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Dunkle Reise

Dunkle Reise

Titel: Dunkle Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Luckett
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»Schau hin. Da oben.«
    Zwanzig Schritte neben der Straße durchbrach ein felsiger Schichtenkopf den Hang, von den Kräften der Verwitterung zerklüftet und in Blöcke zersprengt, die neben- und aufeinander lagen. Gestrüpp und Buschwerk umgab seinen Fuß. Ich half Silvus über den Graben und den steilen, schuttbedeckten Hang hinauf. Hier zwischen den Blöcken gab es brusthohe Deckung nach vorn und hinten; es war das Beste, das wir finden konnten.
    »Rucksack«, keuchte Arienne, die sich hinter uns durch den losen Gesteinsschutt hinaufarbeitete. Es kam wie eine Explosion ihres Atems heraus. Rucksack? Ich starrte sie einfältig an. »Meinen Rucksack!«, keuchte sie wieder. »Schnell!«
    Ich entledigte mich der Rucksäcke und warf sie von mir wie eine Schlange ihre Haut. Schnaufend wühlte sie in einem von ihnen, während ich mich den Verfolgern zuwandte.
    Silvus lehnte an dem Block vor ihm und hatte die Armbrust aufgelegt. Seine Hände zitterten, und er zwang sich zu tiefen, langsamen Atemzügen, um nach dem Gewaltmarsch zur Ruhe zu kommen und seine Reserven zu mobilisieren wie ein General, dessen Truppen vor dem Feind gewichen sind und nun zum Stehen gebracht werden müssen. Er hatte den Degen gezogen und griffbereit gelegt, und auch die Bolzen. Mit Glück würde er Zeit für zwei Schüsse haben, wenn er die Kraft finden konnte, die Sehne wieder zu spannen. Selbst in seinem erschöpften Zustand war er ein besserer Armbrustschütze als ich. Ich konnte mit den Dingern nie zurechtkommen.
    Ich zog meine Klinge. Sie verließ die Scheide mit einem leisen, beruhigenden Wispern, und ich sah mit Staunen, dass der Stahl noch immer ohne Rostflecken war, rein und blank, die Schneide unverändert scharf. Dann stand ich hinter der natürlichen Brustwehr und verschnaufte eine Weile.
    Barras hatte angehalten und seine Männer absitzen lassen. Ein Handzeichen, und zwei von ihnen schlugen sich von der Straße in die Büsche. Ich sah, dass sie Armbrüste und Satteltaschen trugen. Barras selbst blieb auf der Straße, einen langen Schuss entfernt. Die anderen zwei gingen im Graben neben der Straße in Deckung und arbeiteten sich außer Sicht im toten Winkel an uns heran. Inzwischen konnte ich sprechen, ohne zu keuchen. »Zwei, die uns umgehen, zwei, die uns niederhalten. Er wird angreifen, wenn du schießt, denn er weiß genau, wie lange du zum Nachladen und Spannen brauchst.«
    Silvus nickte geistesabwesend. Der erste Bolzen schlug Funken aus dem Fels, hinter dem er lehnte, einen Fuß zu tief und ein wenig zu weit rechts. »Er weiß nicht, dass wir nur eine Armbrust hier oben haben«, bemerkte er, während er den Busch nach Bewegungen absuchte. »Wir waren zu weit entfernt, als wir hier in Stellung gingen. Er kann sich nicht leisten, zwei Männer zu verlieren, bevor es zum Nahkampf kommt.«
    »Wir können uns überhaupt keinen Verlust leisten. Früher oder später wird er Glück haben, wenn er auf Abstand bleibt und schießt. Er weiß, wo wir sind. Die Deckung ist nicht vollkommen.«
    Ein weiterer Bolzen pfiff und knallte über meinem Kopf in den Stein. Ich duckte mich unwillkürlich, dann blickte ich auf und sah Arienne, die über unsere behelfsmäßige Brustwehr zur Sperrfeste schaute.
    »Geh in Deckung!«, rief ich ihr zu, aber sie kümmerte sich nicht darum. Ihre Hände waren außer Sicht, bewegten sich jedoch, und sie hatte die Ellbogen auf die Oberseite des Felsens gestützt. Ich fasste ihren Fuß, der sich ungefähr in Höhe meines Gürtels befand, als ein weiterer Bolzen neben ihr in den Stein klatschte.
    »Geschafft!«, rief sie und ließ sich heruntergleiten. In ihrer Hand lag der Deckel eines Kochgeschirrs, ähnlich dem, das ich weggeworfen hatte. Er war blank und glänzend, wie beim Metall der Unterirdischen stets der Fall, und wirkte wie brüniert. Die Sonne stand hoch am Himmel. »Sie haben von den Mauern geantwortet«, sagte sie, als wollte sie sich entschuldigen. Wieder pfiff es und Eisen schlug Funken aus Stein. Dieser Bolzen war zwischen uns durchgegangen und hatte den Fels hinter uns getroffen.
    »Gut. Es hätte dich das Leben kosten können. Komm herunter.« Silvus’ Armbrust schwirrte zum ersten Mal und er grunzte. Ein Augenblick verging, dann schrie jemand. Es war aber mehr ein Fluch als ein Schmerzensschrei. Verletzt, doch nicht ausgeschaltet. Silvus mühte sich, die Armbrust wieder zu spannen. Barras stieß ein Brüllen aus und trieb sein Pferd weiter die Straße herunter, glitt aus dem Sattel, als er den

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