Dunkle Begierde 2
ohne den
Griff zu lockern. Er war apathisch. Seine Liebe zu ihr existierte nicht mehr.
Es war schwer vorstellbar, dass dies Thomas Mann sein sollte, der hier zu allem
bereit war. Der Thomas Mann, der selbst Opfer von Gewalt war, und eigentlich
Gewalt verabscheuen müsste. Der Thomas Mann, der bis vor Kurzem noch seine
Schwester über alles liebte, weil sie ihm das Gefühl gab, wichtig zu sein.
Der
Thomas Mann, der vor Kurzem jeden Schlag seines Vaters in Kauf nahm, Hauptsache
er war mit Kathrin alleine. Und jetzt schien er all dies vergessen zu haben,
nur noch besessen von dem einem Gedanken, sie könnte seine Zukunft ruinieren.
„Jetzt
habe ich dich durchschaut, du kleine Schlampe. Wie konnte ich all die Zeit nur
auf deine Naivität reinfallen. Wer weiß, was du Daddy noch alles gepetzt hast,
von dem ich nichts wusste. Daddy kann ich vielleicht nicht …, aber dich, dich
kann ich, das ist ein Leichtes, ha, ha ...“, sagte er heimtückisch.
Was
geschah hier? Wieso konnte sein Herz ihn nicht wachrütteln und ihn an sein
wahres Ich erinnern? Ihn von dieser bösen Tat abhalten.
Bäum
dich auf Thomas, kämpfe, noch gibt es Hoffnung. Glaube daran. Schau in dein
Herz. Tu es nicht!
„Ich habe
Papa nie etwas gesagt. Ich liebe dich. Bist du krank, Thomas, und tust mir
deswegen weh?“, fragte sie Mitleid fühlend. Hatte sie mit ihren fünf Jahren
erkannt, dass ein böser Dämon Besitz von Thomas ergriffen hatte?
Kinder
sehen die Wahrheit. Es sind die Erwachsenen, die ihnen diese Fähigkeit nehmen,
um sie auf die Welt der Lüge vorzubereiten.
Ich liebe
dich. Dieser Satz schlug sich den Weg durch das von Hass und Angst umschlossene
Herz von Thomas. Wie Lava schien sich dieser Satz den Weg freizumachen, um
Thomas wieder Luft zu geben der zu sein, den Kathrin kannte.
Er liebte
seine Schwester, dessen wurde er sich wieder bewusst. Sie bedeutete ihm alles.
Er kämpfte, um den positiven Gedanken mehr Kraft und Macht zu geben, doch immer
wieder durchquerten seine positiven Gedanken und seine Liebe zu ihr ganz
schreckliche böse Ängste.
Ängste,
die ihm sagten, dass es nur einen Weg gab, und er diesen Weg beschreiten müsse.
Doch er liebte sie doch. Wie kann man jemandem, den man liebt, so etwas antun?
Ein innerer Kampf begann.
„Nein,
bitte nicht, nicht sie. Sie hat nichts getan“, flehte die Stimme der Liebe, der
Vernunft.
Doch die
Angst wollte dieses Jammern nicht hören. Sie wollte ihr Vorhaben durchziehen.
„Du
weißt, es gibt keinen Ausweg. Sie hat es gesehen. Und du kannst nicht in der
Ungewissheit leben, dass sie nichts sagt. Du kannst ihr nicht trauen. Oder
willst du wie Hendrik enden?“, sprach die Angst zu ihm.
„Nein,
nein. Sie ist brav. Sie wird schweigen. Ich verspreche es. Sie ist lieb. Ich
brauche sie“, antwortete die Stimme der Vernunft.
„Sie
wird reden, Thomas - alle Menschen sind so. Sie tut nur so lieb, oder warum hat
sonst Daddy sie so lieb. Sie wird es Daddy sagen. Glaub es mir. Wirf sie in den
Fluss. Jetzt.“
„Nein,
nein, ich kann nicht“, schrie Thomas in leisen Tönen und schaute Kathrin an.
Kathrin
war völlig verängstigt und saß zusammengekauert an einem Baum, da Thomas von
ihr abgelassen hatte.
„Wirst du
es erzählen, Kathrin?“, fragte er sie mit entsetztem Gesicht.
„Nein“,
sagte sie, nur noch den Wunsch hegend nach Hause zu gehen.
„WIRKLICH,
Kathrin? Wirst du es WIRKLICH nicht Daddy erzählen? Auch nicht, wenn er dir ein
neues Spielzeug kauft?“
„Nein, du
machst mir Angst. Ich will nach Hause zu Papa.“
„Zu Papa.
Zu Papa, du kleine Schlampe. Du Lügnerin, du wirst es ihm sagen. Und ich dachte
du liebst mich, wie ich dich liebe. Hast du mich all die Zeit angelogen? Du
kleine Schlampe.“
Kathrin
konnte nicht antworten. Sie war gelähmt. Thomas war in ihren Augen nur noch
böse und Angst einjagend.
Für
Thomas dagegen waren die Würfel gefallen. Wenn sie ihn liebte, warum wollte sie
dann zu Felix. Sie musste doch wissen, dass Thomas und Felix nicht die besten
Freunde waren. Ihr Alter war keine Entschuldigung für Blindheit.
Thomas
Entschluss wuchs. Hätte sie ihn nicht angefleht zu Daddy zu wollen, zu seinem
Feindbild Nr. 1, dann hätte er ihr vielleicht geglaubt, doch jetzt, jetzt
wusste er, dass die Angst recht hatte.
Sie
musste verschwinden. Im Teich. Für immer. Sie konnte nicht schwimmen. Der Teich
war sehr kalt. Sie würde nicht lange leiden. Und finden würde man sie
frühestens im Frühling, wenn die Ersten im Teich
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