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Dunkler Winter

Dunkler Winter

Titel: Dunkler Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Luckett
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einen Augenblick zu früh, und er änderte die Stoßrichtung zur Innenseite des Schildarmes. Die Spitze bohrte sich in den Panzer, brach durch und schnitt mich unter der Oberarmröhre. Ich blutete, und der Schmerz riss Löcher in meine Aufmerksamkeit. Ich wankte, als er das Schwert heraus riss und einen lauten Triumphschrei ausstieß.
    Nun ging er zurück. Gesichtslos wie er war, konnte ich kein selbstgefälliges Lächeln sehen, aber er wusste, dass er gewonnen hatte. Ich blutete; er brauchte nur zu warten, bis ich schwächer wurde, bis mein Arm den Schild nicht länger hochhalten konnte und sinken ließ. Dann würde er freie Bahn haben. Der Schild zog meinen Arm abwärts, schien mit jeder Sekunde schwerer zu werden, machte mich unbeholfen. Der Schmerz schrie und heulte in mei nem Kopf.
    Aber ich musste offensiv werden, wenn ich nicht bloß warten wollte, bis meine Kraft mit dem Blut ins Gras rann. Ich trat vor, erwartete ein Ausweichen mit folgendem Gegenstoß, aber er tat es nicht. Es wäre nicht stan desgemäß gewesen, nehme ich an. Der Streithammer traf mit einem hellen Kreischen reißenden Metalls. Er wich zurück und antwortete mit einem Schwerthieb, aber un geschickt. Trotzdem konnte ich den Schild nicht recht zeitig hochbringen. Seine Klinge traf meinen Helm mit einem dröhnenden Schlag und glitt über die Achsel ab. Ich wankte, meine Augen wässerten und meine Sicht trübte sich. Er holte zum nächsten Streich aus, ich sah meine Chance wie ein Licht im Nebel und wir schlugen gleichzeitig los.
    Sein Hieb zielte auf die Kopfseite. Den Schild zu bewe gen war wie das Heben eines Berges und der linke Arm fühlte sich kalt und schwach an. Aber er kam hoch genug, um den Hieb auf den Scheitel meines Helmes mit der Spange abzulenken, und einen Augenblick später schlug meine Streithacke, mit aller verbliebenen Kraft in sau sendem Bogen geschwungen, schmetternd in die Schul ter seines Schildarmes. Die Achselpanzerung gab nach, platzte mit metallischem Kreischen auf. Er taumelte. Der Schwertarm setzte seinen Bogen fort, unkontrolliert jetzt, und einen Augenblick war mir seine Seite zugekehrt, als er sich über seine zerschmetterte Schulter krümmte. Seine Knie beugten sich, sein Grunzen ging in einen Schrei über. Ich zog die Streithacke hoch und schlug auf seinen Helm, als wollte ich einen Buchenklotz für Feuerholz spalten. Es gab ein metallisches Bersten. Der Schrei brach ab. Er fiel vornüber ins Gras. Nach ein paar Augenblicken rann Blut aus der unteren Helmöffnung, dann aus den Atemöffnungen. Ein Zucken durchlief seinen Körper, seine Eingeweide entleerten sich – und er starb. Und ich wäre beinahe über ihn gefallen.
    Wankend drehte ich mich um und blickte aus zwanzig Schritten Entfernung dem Grafen ins Auge, als Silvus vorwärts rannte, um mich zu stützen. Beide sahen ent setzt aus. Ich erinnere mich, dass ich dachte: Wie würden sie schauen, wenn ich es gewesen wäre? Dann verlor ich die Besinnung.

KAPITEL 6
    Die hatten seit einiger Zeit gestritten, soviel war klar, aber ich konnte nicht herausfinden, worum es ging.
    »Sie müssen es gebrauchen. Bitte.« Komisch, wunderte ich mich. Warum ist Silvus so aufgeregt? Wir haben gewonnen, nicht wahr?
    »Nein.« Eine andere Stimme, kühl, ohne nähere Erklärung. Schwester Winterridge.
    »Wenn Sie es nicht tun, wird er heute oder diese Woche nicht reiten können.«
    »Wir können nicht warten. Legen Sie ihn ins Fuhrwerk. Er blutet nicht mehr.«
    »Das sind bloß Spinnweben und ein Ver band. Wenn er herumgestoßen und durchgeschüttelt wird, kann die Wunde leicht wieder aufgehen. Das würde draußen in Moor und Heide, wo es keine Hilfsmittel gibt, verdammt gefährlich sein. Er könnte uns wegsterben.«
    Das war Raols Stimme – tief, selbstsicher. Ich war dankbar für sein verständiges Ein greifen.
    »Unwahrscheinlich. Er ist zäh.« Schwester Winterridges Stimme blieb kühl und vernünf tig. »Und er ist wach und hört zu.«
    So war es. Ich konnte mich nicht erinnern, wie lange ich schon bei Bewusstsein war. Ich lag auf einem Tisch im Gasthaus und war mit einer Decke zugedeckt. Meine Gliedmaßen fühlten sich leicht – ohne Rüstung – und wie etwas taub an. Das Licht kam und ging. Irgendwo hatte ich Schmerzen. Silvus musterte Schwester Winterridge, die auf der anderen Seite an einen Türrahmen gelehnt stand, mit zornigem Blick. Farben umtanzten sie und das Licht blendete mich. Sie trug ihren Kettenpanzer und schien marschbereit. Ich konnte sie besser sehen,

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