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Dunkler Dämon

Dunkler Dämon

Titel: Dunkler Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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ganz zu schweigen davon, mir etwas Gerissenes einfallen zu lassen.
    Er starrte mich ein paar endlose Sekunden lang an, wie ein verhungernder Pitbull rohes Fleisch anstarrt. »Persönliche Angelegenheiten«, sagte er ohne ein Zwinkern. Als er es wiederholte, klang es noch einfältiger.
    »So ist es«, bestätigte ich.
    »Ihr Zahnarzt praktiziert drüben in Gables«, sagte er.
    »Nun …«
    »Ebenso Ihr Hausarzt, drüben in Alameda. Sie haben keinen Anwalt, Ihre Schwester ist noch im Dienst«, sagte er. »Welche
persönlichen
Angelegenheiten habe ich vergessen?«
    »Eigentlich, äh, ich, ich …«, stammelte ich und war erstaunt, dass ich stotterte, aber es kam nichts anderes mehr, und Doakes sah mich einfach nur an, als bitte er mich zu fliehen, damit er seinen Streifschuss üben konnte.
    »Komisch«, sagte er schließlich. »Ich habe hier draußen ebenfalls
persönliche Angelegenheiten
zu erledigen.«
    »Wirklich?«, fragte ich und stellte erleichtert fest, dass mein Mund wieder in der Lage war, menschliche Laute zu formen. »Um was handelt es sich denn, Sergeant?«
    Es war das erste Mal, dass ich ihn lächeln sah, und ich muss zugeben, dass ich es vorgezogen hätte, wenn er aus dem Wagen gesprungen wäre und mich gebissen hätte. »Ich beobachte DICH «, sagte er. Er gönnte mir einen Augenblick, um den Hochglanz seiner Zähne zu bewundern, dann glitt die Scheibe wieder nach oben, und er verschwand hinter dem getönten Glas wie die Cheshire-Katze.

[home]
    5
    H ätte ich genug Zeit, könnte ich sicherlich eine Liste von Situationen aufstellen, die unerfreulicher sind, als von Sergeant Doakes beschattet zu werden. Aber als ich so dort stand, in meiner topmodischen Allwetterkleidung, und an Reiker und die roten Stiefel dachte, die mir entglitten, schien sie mir schlimm genug, und ich war nicht erpicht darauf, mir eine noch schlimmere auszudenken. Ich stieg einfach in meinen Wagen, ließ den Motor an und fuhr durch den Regen zu meiner Wohnung. Normalerweise hätten mich die mörderischen Mätzchen der anderen Fahrer getröstet, mir das Gefühl von Geborgenheit gegeben, aber irgendwie nahm der braune Taurus so dicht hinter mir den Dingen ihren Glanz.
    Ich kannte Sergeant Doakes gut genug, um zu wissen, dass er nicht einfach an einem regnerischen Tag einer Laune nachgab.
    Falls er mich überwachte, würde er mich so lange überwachen, bis er mich dabei erwischte, wie ich etwas Unartiges tat. Oder bis er nicht mehr in der Lage war, mich zu überwachen. Es war nur natürlich, dass mir sofort einige faszinierende Möglichkeiten einfielen, ihn sein Interesse verlieren zu lassen. Aber sie waren alle äußerst endgültig, und obwohl ich nicht wirklich über ein Gewissen verfüge, halte ich mich an genau definierte Regeln, die in etwa auf die gleiche Weise funktionieren.
    Ich hatte gewusst, dass Sergeant Doakes früher oder später etwas unternehmen würde, um mir mein Hobby zu vergällen, und ich hatte lange darüber nachgegrübelt, was zu tun war, wenn es so weit war. Leider war mir nichts Besseres eingefallen als abwarten und Tee trinken.
    »Verzeihung?«, sagen Sie vielleicht, und Sie haben jedes Recht dazu. »Dürfen wir die offensichtliche Antwort wirklich ignorieren?« Doakes war stark und tödlich, aber immerhin galt das für den Dunklen Passagier ebenfalls, nur in wesentlich größerem Ausmaß. Niemand konnte sich ihm widersetzen, wenn er das Steuer übernahm. Vielleicht nur dieses eine Mal …
    Nein,
sagte die leise, weiche Stimme in meinem Kopf.
    Hallo, Harry. Warum nicht? Und während ich fragte, kehrte ich gedanklich in die Zeit zurück, in der er es mir beigebracht hatte.
    Es gibt Regeln, Dexter,
hatte Harry gesagt.
    Regeln, Dad?
     
    Mein sechzehnter Geburtstag. Es gab keine großartige Party, da ich damals noch nicht gelernt hatte, charmant und kumpelhaft zu sein, und wenn ich meine sabbernden Zeitgenossen nicht mied, mieden sie im Allgemeinen mich. Ich verlebte meine Teenagerjahre wie ein Hütehund inmitten einer Herde schmutziger, äußerst dummer Schafe. Seit damals habe ich eine Menge gelernt. Ich hatte mit sechzehn gar nicht so Unrecht – die Menschen sind wirklich hoffnungslos –, aber es bringt nichts, sich das anmerken zu lassen.
    Mein sechzehnter Geburtstag war demnach eine sehr maßvolle Angelegenheit.
    Doris, meine Adoptivmutter, war kurz zuvor an Krebs gestorben. Aber meine Stiefschwester Deb buk mir einen Kuchen, und Harry schenkte mir eine neue Angel. Ich pustete die Kerzen aus, wir aßen

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