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Dunkle Tage

Dunkle Tage

Titel: Dunkle Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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von Thor.“
    Hendriks Gesicht glühte. „Mit anderen Worten: Das Blut war noch nicht ganz trocken, und der Eintrag –“
    „– ist nachträglich gemacht worden!“, vollendete Diana.
    „Genau! Und das bedeutet …“ Erst während er es aussprach, kamen Hendrik die Konsequenzen seiner Schlussfolgerungen zu Bewusstsein, und sein Gesichtsausdruck wechselte unvermittelt zu einer bekümmerten Miene. „Tut mir Leid!“, sagte er.
    Diana trug es erstaunlich tapfer. „Schon gut. Ich glaube, in meinem Inneren habe ich es immer geahnt. Ich wollte es nur nicht wahrhaben.“
    „Wovon redet ihr?“, wollte Gregor wissen.
    Hendrik und Diana wandten sich gleichzeitig zu ihm um und sahen ihn überrascht an. „Ist das nicht eindeutig?“
    „Vielleicht bin ich etwas begriffsstutzig, aber: Nein, für mich nicht!“
    „Jemand hat den Vorhang geöffnet, nachdem dieser blutbesudelt war, und das kann nur –“
    „– der Mörder gewesen sein“, beendete Diana.
    Hendrik bewunderte die Fassung, mit der sie es trug. „Anschließend notierte er einen falschen Termin im Kalender und trampelte ein bisschen im Gebüsch da draußen herum.“
    „Falsche Spuren“, sagte Gregor, „um uns auf eine falsche Fährte zu locken, das verstehe ich schon. Aber –“
    „Um uns glauben zu machen, der Mörder sei von außerhalb gekommen“, präzisierte Hendrik.
    Gregor warf Diana einen misstrauischen Blick zu. „Und wer von den Bewohnern dieses Hauses …?“
    Sie hatte nur Augen für Hendrik. „Ein Irrtum ist ausgeschlossen, nicht wahr?“
    „Es gibt nur eine Lösung, die sämtliche Fakten erklärt.“
    Sie nickte, es war mehr eine rhetorische Frage gewesen.
    „Aber wir können nichts beweisen.“
    „Das Chatelier-Prinzip!“, sagte Diana, als handele es sich um die nahe liegende Lösung einer nicht weiter komplizierten Gleichung.
    „Das – was?“
    „Ein thermodynamisches Prinzip. Es besagt, wenn man bei einem im Gleichgewicht befindlichen System an einem Ende die Parameter – zum Beispiel den Druck – erhöht, gibt es am anderen Ende eine Kompensation.“
    Hendrik begann vage zu ahnen, worauf Dianas Einfall hinauslief. „Du meinst …“
    „Ich werde heute beim Abendessen den Druck erhöhen. Ich werde sagen, dass Curt Broscheck mangels Beweisen freigelassen wird, wenn nicht noch belastende Indizien gefunden werden. Und dass die Kriminalpolizei zu diesem Zweck am frühen Morgen die Kellerräume in der Prinz-Handjery-Straße durchsuchen will.“
    „Ein Köder, der zum Anbeißen einlädt.“
    Gregors Frustration hatte ihren Höhepunkt erreicht. „Würdet ihr beiden Klugscheißer mir endlich verraten, wen ihr im Verdacht habt?“
    Hendrik und Diana sahen sich an.
25
    Nicht nur die Lösung des Falls trieb auf einen Höhepunkt zu, sondern auch die Situation in Berlin. Es hieß, die Baltikumtruppen würden abmarschieren. Da die Falle für Max Ungers Mörder erst während der Nacht zuschnappen konnte, begab sich Hendrik wieder einmal ins Regierungsviertel.
    Es hatte zu regnen begonnen, doch trotz des schlechten Wetters waren die Straßen voller Menschen. An den Anschlagsäulen, die seit Samstag nicht mehr beklebt worden waren, hingen Fetzen schmutziger Plakate.
    Unterwegs schnappte Hendrik weitere Gerüchte auf; offenbar hatte es mittags erneut ein Feuergefecht am Kottbusser Tor gegeben. Später hatte ein wütender Mob entwaffnete Soldaten massakriert, denen freier Abzug zugesichert worden war. Hendrik hatte Angst, dass es zu einem Bürgerkrieg kommen würde, wenn die Truppen nicht bald abzogen.
    Je mehr er sich jedoch der Innenstadt näherte, desto deutlicher wurde, dass die Soldaten tatsächlich im Begriff standen, die Stadt zu verlassen. In der Wilhelmstraße und auf dem Wilhelmplatz war die Brigade Ehrhardt dabei, sich zum Rückzug zu ordnen. Von ferne drangen Bruchstücke einer markigen Ansprache Kapitän Ehrhardts an Hendriks Ohr. Die national gesinnten Kreise seien zu feige gewesen, sich hinter ihre Sache zu stellen, und einzelne Abteilungen der Reichswehr hätten sich als unzuverlässig erwiesen, nur deshalb habe man jetzt verloren. Wie verbreitet doch die Dolchstoßmentalität war!
    Hasstiraden gegen die rechtmäßige Regierung und die Arbeiter schollen herüber und endeten im Versprechen, die Truppen würden Deutschland in Zukunft noch von einer ganzen Reihe Kommunistennester säubern, genau wie sie es in Berlin getan hatten, das ohne sie im Sumpf erstickt wäre. Hendrik erschauerte. Wenn die Putschisten nicht zur

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