Dunkle Verlockung (German Edition)
über dich herfallen.«
Ria schnappte nach diesem Kommentar ihrer sonst so schüchternen Schwägerin immer noch nach Luft, als Miaoling schallend zu lachen anfing. Sie schlug sich auf die Schenkel und lachte so ansteckend, dass Ria nicht anders konnte, als einzustimmen. »Du hast doch gehört, was Jet gesagt hat«, stieß Ria zwischen Lachsalven hervor, von denen ihr Zwerchfell wehtat. »Mit Menschen gehen sie keine ernsthaften Beziehungen ein.«
»Wer sagt das?« In Ambers Augen glitzerten heitere Fünkchen. »Nur weil wir noch nichts davon gehört haben, muss es ja nicht stimmen.«
Ria hörte auf zu lachen. Sie setzte sich auf. Dachte nach. Schüttelte den Kopf. »Davon hätten wir bestimmt gehört. Spätestens auf dem College.«
»Nicht unbedingt«, widersprach Amber. »Die hängen solche Sachen sicher nicht an die große Glocke. Eine so verschwiegene Truppe habe ich vorher noch nie getroffen, aber … « Sie fuhr mit der Hand durch die Luft.
Ria atmete aus. »Ich kann ihn aber nicht fragen. Das weißt du genau.«
»Warum denn nicht?«, fragte Miaoling.
»Weil er dann glaubt, ich würde auf irgendwas anspielen!«
Ihre Großmutter sah sie mit einem stechenden Blick an. »Aber wie soll er denn was mitbekommen, wenn du keine Anspielung machst?«
In Rias Kopf tauchten Bilder auf, wie er sie an die Kellertür gedrückt, sie gestreichelt und geküsst hatte. »Er weiß es schon.«
»Ja«, sagte Amber. »Gestaltwandler haben einen besseren Geruchssinn als Menschen. Wahrscheinlich wittert er dein Du-weißt-schon-was.«
Ria erstarrte. »Amber, was ist bloß in dich gefahren?«
Ihre Schwägerin nahm noch ein Stückchen Kuchen. »Daran ist nur die Schwangerschaft schuld.« Ein kleines, feines Lächeln.
7
Emmett kochte. Er kehrte zum Restaurant zurück, nahm die Witterung des Schützen auf und verfolgte ihn. Zwar hatten Dorian und Clay die Spur bereits aufgenommen, während Emmett Ria nach Hause gebracht hatte, aber das war seine Jagd.
In den Fingerspitzen spürte er noch, wie weich sich Rias Haut angefühlt hatte, wie zart der unebene Kratzer, der nicht auf ihrem Gesicht hätte sein sollen. Der Leopard streifte unruhig in seinem Schädel auf und ab, er wollte heraus, wollte zerstören, doch Emmett hielt an seinem Menschsein fest. Vorerst jedenfalls.
Ein paar Minuten später traf er auf Clay und Dorian, die frustriert an einer belebten Kreuzung standen. »Mist«, sagte Emmett, als er dasselbe wie sie bemerkte. Die Witterung des Schützen hatte sich in Luft aufgelöst.
»Jemand könnte ihn hier aufgelesen haben«, grummelte Dorian und sah sich um. »In dieser Gegend haben wir keine Kameras. Das sollten wir schleunigst ändern.«
Emmett kniff die Augen zusammen und überprüfte alle vier Ecken der mit Leuten vollgestopften Kreuzung. »Den hat niemand aufgelesen. So schnell kommt man hier nicht weg«, murmelte er beinahe zu sich selbst … und sah nach oben.
Eine altmodische Feuerleiter hing kaum einen Meter über dem Boden, aber gerade hoch genug, um bei dem vielen Verkehr die Witterung zu verwischen. Mit einem kräftigen Sprung war Emmett auf der Leiter und nahm mit leopardenhafter Eleganz die dünne Spur auf. Kein Mensch könnte es je an Schnelligkeit mit einem Raubtiergestaltwandler aufnehmen.
Binnen Sekunden war er auf dem Dach und folgte der Witterung auf die andere Seite des Gebäudes. Hier führte eine Leiter hinunter zu einem kleinen Park, in dem eine große Gruppe alter Leute eine Kombination aus Mah-Jongg und Schach spielte. Emmett ließ die Leiter links liegen und sprang einfach hinunter, was einen allgemeinen Aufschrei zur Folge hatte. Doch die Raubkatze in ihm sorgte dafür, dass er sicher auf den Füßen landete.
Wieder wurde die Witterung durch die vielen Leute verwaschen. Doch schlimmer war noch, dass ein paar Meter weiter das starke Desinfektionsmittel der öffentlichen Toiletten den Geruch völlig überdeckte. Leise fluchend umrundete Emmett den Park und fand keinen weiteren Anhaltspunkt. Nun war auch er frustriert. Denn hier war der Schütze wirklich aufgelesen worden und in einer der engen Straßen verschwunden.
Emmett fuhr sich mit der Hand durchs Haar und wollte gerade den Rückweg antreten, als ein alter Mann ihn zu sich winkte. »Hier – der hatte sein Motorrad auf dem Gehweg abgestellt. Sehr unhöflich so was.« Dann wurde ihm ein Stück Papier in die Hand gedrückt.
Auf dem Blatt stand ein Kennzeichen. Verdammt und zugenäht! »Vielen Dank.« Sofort griff Emmett zum Handy. Der
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