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Dunkle Reise

Dunkle Reise

Titel: Dunkle Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Luckett
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Armbrust.
    Ein Kopf hob sich aus dem Graben, als ich über die Felsen hinabsprang. Der Mann hatte Silvus’ Bolzen im Schenkel, was bedeutete, dass er nicht davonlaufen konnte. Umso besser. Er spannte hastig und mit Mühe die Armbrust, hatte aber keine Zeit mehr, den Bolzen einzulegen. Verspätet griff er zum Schwert, wusste aber, dass er ein toter Mann war, dass ich ihn für das, was er getan hatte, töten würde. Mein Schwert kam hoch und er krabbelte im Graben rückwärts und zog an seiner Klinge…
    »Halt, im Namen der Göttin! Halt, alle miteinander! Wer nicht stillhält, stirbt!«
    Ich hatte gelernt, diese Stimme zu beachten. Es war ein glockenheller Sopran, und ich hatte ihn auf dem Schlachtfeld von Ys und anderswo gehört und ihr gehorcht, und das hatte mich gerettet. Vielleicht war es das. Oder vielleicht war es tatsächlich so, dass die Göttin jenen, die in ihrem Namen Befehle erteilen, Autorität verleiht. Schwester Winterridge erteilte solche Befehle. Als Priorin des Ordens der Siegesgöttin war das ihre rechtmäßige Aufgabe. Auch die Schwestern, die in ihrem Gefolge ritten, anerkannten das, denn sie hatten Langbogen gespannt, um ihren Befehlen Nachdruck zu verleihen.
    Mein Schwert hatte zum tödlichen Schlag ausgeholt, aber der Befehl drang durch, bevor es niedersausen konnte, und ich behielt meine Seele. Ich sah noch immer rot, aber dann blickte ich in entsetzte Augen, und die Wut verebbte. Ich trat zurück, und indem die Spannung nachließ, überkam mich die Erschöpfung wie eine bleierne Last, die mich niederdrückte.
    »Eine Heilkundige«, krächzte ich. Ich wusste, dass die Heilerinnen des Ordens die Besten waren. »Arienne, da oben. Sie ist verletzt.«
    Priorin Winterridge spähte hinauf und sah die zwischen den Felsen liegende kleine Gestalt im Tarnumhang. Sie streckte den Arm aus. »Schnell«, sagte sie, und kein Wort mehr.
    Zwei Schwestern ihrer Begleitung saßen ab, eine nahm einen Kasten von ihrem Sattel und sie eilten hinauf. Die anderen entspannten ihre Langbogen, mit denen sie auf uns gezielt hatten.
    Barras stieß sein Schwert in die Scheide und schritt selbstbewusst näher. Silvus ließ den Degen sinken, setzte die Spitze zwischen die Steine und stützte sich auf die Waffe, um auf die Beine zu kommen, dann stand er wankend. Er war im Zweikampf in die Knie gezwungen worden, und ich hatte es nicht gesehen, geschweige denn etwas getan, um ihm zu helfen. Ein feiner Knappe.
    Aber das war jetzt unwichtig. Die Heilkundige stand bei Arienne und schnitt vorsichtig Stoff auf, um an die Wunde zu kommen. Diese Mühe hätte sie sich ersparen können, wenn Arienne tot wäre, sagte ich mir. Die Erschöpfung hatte mich betäubt. Ich stand wankend.
    »Will Parkin, bei allen… Wie kommen Sie hierher? Und Ser Silvus de Castro. Willkommen zurück.«
    Schwester Winterridge hatte eine Stimme, die ich als natürlich kühl erinnerte, klar wie Quellwasser. Sie lächelte selten und lachte fast nie. Ihr schmales, entschlossenes Gesicht schien nicht für Heiterkeit gemacht. Auch jetzt lachte sie nicht, aber in der Begrüßung lag eine Wärme, die ich heraushörte und ermutigend fand. Ich konnte es hören und spüren, obwohl ich zu müde und zu verwirrt war, um darauf zu antworten.
    Barras verbeugte sich vor ihr.
    Sie nickte. »Und Fähnrich Barras. Ich freue mich, unsere Bekanntschaft zu erneuern, Ser.« Der kühle Abstand war wieder da, in ihrer Stimme wie in ihren grünen Augen. Die Bekanntschaft, auf die Priorin Winterridge sich bezog, rührte von dem Anlass her, als Barras sie im Beisein des Fürsten Nathan und Graf Ruanes in aller Öffentlichkeit beinahe ermordet hätte.
    »Auch ich bin erfreut, verehrte Dame«, grollte seine tiefe Stimme. »Ihre Unterstützung in dieser Angelegenheit wird sehr geschätzt. Es wird mir eine Freude sein, meinem Herrn, dem Fürsten, Meldung davon machen zu können, sobald die Angelegenheit geregelt ist.«
    Priorin Winterridge saß auf ihrem Pferd und blickte auf ihn nieder. Ihre Brauen hoben sich. »So? Um welche Angelegenheit handelt es sich, Fähnrich Barras.«
    Ich bemerkte, dass sie weder seine Beförderung zum Leutnant noch den Adelstitel ›de‹ erwähnte; wahrscheinlich wusste sie nicht davon. Er überging es in weltläufiger Manier und lächelte wie ein Mann zu ihr auf, der sein Vertrauen in die Rechtschaffenheit der Götter vollauf gerechtfertigt sieht.
    »Nun«, sagte er, »die Festnahme dieser Übeltäter, natürlich.«
    Eine kurze Pause trat ein. Ihr Gesicht

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