Die Depressionsfalle
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Förderung der
Selbstkompetenz â
Einleitung
Empowerment
Die Depressionsfalle
wendet sich an Betroffene, also an Personen, die sich selbst als âdepressivâ erleben. Sei es, weil sie Verhaltensmuster oder Einstellungen an sich wahrnehmen oder Empfindungen spüren, von denen sie glauben, dass diese den Inhalten des Begriffs Depressivität, wie in den Medien beschrieben, entsprechen. Oft wird jemandem von anderen, etwa von Angehörigen, Freunden, Bekannten, Laien (im Sinne von Nicht-Medizinern), Psychologen oder Psychotherapeuten (manchmal auch von diesen als fatale âFerndiagnoseâ) signalisiert oder auf den Kopf zugesagt: âDu bist ja depressivâ. Wir wenden uns auch an jene, die sich aufgrund eines wie auch immer als depressiv bezeichneten oder diagnostizierten Leidens in Behandlung befinden und mit dieser Behandlung nicht zufrieden sind, d. h., deren Erwartungen, die sie an die Behandlung haben, nicht erfüllt werden.
Da depressive Verstimmungszustände nicht plötzlich wie mit einem Donnerschlag einsetzen, sondern sich in der Regel allmählich entwickeln, ist es uns ein Anliegen, an die Möglichkeit zu erinnern, am Beginn dieser leise sich einschleichenden Veränderungen die noch vorhandenen Kräfte zu bündeln. Was dieses Buch also auch beabsichtigt, ist zu einem Empowerment, zu einer Förderung der Selbstkompetenz in verschiedenen Dimensionen zu verhelfen. Der erste Schritt ist dabei die Verbesserung des Wissens um die depressiven Phänomene. Darum ist es notwendig, über die vielen Facetten des Phänomens Depression informiert zu sein. Ist das Leiden Depression ein Seelenzustand, ein genetischer Defekt, eine unausweichliche Bestimmung, oder ist es eine Krankheit?
Wir widmen uns daher folgenden Fragen:
⢠Was wissen wir über das Leiden Depression? Ist es eine Krankheit, ein Seelenzustand, eine unausweichliche Bestimmung, ein genetischer Defekt?
⢠Was wissen wir aus welchen Quellen über mögliche Ursachen, über Diagnostik und Behandlung?
⢠Was wissen wir über die gesellschafts- und gesundheitspolitischen sowie ökonomischen Hintergründe, die dazu führen, dass die Depression an dritter Stelle der häufigsten Erkrankungen in den offiziellen Gesundheitsstatistiken wie in jenen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gelistet wird?
⢠Was wissen wir über das breite Wirkungsspektrum der antidepressiv wirksamen Medikamente?
Empowerment strebt die Förderung selbstregulierender Fähigkeiten gegenüber der âMacht der Depressionâ an und die Stärkung der schützenden Wahrnehmungsmöglichkeiten. Es ist möglich, die optische, akustische, taktile und sensible Selbstreflexion zu nützen, um nicht in die Falle einer sich anschleichenden Depressivität hineinzutappen. So â um einen simplen Vergleich zu bringen â wie es passieren kann, dass man im Herbst auf einem Weg, der unter Laub versteckt ist, mit dem Fuà eine Grube bemerkt, weil das Laub nachgibt, und man sich vor dem drohenden Hineinfallen rettet, weil man noch die Kraft hat, den Fuà herauszuziehen â der andere Fuà befindet sich ja noch auf sicherem Boden.
Empowerment, Kraft, kann etwa aus der aktiv bemühten Erinnerung an die Bewältigung vergangener Schicksalsschläge geschöpft werden. Empowerment zielt über diese spezifisch gegen die persönliche Erfahrung der Depression gerichtete Stärkung der Persönlichkeit hinausgehend auch darauf ab, zur Erkenntnis gesellschaftlicher Bedingungen und ökonomischer Interessen beizutragen und eine kritische Haltung zu ermöglichen. Und Empowerment schlieÃt in diesem Sinne Informationsbeschaffung über die Machtverhältnisse in den gesellschaftlichen Strukturen, die die Behandlung der Depression übernommen haben, ein, um dadurch die Widerstandskraftgegenüber Marketing- und Werbestrategien und ihre Auswirkung auf das Behandlungsangebot zu verbessern.
Empowerment kann auch auf der Erkenntnis aufbauen, dass Depression nicht nur eine Krankheit ist, sondern auch ein wichtiger Inhalt unseres kulturellen Raumes. Aus Literatur und Kunst sind uns zahlreiche Selbstdarstellungen und Biographien von Dichtern, Philosophen, bildenden Künstlern und Musikern bekannt, in denen die Betroffenen nicht nur ihr persönliches Leiden an der Depression beschreiben, sondern auch die Bedeutung, die die Erfahrung der Krankheit für sie hatte. Aus
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