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Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Roman

Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Roman

Titel: Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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er stank wie vorher. In seiner Abstellkammer fand er noch ein Paar gut erhaltene Gummistiefel. Zurück in der Küche, trank der Kommissar den Kaffee, und es schien ihm, als hätte er noch nie einen so guten getrunken.
    Er steckte die Taschenlampe und das kleine Transistorradio ein und stieg die Treppe hinunter. Je weiter er nach unten kam, desto heftiger wurde der Gestank. Die letzten beiden Treppenabsätze waren so glitschig, dass er beinahe hingefallen wäre. Ein Flügel der Haustür hing in den Angeln, der andere war herausgerissen worden und dümpelte im Hausflur. Casini schob ihn beiseite und ging hinaus auf die Straße, wo ihm das Wasser bis knapp unter die Knie reichte. Man konnte kaum atmen. Die menschlichen Gestalten, die sich zwischen den Schutthaufen bewegten, wirkten wie verdammte Seelen. Am Ende der Straße, auf der Seite von San Frediano, hatte sich ein Baum in einem Hausflur verklemmt. Man kam sich vor wie nach einem Bombenangriff. Die Tonfolgen der Sirenen vermischten sich miteinander zu einem einzigen Klageruf.
    Vorsichtig ging er in Richtung Piazza Tasso und achtete genau darauf, wohin er den Fuß setzte. Unter dem Schlamm konnte sich alles Mögliche verbergen, woran man sich verletzen konnte. An der Ecke Piazza Piattellina drehte er sich zu dem Tabernakel um. Die schwarze Spur des Heizöls verlief knapp unter dem Kopf des Jesuskindes. Casini ging mit kleinen Schritten weiter und um einen auf der Seite liegenden Fiat 600 herum, der die halbe Fahrbahn versperrte. Oben an einem Fenster im ersten Stock sah er eine alte Frau, die in eine Decke gehüllt war, aber trotzdem vor Kälte zitterte.
    »Ich habe alles verloren … alles verloren …«, murmelte sie und wiegte den Kopf hin und her. Männer luden sich Alte und Kinder auf die Schultern, um sie ins Trockene zu bringen. Hier und da hörte man Transistorradios krächzen. Jemand warnte alle, dass mitten auf der Straße eine offene Kanalöffnung unter dem Schlamm verborgen sei, eine Frau habe sich schon darin verfangen und sich ein Bein gebrochen.
    Auf der Piazza Tasso verlief die Spur des Heizöls nur knapp einen Meter über dem Boden, und die verbliebene Schlammschicht war hier auch nicht so hoch. Neben dem Bürgersteig ragte der vom Heizöl geschwärzte Kadaver eines dicken Hundes aus dem Matsch. Auf der Allee fuhren vereinzelte Wagen im Schritttempo vorbei. Zwischen den Beeten in den Parks lagen fortgeschwemmte Autos, darunter auch zwei Käfer, die nur bis auf halbe Türhöhe schlammverkrustet waren. Einer davon gehörte Casini. Er ging hin und betrachtete ihn prüfend von allen Seiten. Der Wagen hatte überall Kratzer, und die Scheinwerfer waren kaputt. Casini schaute ins Fahrzeuginnere. Dort gab es keine Schäden. Auf dem Rücksitz sah er die Bluse, die er noch umtauschen musste. Sie war vom Wasser verschont geblieben, und wieder musste er an die schöne Verkäuferin denken. Verdammt, nicht einmal in diesem Inferno konnte er sie aus seinem Kopf verbannen!
    Casini machte sich auf den Weg zu Bottas Wohnung. Der blaue Himmel versprach einen wunderschönen, sonnigen Tag. Dem Kommissar war noch eine vollkommen zerdrückte Zigarette geblieben, aber er wollte dem Drang, sie zu rauchen, noch nicht nachgeben. Die würde er vor dem ersten Tabakwarengeschäft anzünden, das geöffnet hatte. In der Via del Campuccio war nur eine wenige Zentimeter hohe Schlammschicht zurückgeblieben, und die Heizöllinie war hier sehr niedrig.
    Männer und Frauen schoben den Schlamm mit Besen und Schrubbern in Richtung Gullys, leerten mit Eimern die Keller und Souterrainwohnungen, stöberten in zerstörten Läden.
    Als er näher kam, sah er Botta schlammverkrustet mit einem Eimer in der Hand aus seiner Haustür kommen und winkte ihm zu. Ennio goss die dreckige Brühe in den Rinnstein.
    »Guten Tag, Commissario. Heute kann ich Sie wohl kaum zu mir auf einen Kaffee einladen.« Er zwang sich zu einem Lächeln.
    »Na gut, dann ein anderes Mal.« Casini versetzte ihm einen Klaps auf den Rücken. Der arme Ennio hatte wirklich Pech gehabt. Ein paar Meter weiter in der Straße war die Überschwemmung zum Erliegen gekommen.
    »Wenn ich nicht rechtzeitig aufgewacht wäre, wäre ich wie eine Ratte ersoffen, Commissario. Es war nicht leicht, die Stufen hinaufzukommen, bei all dem Schlamm, der mir entgegenlief.«
    »Hast du etwas retten können?«
    »Ich habe ein Bündel Kleider zu Signora Maria in den ersten Stock gebracht. Aber viel mehr besaß ich sowieso nicht.«
    »Es hätte

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