Dunkler Dämon
bisschen empfindlich reagieren, wenn ein zweiter Polizist auf die gleiche Weise dahinschied.
Egal, wie notwendig es zu sein schien, Doakes war tabu. Aus dem Fenster sah ich den braunen Taurus unter einem Baum parken, aber ich konnte nichts dagegen unternehmen, außer mir zu wünschen, dass sich spontan eine andere Lösung fand – zum Beispiel, dass ihm ein Klavier auf den Kopf fiel. Es war traurig genug, aber mir blieb nichts anderes übrig, als auf mein Glück zu hoffen.
Doch an diesem Abend hatte der tief enttäuschte Dexter kein Glück; im Einzugsgebiet Miami waren herabstürzende Klaviere in letzter Zeit eher Mangelware. Und so steckte ich in meiner kleinen Behausung, wanderte frustriert auf und ab, und jedes Mal, wenn ich beiläufig aus dem Fenster schaute, parkte der Taurus gegenüber. Die Erinnerung an das, worüber ich noch vor einer Stunde so zufrieden nachgedacht hatte, hämmerte in meinem Verstand.
Kann Dexter zum Spielen rauskommen?
Leider nein, lieber Dunkler Passagier. Dexter hat Hausarrest.
Aber eins gab es doch, das ich tun konnte, selbst eingesperrt in meiner Wohnung. Ich kramte den zerknüllten Zettel von MacGregors Boot aus meiner Tasche und strich ihn glatt, wobei meine Finger von dem schmierigen Zeug der Paketbandrolle klebrig wurden, an der der Zettel geklebt hatte. » REIKER « und eine Telefonnummer. Mehr als genug, um es in eine der Suchmaschinen einzugeben, auf die ich mit meinem PC Zugriff hatte, und innerhalb weniger Minuten war es vollbracht.
Die Nummer gehörte zu einem Handy, zugelassen auf einen Mr. Steve Reiker, wohnhaft in der Tigertail Alley in Coconut Grove. Mit ein wenig weiterer Recherche fand ich heraus, dass er Berufsfotograf war. Selbstverständlich hätte das Zufall sein können. Ich bin sicher, dass es auf der ganzen Welt etliche Menschen gibt, die Reiker heißen und Berufsfotografen sind. Ich sah in den Gelben Seiten nach und stellte fest, dass er sich spezialisiert hatte. In seiner viertelseitigen Anzeige hieß es: » ERINNERN SIE SICH DARAN , WIE SIE JETZT SIND .«
Reiker war auf Kinderfotografie spezialisiert.
Die Zufallstheorie hatte sich erledigt.
Der Dunkle Passagier regte sich und kicherte erwartungsfroh, und ich erwischte mich dabei, wie ich einen Abstecher in die Tigertail Alley plante, um mich dort rasch umzusehen. Tatsächlich war es nicht schrecklich weit weg. Ich könnte jetzt hinfahren und …
… Sergeant Doakes hinter mir herfahren lassen, damit er mir etwas anhängen konnte. Prima Idee, alter Freund. Das würde Doakes eine Menge Ermittlungsarbeit ersparen, wenn Reiker eines Tages endlich verschwand. Er könnte auf die ganze öde Routine verzichten und mich direkt verhaften.
Und überhaupt, wann würde Reiker verschwinden? Es war schrecklich frustrierend, mit einem lohnenden Ziel vor Augen auf diese Weise kontrolliert zu werden. Aber nach mehreren Stunden parkte Doakes noch immer auf der anderen Straßenseite, und ich war noch immer hier. Was tun? Einerseits schien es offensichtlich, dass Doakes nicht genug wusste, um irgendetwas anderes zu unternehmen, als mich zu beschatten. Aber falls er mir andererseits weiter folgte, war ich gezwungen, auch in Zukunft die Rolle der manierlichen Laborratte zu spielen und alles zu vermeiden, was gefährlicher war als die Hauptverkehrszeit auf dem Palmetto Expressway. Das konnte nicht gut gehen. Ich stand unter Druck, nicht nur von Seiten des Dunklen Passagiers, sondern auch zeitlich. Ich musste Beweise dafür finden, dass Reiker die Fotografien für MacGregor gemacht hatte, bevor zu viel Zeit verging, und, falls er derjenige war, ein eindringliches und deutliches Gespräch mit ihm führen. Wenn ihm klar wurde, dass MacGregor den Weg alles Fleischlichen gegangen war, würde er sich höchstwahrscheinlich in Luft auflösen. Und wenn das meine Kameraden bei der Polizei herausfanden, konnte die Lage für den Dynamischen Dexter sehr ungemütlich werden.
Aber Doakes hatte sich anscheinend auf eine längere Verweildauer eingerichtet, und ich konnte momentan nichts dagegen tun. Die Vorstellung, wie Reiker herumspazierte, statt sich gegen seine Paketbandfesseln aufzubäumen, war schrecklich frustrierend.
Homicidus interruptus
. Der Dunkle Passagier ließ ein leises Stöhnen und mentales Zähneknirschen hören. Ich konnte es ihm nachfühlen, aber außer auf und ab zu marschieren, schien ich nur sehr wenig tun zu können. Und nicht einmal das war besonders hilfreich: Wenn ich so weitermachte, würde ich ein Loch in den
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