Dunkle Verlockung (German Edition)
und sah ihrer Mutter in die Augen, hoffte nur, sie würde nicht allzu schuldbewusst aussehen. »Tut mir leid. Was hast du gerade gesagt?«
»Tom schaut nachher zum Kaffee vorbei. Willst du nicht ein Kleid anziehen?«
Ria umklammerte wie Stahlzwingen die Essstäbchen. Es reicht jetzt, dachte sie. Was eigenartigerweise nichts mit Emmett zu tun hatte. Vielleicht war sie durch ihn eher an diesen Punkt gekommen, aber den Weg dahin hatte sie schon vorher beschritten. »Mom«, sagte sie und legte die Stäbchen beiseite, »Tom interessiert mich nicht.«
Völlige Stille.
Simon brach sie als Erster. »Was ist bloß in dich gefahren? Ihr seid doch zusammen aufgewachsen – Tom kennt dich in- und auswendig. Er wird ein guter Ehemann sein.« Seinem Ton nach war das beschlossene Sache.
Ria sah ihn an. »Ich liebe dich, aber auch dir zuliebe werde ich keinen Mann heiraten, der glaubt, es würde reichen, mir ab und zu den Kopf zu tätscheln und mich den Rest der Zeit wie ein braves kleines Mädchen in die Ecke zu setzen.«
Um Simons Mund zogen sich tiefe weiße Falten. »Der Junge behandelt dich nur mit Respekt.«
»Er behandelt mich, als wäre ich minderbemittelt«, sagte Ria aufgebracht. »Letzte Woche hat er mir erklärt, ich müsse mir wegen der Finanzen keine Sorgen mehr machen, wenn wir erst verheiratet sind, er wisse ja, dass Mathematik Frauen verwirre.«
Alex gab einen erstickten Laut von sich, der Ria von dem unwilligen Ausdruck auf dem Gesicht ihres Vaters ablenkte. Alex’ Gesicht zeigte eine Mischung aus Wut und Ungläubigkeit. »Das hat er nicht wirklich gesagt, oder? Das hast du dir nur ausgedacht.«
» Popo? « Ria wandte sich nach rechts.
Miaoling biss in eine gebackene Garnele und nickte. »Er hat es gesagt. Und dann gelächelt, als erwartete er ein Lob dafür.«
Alex’ Finger zerknüllten das Tischtuch. »Was glaubt er, wer die Bücher im Laden führt?«
»Alex.« Simon nahm die Hand seiner Frau. »Das lenkt vom Thema ab.«
Alex atmete tief durch und nickte. »Du hast recht, Liebling, Tom ist eine gute Partie für dich, Ria. Bevor du diesen verrufenen Leoparden getroffen hast, hattest du doch auch kein Problem mit Tom.«
Ria nahm auch an, dass Emmett verrufen war – seine Bartstoppeln, seine fest zupackenden Hände und seine Augen, die verrieten, was für schlimme Dinge er mit ihr vorhatte. Aber … »Er ist ein ehrenwerter Mann.« Der Ehrencodex gehörte so sehr zu ihm, dass sie sich fragte, ob er es selbst überhaupt noch wahrnahm. Deshalb war es für sie auch so leicht gewesen, sich im Trainingsraum gehen zu lassen – sie hatte darauf vertraut, dass er schon auf sie achten würde. Das war natürlich auch gefährlich und konnte ihr ein gebrochenes Herz bescheren, wenn sie nicht aufpasste. »Er beschützt unsere Familie.«
»Ganz genau«, mischte sich Jet in das Gespräch ein. »Vielleicht verbringt er jetzt Zeit mit dir, weil es zu seinen Pflichten gehört, aber er wird dich nicht heiraten. Die Raubkatzen bleiben unter sich.«
Ria spürte einen Knoten im Magen, denn ihr Bruder hatte vollkommen recht. »Hier geht es nicht um Emmett. Es geht um mich. Unter keinen Umständen werde ich Tom heiraten.«
»Und warum nicht?«, fragte Alex mit funkensprühenden Augen. »Er ist intelligent, sieht gut aus, hat einen guten Job und schenkt dir regelmäßig Blumen.«
Wütend warf Ria ihre Serviette auf den Tisch und stand auf. »Wenn du ihn so großartig findest, warum heiratest du ihn dann nicht? Ich heirate jedenfalls keinen Mann, der in dem ganzen Jahr, in dem wir miteinander ›ausgehen‹, nicht ein einziges Mal versucht hat, mich richtig zu küssen.«
Ihre Eltern schrien empört auf, aber Jets ungläubige Stimme übertönte sie. »Im Ernst? Nicht mal mit der Zungenspitze? Du hast völlig recht – der Junge ist eine Niete.«
» JET !« Das war Alex. Eine wahre Flut von Mandarin ergoss sich über Rias Bruder.
Miaoling sah Ria an und zwinkerte. »Setz dich und iss.«
Ria verstand selbst nicht, warum sie gehorchte. Der Streit zog sich das ganze Essen über hin, doch nun waren ihre Eltern stinksauer auf Jet, weil der auf den Gedanken gekommen war, Tom könnte schwul sein.
Alex starrte ihren Sohn an. »Er könnte auch aus reinem Respekt deiner Schwester gegenüber so handeln.«
»Nie im Leben.« Jet schnaubte skeptisch. »So nobel sind Männer nicht, wenn sie eine Frau wirklich wollen.« Jet drehte sich zu seiner Frau um und senkte die Stimme. »Nachdem ich Amber gesehen hatte, wollte ich nur noch
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