Dunkler Winter
der Plane des Fuhrwerks, zwischen Ballen und Säcken und Kisten, und jedesmal, wenn es schwankte oder über eine Unebenheit holperte, musste ich mich mit der rechten Hand festhalten. Die braune Se geltuchplane, über Reifen gespannt, bildete ein halb rundes Dach. Am Morgen schien die Sonne durch, aber dann bezog sich der Himmel, das Gewebe nahm eine erd braune Farbe an, und das Licht wurde silbergrau.
Ich konnte den schmerzenden Kopf heben und hinten über die Heckklappe schauen, aber es gab nicht viel zu sehen – nur Silvus auf einer graubraunen Stute, die ich bis dahin nicht gesehen hatte, und ein anderes Pferd, das reiterlos mitlief und hinten am Wagen angebunden war. Mein Schlachtross war nirgendwo zu sehen, und wenn sie den alten Dickkopf zurückgelassen hatten, bedauerte ich es, aber nicht allzu sehr. Ferner gab es einen ausgefahrenen Feldweg zu sehen, der hauptsächlich aus tiefen Spur rinnen und Huf spuren bestand, und ringsherum die rostbraunen Farbtöne des Moores. Als ich die Fährten zwischen den Spurrinnen genauer betrachtete, sah ich, dass einige von Pferden herrührten, andere von Ochsen, und dazwischen lag eine menschliche Fährte.
Heide und Moore. Wir zogen über die Hochmoore. Und gestern Abend hatten sie Reisig von Stechginster verbrannt. War das gestern Abend gewesen? Wir mussten schon einige Tage über die Moore gezogen sein.
Ich stemmte mich mit einer Hand hoch, kroch zum Heck des Wagens, steckte den Kopf hinaus und blickte nach oben. Regentropfen schlugen mir ins Gesicht. Er frischend, solange der Rest trocken blieb. Ich ermahnte mich, die schützende Plane nicht zu berühren.
Nachdem ich mir das Wasser aus den Augen gewischt hatte, überblickte ich den Rest der Szene.
Silvus hatte mich nicht bemerkt. Fluchend zerrte er einen Pferdeumhang aus einer Satteltasche und drapierte ihn über sich selbst und sein Reittier. Es war geöltes Leinen von der Farbe erkalteter Asche und passte zum Rest des Tages. Zu beiden Seiten breiteten sich die Moore aus, braun und graugrün, außer wo das Gesprenkel blau blühenden Sumpfwurzes und vergilbten Röhrichts Sumpflöcher anzeigte. Wolken hingen tief über der nassen Erde, einförmig in ihrem trüben Grau, und zogen Re genvorhänge über das Land.
Das Fuhrwerk schwankte, und ich wurde auf eine Seite geworfen, dann auf die andere. Braunes Torfwasser spritz te trotz unserer langsamen Fahrt aus der tiefen Lache. Von vorn kam ein trauriges Muhen. Ich sah mich um und ent deckte, dass der Fahrersitz auf dem Kutschbock leer war.
Ich wurde unruhig. Was hatten wir, alles zusammen gerechnet? Silvus ritt Nachhut auf einem gewöhnlichen Gaul. Das Fuhrwerk wurde von Ochsen gezogen und der Kutscher ging vermutlich neben ihnen. Sonst war hinten niemand in Sicht, aber nach den Fährten zu urteilen, we nigstens zwei Reiter voraus. Wo aber waren die anderen? Und wie konnte ich diese Folgerungen nachprüfen? Eine kurze Überlegung lieferte die Antwort. (Sprung in der Schüssel? Wer, ich?) Ich kroch wie ein Kleinkind vor wärts, arbeitete mich über Säcke, Kisten und Ballen und spähte über den Kutschbock.
Ja. Über die Rücken der beiden im Joch gehenden Ochsen hinweg sah ich weiter voraus drei undeutliche Gestal ten zu Pferde. Nur eines der Pferde war groß wie ein Schlachtross; die anderen waren gewöhnliche mittelgroße Reit- oder Arbeitspferde, aber auf der zottigen und stäm migen Seite. Neben den Ochsen stapfte der Kutscher dahin, einen Treiberstock in der Hand und in einen Um hang gehüllt. Der Fahrweg, dem wir folgten, war nicht mehr als eine Fahrspur im niedrigen Gesträuch – Stech ginster und Heidekraut und Krüppelbirken, soweit man im trüben Regendunst sehen konnte.
Der Regen verstärkte sich und trommelte auf die Plane. Ich zog mich wieder zu meinen Decken zurück. Wir In validen müssen uns vor Nässe hüten, sonst bekommen wir das Lungenfieber.
Wir Invaliden sollten uns auch nicht sorgen, aber das schien gegenwärtig unmöglich zu sein. Wo waren die an deren alle? Ich hatte vier gezählt. Der Graf, ja, das war der auf dem großen Pferd, und sein Knappe Hubert war vermutlich der andere neben ihm. Raol war der Kutscher, und Silvus bildete den Schluss. Wo waren die anderen?
Ich sah mir die Ladung an. Da gab es verschiedenes Gerät, ein paar Säcke mit Hafer, andere mit gutem Häcksel. Zwieback, Mehl, Pökelfleisch, Schinken, einige geräu cherte Würste, ein Rad Käse. Getrocknete Bohnen, Zwie beln. Als Proviant für zehn Mann, der vielleicht eine
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