Dunkle Wolken über den Schären: Mittsommerträume (German Edition)
kam. Sie hielt einen Umschlag in der Hand.
“Hier, den soll ich dir von Magnus geben.”
Jenny sprang auf. “Magnus war hier? Und du hast ihn einfach weggeschickt?”
“Nein, natürlich nicht.” Anni-Frid schüttelte den Kopf. “Ich habe ihn hereingebeten, aber er wollte nicht. Er hat nur gesagt, dass ich dir den Brief geben soll. Du wüsstest dann schon Bescheid.”
“Was? Aber …” Jenny verstand überhaupt nichts mehr, doch plötzlich hatte sie ein sehr ungutes Gefühl. Stirnrunzelnd öffnete sie den Umschlag und entnahm ihm zwei großformatige Schwarz-Weiß-Fotos. “Aber das sind ja Bilder von Magnus und mir”, stieß sie verwundert aus. “Ich verstehe das nicht. Was hat das zu bedeuten?”
“Da war noch etwas in dem Kuvert. Ein Zettel”, sagte Anni-Frid und bückte sich. “Hier. Er muss zwischen den Bildern gelegen haben.”
Mit zitternden Fingern faltete Jenny den Brief auseinander und las die wenigen Worte, die in Magnus’ eckiger Handschrift darauf geschrieben standen.
Und mit jedem Wort, das sie las, wurde ihr ein Stück mehr der Boden unter den Füßen weggerissen.
Auf Socken eilte Jenny durch das Treppenhaus. Sie musste Magnus unbedingt noch erreichen. Er hatte ihr in seinem Brief mitgeteilt, dass er sie nie mehr wiedersehen wollte. Offenbar nahm er aus irgendeinem Grund an, dass sie mehr über diese unsäglichen Fotos wusste. Warum, das konnte sie sich allerdings beim besten Willen nicht erklären.
“So warte doch!” Jenny riss die Haustür auf und lief ohne Schuhe auf die Straße hinaus. “Bitte”, rief sie verzweifelt. “Bleib doch stehen!”
Er ging weiter, gab vor, sie nicht zu hören. Aber so leicht würde er nicht davonkommen. Sie wusste nicht, was in ihn gefahren war, aber sie würde gewiss nicht ruhen, ehe er ihr erklärt hatte, was das alles sollte.
Sie rannte los. Die irritierten Blicke der Passanten, die sich über eine Frau wunderten, die barfuß über den Marktplatz hetzte, interessierten sie nicht. Schließlich erreichte sie Magnus und hielt ihn am rechten Arm fest.
“Was soll das?”, stellte sie ihn zur Rede. “Warum ignorierst du mich? Was haben diese Fotos und der Brief zu bedeuten?”
Magnus musterte sie kühl. “Ich dachte, ich hätte dir meine Position klar zu verstehen gegeben. Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben.”
“Aber warum? Ich verstehe das nicht! Vor zwei Tagen hast du noch mit mir geschlafen und …”
“Das war ein Fehler”, fiel er ihr ins Wort.
Sie schaute ihn schockiert an. “Das bin ich also für dich: ein Fehler?”
“Was hast du erwartet? Kein Mann lässt sich gern von der Frau, die er begehrt, hinters Licht führen. Ich weiß Bescheid, dass du mit Lindh unter einer Decke steckst. Ich kann nur für dich hoffen, dass er sich an eure Abmachung hält. Verdient hättest du deine Belohnung auf jeden Fall, so meisterhaft, wie du diese kleine Intrige eingefädelt hast. Ich habe dir tatsächlich geglaubt, dass du mehr für mich empfindest. Dabei warst du die ganze Zeit über nur Lindhs Marionette. Leugnen ist zwecklos, er hat mir alles erzählt.”
“Ja, es stimmt. Lindh wollte, dass ich ihm Material beschaffe, damit er dich unter Druck setzen kann. Die Sache mit der Reportage war eine Erfindung von mir, weil ich nicht wusste, wie ich sonst mit dir in Kontakt treten könnte. Aber davon abgesehen war ich immer offen und ehrlich zu dir. Und was diese Fotos betrifft – mit denen habe ich nichts zu tun!”
“Und das soll ich dir glauben?” Er schüttelte den Kopf. “Aber wie dem auch sei: Ich fürchte, du hast dir die Mühe völlig umsonst gemacht. Ich werde mein Land nicht verkaufen, ganz gleich, was dein feiner Auftraggeber gegen mich in der Hand hat.”
Er wollte sich abwenden, doch Jenny hielt ihn zurück. “Ich habe damit nichts zu tun”, beschwor sie ihn eindringlich. “So glaub mir doch, ich wusste nichts von diesen Bildern!”
“Dann sag mir: Wer außer dir sollte gewusst haben, wo wir uns aufhalten? Wo wir uns küssen werden?”
Entsetzt starrte sie ihn an. “Du gehst also wirklich davon aus, dass ich das alles eingefädelt habe? Nein, ich kann nicht glauben, dass du so von mir denkst.”
“Was soll ich denn denken? Ich …”
Ein schrilles Klingeln erklang. Sowohl Jenny als auch Magnus tasteten nach ihren Handys, doch Jenny hatte ihres oben in der Wohnung liegen gelassen.
Magnus drückte die Rufannahmetaste seines Telefons und meldete sich. Dann sagte er nichts mehr, sondern hörte nur zu. Jenny
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