Dunkle Wolken über den Schären: Mittsommerträume (German Edition)
nicht gerade wie eine Frau, die etwas Wunderbares erlebt hat.”
Jenny verzog das Gesicht.
Wenn du wüsstest.
Laut sagte sie: “Es war wirklich nett. Aber lass uns das Thema wechseln. Schließlich bist du sicher nicht nur wegen meines Ausflugs hergekommen, oder?”
“Stimmt, ich wollte halt bloß nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Inzwischen habe ich allerdings das Gefühl, dass deine Laune ohnehin ziemlich schlecht ist. Also sag schon: Was ist passiert? Willst du darüber reden?”
“Nein.”
“Es geht um Magnus, nicht wahr?”
Energisch schüttelte Jenny den Kopf. “Wie kommst du überhaupt darauf?”
“Nun, vielleicht, weil deine Augen neuerdings immer so glänzen, wenn du von ihm sprichst.”
“Unsinn”, protestierte Jenny hastig. “Das bildest du dir bloß ein!”
“Komm, erzähl mir doch nichts. Du hast dich in ihn verliebt, habe ich recht? Mir musst du nichts vormachen. Außerdem – was ist denn schon dabei? Du warst jetzt lang genug allein. Wenn du mich fragst, wurde es langsam Zeit, dass du wieder anfängst zu leben.”
Jenny warf ihrer Freundin einen vorwurfsvollen Blick zu. “Wie kannst du so etwas sagen? Du weißt genau, wie sehr ich Torben geliebt habe.”
“Aber Torben ist tot”, entgegnete Anni-Frid. “Und du lebst. Willst du etwa für immer trauern?” Sie schaute ihre Freundin eindringlich an. “Ich kannte Torben zwar nicht so gut wie du, aber ich glaube kaum, dass er das gewollt hätte.”
Tränen stiegen Jenny in die Augen, und sosehr sie es auch versuchte, sie ließen sich nicht zurückdrängen. “Es ist aber nicht richtig”, brachte sie schluchzend hervor. “Ich habe Torben doch geliebt. Wie kann ich ihn jetzt so einfach vergessen und mit einem anderen Mann neu anfangen?”
Tröstend legte Anni-Frid ihr einen Arm um die Schulter. “Niemand verlangt von dir, dass du ihn vergisst. Aber weil er gestorben ist, darfst du nicht aufhören zu leben. Du bist jung. Du kannst immer noch eine Familie gründen, Kinder haben. Willst du mir wirklich erzählen, dass du nicht insgeheim manchmal davon träumst?”
“Manchmal schon”, gab Jenny zu und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. “In letzter Zeit sogar recht häufig.” Sie schüttelte den Kopf. “Ach, ich bin so furchtbar durcheinander. Ich glaube, ich habe mich wirklich in Magnus verliebt. Aber wie kann das sein, wo mein Herz doch Torben gehört? Außerdem bin ich …” Sie atmete tief durch. “Du wirst jetzt sicher sagen, dass ich Unsinn rede, aber … ich bin immerhin schuld daran, dass Torben tot ist.”
“Was sagst du da?” Anni-Frid ergriff ihre Hand. “Hör mal, so was darfst du nicht einmal denken, Liebes. Torben kam bei einem Unfall ums Leben. Das ist schlimm, wirklich – aber du bist dafür nicht verantwortlich.”
“Doch, das bin ich. Torben war ein erfahrener Segler, und mit Motorbooten kannte er sich ebenfalls gut aus. Dass er an diesem Tag die Kontrolle über das Boot verlor, war kein Zufall. Ich habe ihn … Ich habe ihn gedrängt, schneller zu fahren, verstehst du? Hätte ich ihn nicht so angetrieben, wäre es gar nicht zu diesem schrecklichen Unglück gekommen. Und Torben wäre noch am Leben!”
“Du hast mir nie erzählt, wie es genau dazu kam”, sagte Anni-Frid leise. “Willst du das jetzt nicht endlich nachholen?”
“Ich habe überhaupt nie jemandem davon erzählt”, erklärte sie zögernd. “Torben und ich waren an jenem Tag genau ein Jahr miteinander verlobt. Er fuhr mit mir auf der
Delfin
aufs Meer hinaus. Wir ankerten in einer verschwiegenen kleinen Bucht. Es war wundervoll. Die Sonne schien, und der Himmel war von einem geradezu unwirklichen Blau. Ich erinnere mich noch so genau daran, als wäre es erst gestern gewesen …”
“Möchtest du noch einen Schluck Champagner, Liebes?”
Wie immer, wenn Torben sie anlächelte, fing Jennys Herz an, heftiger zu klopfen. “Gern.” Sie nahm das Glas entgegen und stürzte den Inhalt ziemlich hastig hinunter, ehe Torben sie davon abhalten konnte. Dabei hätte sie fast verschluckt, was auf dem Boden des Glases lag.
Aber nur fast.
“Was …?” Als der schmale Reif aus Weißgold in ihrer Handinnenfläche lag, stiegen ihr Tränen in die Augen. “Ist es das, wofür ich es halte?”
Torben schmunzelte. “Wofür hältst du es denn?”
“Mein Gott, wir werden tatsächlich heiraten?”
“Das beabsichtigt man üblicherweise, wenn man sich miteinander verlobt, oder? Ich finde, es ist an der Zeit, dass wir endlich
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