Dunkle Wünsche
Verlautbarung an die Presse heraus. Der Inhalt besagt im wesentlichen,
daß der Doppelmörder von Elinor Brooks und Gil Mason es vorgezogen hatte, sich
lieber selber umzubringen, als sich festnehmen zu lassen. Ihr Name wurde dabei
erwähnt, ich glaube, sogar auch meiner wurde dabei erwähnt.«
»Das ist zehnmal
wahrscheinlicher, als daß Wheeler erwähnt wurde«, pflichtete ich bei. »Und?«
»Und«, er holte hörbar Atem,
»irgendwo in Pine City lacht sich der Mörder des Mädchens einen Ast! Ich bin
kein unvernünftiger Mensch, das wissen Sie. Ich gebe Ihnen ganze vierundzwanzig
Stunden Zeit, um den ins Kittchen zu schaffen, der hinein gehört, sonst wird
hier ein für Mordfälle zuständiger Lieutenantsposten frei.«
»Ich habe immer gedacht, Sie
bestünden durch und durch aus Herz«, sagte ich in bitterem Ton. »Aber jetzt
weiß ich es besser; das meiste ist Walfischspeck, abgesehen vom Inneren Ihres
Kopfes, das aus einem einzigen Klecks Beton besteht.«
»Beleidigungen sind billig«,
knurrte er.
»Was hat der Graphologe über
Masons Namen in dem Notizkalender gesagt?« fragte ich, um das Thema zu
wechseln.
»Sie hatten recht. Es war nicht
die Handschrift der Brooks, aber sie war ausreichend gut gemacht, um alle außer
ihm zu täuschen, sagte der Graphologe.«
»Also werde ich wieder von vorn
anfangen und überall nachsehen«, sagte ich.
»Und vergessen Sie nicht, über
die Mordabteilung der Stadtpolizei und die erneute Arbeit unter Captain Parker
nachzudenken.« Ein bösartiges Glitzern erschien in seinen Augen. »Ich habe eben
vor zwei Tagen mit ihm gesprochen — er haßt Sie nach wie vor, Wheeler.«
Es war ein ermunternder
Gedanke, der den scheidenden Lieutenant anspornte. Ich fuhr in meine Wohnung
zurück, um tiefsinnige Überlegungen anzustellen, wobei ich jedoch den Fehler
beging, mich dazu hinzulegen. Es war sieben Uhr dreißig, als ich aufwachte, was
mir noch eine halbe Stunde Zeit ließ, mich in einen blankgeputzten Wheeler zu
verwandeln. Ich schaffte es gerade bis acht Uhr und wartete dann gespannt
darauf, daß es an der Wohnungstür klingeln würde. Eine Viertelstunde später
fragte ich mich, ob sie überhaupt auftauchen würde, und gegen acht Uhr dreißig
waren die letzten Zweifel daran geschwunden, daß sie nicht kommen würde. Dann
klingelte es an der Wohnungstür, und als ich sie im Bruchteil einer Sekunde
später öffnete, stand dort eine schimmernd goldene Vision, überragt von einem
besorgt dreinblickenden Gesicht.
»Es tut mir schrecklich leid,
Al«, sagte Nancy Lewis schnell. »Ich weiß, ich bin viel zu spät gekommen, aber
Mr. Wagner ging früher weg, weil er seine Frau zum Abendessen ausführen mußte
oder so was Ähnliches, und bis ich endlich den Laden abgeschlossen hatte — «
»Macht nichts«, sagte ich
beglückt und blickte auf den Karton, den sie in der Hand trug. »Was ist denn
das?«
»Unser Abendessen.« Sie ging an
mir vorüber in den Korridor, und ich folgte ihr ins Wohnzimmer. Sie strahlte
mich an. »Ich dachte, etwas Kaltes und Simples wäre gerade das Richtige.«
»Das klingt, als ob es sich um
den Sheriff handeln würde.« Ich schauderte. »Was haben Sie vor — wollen Sie
einen Kannibalen aus mir machen?« Dann wurde mir klar, daß sie bereits in die
Küche gegangen war und ich zu mir selber sprach.
Sie kam ohne Karton zurück,
schimmerte aber noch immer. Das lag an dem Hemdblusenkleid; das ganze Ding war
mit goldenen Pailletten bedeckt. Es hatte zudem vom ebenfalls einen
Reißverschluß, der bis unten reichte, wie ich feststellte, und er war etwa
fünfzehn Zentimeter weit aufgezogen.
»Haben Sie etwas gesagt?«
erkundigte sie sich höflich.
»Es war nicht wichtig«, sagte
ich. »Setzen Sie sich, während ich uns ein Glas einschenke.«
»Ich komme mit«, sagte sie
freundlich. »Und Sie können anfangen, mir von Mr. Wagner zu erzählen, während
Sie die Gläser eingießen.«
»Die Geschichte von Mr. Wagner
wird noch eine Weile warten müssen«, sagte ich mit Festigkeit. »Erst trinken
wir etwas, dann...«
»Oh, Entschuldigung!« Ihr
Lächeln wurde eine Spur starr. »Wir müssen uns an unsere Abmachungen halten,
nicht?« Sie griff nach oben und öffnete das Kleid bis zur Taille.
»Halt!« Ich starrte sie an.
»Ich habe mich falsch ausgedrückt, Süße. Was ich hätte sagen sollen, war, daß
Mr. Wagner nicht warten kann.«
»Sie bringen mich völlig
durcheinander«, sagte sie verdutzt.
»Das macht nichts«, versicherte
ich ihr. »Ziehen Sie Ihr Kleid
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