitel:
Marktforschung
„Es ist aus, aus, aus.“
Anne bemühte sich, ihre Stimme so bestimmt wie möglich klingen zu lassen, auch wenn ihr gerade absolut nicht danach war. Immerhin blickte sie in ein Gesicht, das so jämmerlich dreinschaute wie ein Hundewelpe, der gerade mitangesehen hatte, wie seine Mutter von einem Tanklastzug überrollt wurde. Er wird doch wohl nicht anfangen zu heulen, dachte sie. Sörens Mundwinkel zuckten verräterisch. Aber war es denn so schwer zu begreifen, dass sie beide einfach nicht zueinander passten?
Okay, anfangs hatte ihr der feine Herr Langenhagen schon imponiert. Natürlich aus vermögender Familie und als strebsamer, vielversprechender Medizinstudent mindestens ein angehender Chefarzt. Schlecht aussehen tat er auch nicht. Zu Beginn hatte er sie immer an diesen Typen aus einer uralten Actionserie erinnert. Das „A-Team“ hieß sie, und der Schauspieler George Peppard war ein verwegener Strahlemann mit umwerfend blauen Augen.
Aber Action? Nicht mit Sören. Er war sooooo langweilig. Sein Leben schien eher einer ZDF-Traumschiff-Folge entlehnt. Zuletzt hatte er immer öfter von Eigenheimen und von Kindern gesprochen. Sie war doch mitten in ihrem Germanistik-Studium und noch nicht einmal 24 Jahre alt, bitteschön.
Und diese langweilige Kuschelnummer im Bett war auch nicht ihr Ding. Das alte Rein-Raus-Spiel, Blümchensex und Missionarsstellung bei ausgeschaltetem Licht. Was sexuelle Freizügigkeit anbelangte, vermutete Anne manchmal, dass sich Sören ins falsche Jahrzehnt verirrt hatte. Die prüden fünfziger Jahre – das wäre seine Welt gewesen.
„Und im Bett klappt es auch nicht mit uns“, platzte es aus ihr heraus. Gleichzeitig war sie erschrocken und erleichtert, es endlich ausgesprochen zu haben.
Anne saß in Sörens Wohnung - natürlich im noblen Eppendorf, natürlich von den Eltern finanziert - neben ihm auf der Couch und war bemüht, gleichzeitig tröstende Nähe und die jetzt gebotene Distanz zu vermitteln. Das war allerdings nicht so einfach, denn Sören versuchte gerade, sie stürmisch zu küssen. Ein mehr als hilfloser Versuch zu reparieren, was rettungslos entzwei war, befand sie und bemühte sich, ihn wegzuschieben. Aber Sören packte ihre Hände und hielt sie eisern fest, während sein Mund stürmisch ihre Lippen suchte. Sie bäumte sich auf. Zwecklos,
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