Dunkle Verlockung (German Edition)
hinausging, nahm sie an, der Gruß hätte Emmett gegolten. »Ein Freund?« Sie tippte auf den Berührungssensor neben den Fahrstühlen.
Er wich ihrem Blick aus. »Ja.«
Die Türen öffneten sich; der Fahrstuhl war leer, und sie hätte schwören können, dass Emmett erleichtert seufzte. »Furcht vor überfüllten Fahrstühlen?«
»So in etwa.«
Nur einen Augenblick später standen sie schon im nächsten Stockwerk. Eine offene Tür signalisierte, wo das Gespräch stattfinden sollte. Gerade kam ein Mann heraus, der mehr als gut aussah: leuchtend grüne Augen, schwarzes Haar bis auf die Schultern und eine wild aussehende Narbe wie von einem Krallenhieb auf der rechten Wange. Er war noch jung … und auch wieder nicht. Viel Erfahrung schien in dem intensiven grünen Blick auf. Ria wusste genau, dass er sie in Sekundenbruchteilen taxiert hatte.
»Ria.« Er streckte die Hand aus. »Ich bin Lucas. Kommen Sie rein.«
Sie schüttelte ihm die Hand und wollte Emmetts Anwesenheit erklären … doch ihr selbsternannter Bodyguard hatte bereits auf einem Sessel neben der Tür Platz genommen. Kurz stand ihr Mund offen, dann schloss sie ihn wieder. Was in … ? Dieser Lucas mit seiner geballten Kraft war zweifellos gefährlicher als jeder andere, den sie heute getroffen hatte, und dennoch war es für Emmett in Ordnung, sie mit ihm allein zu lassen?
Aber einem geschenkten Gaul schaute man nicht ins Maul. Sie ging hinein, setzte sich an einen kleinen Tisch, und Lucas schloss die Tür hinter ihnen. Irgendetwas an seinem Gang … erinnerte sie an jemanden.
»Möchten Sie Wasser?« Als sie nickte, goss er ihr ein Glas ein und stellte es auf den Tisch. »Ich habe Ihre Bewerbung gelesen. Sie haben gerade die Prüfung in Verwaltung und Büroorganisation abgeschlossen?«
Ria trank einen Schluck, bevor sie antwortete. »Ja, und zwar als Klassenbeste. Schon während der Ausbildung habe ich viele praktische Erfahrungen gesammelt.«
Lucas nickte. »Zweifellos verfügen Sie über herausragende Fähigkeiten. Das haben uns das College und die Leute bestätigt, die Sie als Referenzen angegeben haben.«
Seine Effizienz überraschte sie und gefiel ihr sehr. »In der Anzeige suchten Sie eine ganze Reihe von Angestellten«, sagte sie, seltsamerweise ganz entspannt trotz des mächtigen Gegenübers. Die Frau, die es mit Lucas Hunter aufnehmen wollte, hatte sich eine Menge vorgenommen. »Könnten Sie mir einen kurzen Abriss über die möglichen Aufgaben geben – dann könnte ich Ihnen sagen, wofür ich am besten geeignet bin.«
»Sie sind bereits in der engeren Auswahl für eine ganz bestimmte Stelle. Darüber wollte ich mit Ihnen reden, weil es keineswegs ein normaler Bürojob ist.«
Ria wurde neugierig. »Nein?«
»Nein.« Das Lächeln verlieh dem hinreißenden Gesicht eine sehr männliche Schönheit. Sie wusste das zu schätzen, ohne ihm gleich auf den Schoß springen zu wollen. Ganz anders als bei Emmett. Doch der Gedanke hatte nichts in diesem Gespräch verloren. Sie wies die Hormone in die Schranken und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder einzig und allein Lucas zu.
»Wie gut können Sie mit Chaos umgehen?«, fragte er.
»Chaos macht mir Spaß«, sagte sie, ohne groß überlegen zu müssen. »Dann habe ich mehr zu organisieren.«
Lucas lachte. »Und wie ist es mit dauernden Unterbrechungen, Besprechungen, die von einem Moment zum anderen verlegt werden müssen, und einem Chef, der manchmal nicht zu finden ist?«
»Was zu tun ist, wird getan«, sagte sie und sah fest in die leuchtend grünen Augen. »Aber ich will ehrlich zu Ihnen sein – auch wenn es vielleicht gerade nicht angebracht ist: Ab und zu reißt mir der Geduldsfaden.«
»Das könnte bei diesem Posten hilfreich sein.« Seine Mundwinkel hoben sich. »Das hier ist ein … Familienunternehmen. Und alle, die zur Familie gehören, gehen ein und aus. Können Sie mit neugierigen Fragen umgehen?«
Eine eigenartige Frage, aber die Antwort fiel ihr leicht. »Mal überlegen: Jeden Sonntag ruft meine Tante Eadie an, fragt mich über mein Leben aus und bietet ›grundlegende Ratschläge in allen Modefragen‹ feil. Meine Großeltern väterlicherseits leben in Idaho, haben mir aber vergangene Woche eine Mappe mit Auskünften über alle netten jungen Männer in der Stadt geschickt – falls ich sie brauchen sollte. Ach, und meine normalerweise sehr fortschrittlichen Eltern haben kürzlich erst versucht, eine Heirat für mich zu arrangieren. Mit aufdringlichen Familienangehörigen habe
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