Dunkler Zauber
ätzend, wie ihr vielleicht sagen würdet.« Cam umarmte ihre Mom.
Alex stand nur so da, wenige Zentimeter von ihnen entfernt und verdrehte die Augen, als fände sie das ungeheuer kitschig. Mit einem Mal, als hätten sie beide den gleichen Einfall gehabt, streckten ihr Emily und Cam die Hände entgegen. Zögernd trat Alex zu ihnen.
Emily löste die Umarmung schließlich nur auf, um zu sagen: »Schnapp dir einen Stuhl. An diesem Küchentisch hat die ganze Familie Platz.«
Kapitel 24 - UNTER DEM HEILIGEN BAUM
Es gab einen Ort, die höchste Stelle im Mariners Park, zu dem Cam schon seit vielen Jahren ging. Der Park selbst lag mitten in der Altstadt von Marble Bay und dieses eine Fleckchen Erde hatte Cam schon lange in Beschlag genommen. Oder war es umgekehrt? Sie war davon angezogen worden wie von einem Magneten, obwohl es sich um nichts weiter als ein wildes Stückchen Gras unter einem uralten Baum handelte. Wenn sie dort saß, hatte sie einen umwerfenden, ungehinderten Ausblick auf den Hafen von Marble Bay. Und sie betrachtete gern die Schiffe, das Wasser. Cam hatte bis vor kurzem niemals jemandem von diesem Ort erzählt. Dort konnte sie schreiben, nachdenken, vor sich hin träumen, Pläne schmieden und manchmal auch weinen.
Alex war der erste und einzige Mensch, den sie jemals dorthin mitgenommen hatte.
An einem der letzten Tage im Herbst, als die Luft schon voll mit dem schweren Duft kommenden Schnees war, machten sich Cam und Alex gemeinsam auf den Weg dorthin. Eine gute Woche war seit dem Rave vergangen, seit sie den Diebstahlring um Helfende Hände hatten auffliegen lassen, seit Beth und Cam sich wieder miteinander versöhnt hatten – und seit sie zuletzt etwas von Thantos, Fredo, Karsh oder Ileana gesehen oder gehört hatten.
Alex spürte den Wind in ihren Haaren, als sie neben ihrer Schwester radelte, durch die Vorstadtgegend hindurch, in der Cam wohnte. Es war hier alles so ordentlich und keimfrei, so »situiert« und selbstgerecht. Und wieder überfiel Alex ein Gefühl der Fremdheit, sie konnte sich dessen nicht erwehren. Auch wenn die Dinge zwischen ihr und Emily jetzt besser liefen, überlegte Alex - was hatte sie denn hier zu suchen? Einmal hatte Alex zu Cam gesagt: »Du tust so, als könntest du mich ganz einfach ausschneiden und in dein perfektes kleines Leben kleben. Aber da hast du dich vertan.« Und dennoch geschah genau das. Und es war gar nicht so völlig daneben. Die Zwillinge bogen in die Hauptstraße ein, die in die Stadt führte, und kreuzten dann durch die engen und gewundenen Straßen, die in das Kopfsteinpflaster der »Altstadt, Marble Bay« mündeten. Sie schlossen ihre Räder vor dem Torbogen zum Park an und ohne ein einziges Wort oder eine Geste veranstalteten sie ein Wettrennen, den kurvigen Pfad hinauf, der zu ihrem Baum führte.
Alex erreichte ihn zuerst, eine halbe Sekunde vor Cam. Sie zwickte Cam in die Schulter. »Tja, leider verloren.«
» Tja, freu dich nicht zu früh«, ahmte Cam sie nach. »Ich hab dich einfach gewinnen lassen. Alles Teil der neuen, selbstlosen Camryn Barnes.«
»Sonst noch Wahnvorstellungen? Ich bin halt die schnellere Zwillingschwester!« Alex ließ sich auf die Erde plumpsen und Cam setzte sich neben sie.
»Aber dennoch hast du wohl keine besonders schnelle Auffassungsgabe, wenn's um brandheiße Neuigkeiten geht. Denn das hättest du doch eigentlich mitbekommen müssen ...« Cams Augen funkelten schelmisch.
»Brandheiße Neuigkeiten? Was bist du denn, die neue Brianna?«
»Na ja, Bree hat angerufen. Aber unsere >Madonna der Gerüchte< wusste nur, was passiert war, und nicht warum.«
»Okay, ich mach mit«, sagte Alex und rupfte einen Grashalm aus. »Du platzt doch gleich - also erzähl's mir lieber.«
»Wer: Brice Stanley, edelmütiger Filmstar. Was: Haufenweise Kohle gespendet. Wem: Sunshine Honsel Und, meine liehe Klon-Schwester, du weißt sicher warum .'.'« Alex riss vor Staunen ihre unglaublichen Augen auf. »Echt?«
»Wie: Echt? Mann! Wir haben ihn wahrscheinlich total in die Enge getrieben, dass er nicht mehr anders konnte.«
»Wie denn?«, fragte Alex. »Dieser kleine E-Mail-Austausch zwischen Sunshine House und, äh ... Brice ... war doch vertraulich.«
»Vertraulich ? E-Mails ? Also, wenn du die Tochter eines Anwalts sein willst, dann musst du echt noch was lernen. A) Vertrauliche E-Mails gibt es einfach nicht. Und B) Hast du mal was von durchsickern gehört? Sunshine House hat eine Mail vom stinkreichen, gutherzigen Brice
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