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Ich schnapp' mir einen Mann

Ich schnapp' mir einen Mann

Titel: Ich schnapp' mir einen Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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Vorwehen
    F ahr nicht so schnell«, sagte Flora. »Da
vorn ist es doch schon.«
    Heiner bremste, stärker als es nötig gewesen wäre. Der Wagen
kam ruckartig zum Stehen. »Wiedersehen«, sagte er gelangweilt. »Und
frohes Turnen.«
    »Willst du nicht doch mitkommen?«, versuchte Flora es noch
einmal bittend.
    »Wozu denn?«
    »Um dabei zu sein. So wie die anderen Väter.«
    »Wer kriegt denn das Kind? Du oder ich?«
    »Haha. Echt witzig.«
    »Das hatten wir doch schon zig Mal«, klagte Heiner. »Ich halte
das nicht aus, Florakind! Diese komischen Pantoffelhelden da oben. Die
benehmen sich doch so, als würden sie das Kind selber kriegen!«
    Flora starrte beleidigt auf ihren dicken Bauch unter dem
gemusterten Umstandskleid. Heiner starrte ebenfalls. Beide fanden seit
ein paar Wochen übereinstimmend, dass er wie ein Riesenkürbis aussah.
    ›Am Ende der Schwangerschaft beträgt Ihr Bauchumfang etwa
hundert Zentimeter‹, stand dazu in dem Sonderheft Schwangerschaft und
Geburt, und: ›Sie selbst und Ihr Partner werden trotzdem jeden
Zentimeter davon schön finden.‹
    »Ich fahr dann mal weiter«, sagte Heiner.
    Wird Zeit, dass wir zu dritt sind, dachte Flora. Ihr Magen
knurrte, und sie ärgerte sich, dass sie wieder nur Knäcke als
Abendmahlzeit gegessen hatte.
    »Ich bin ja schon weg.« Flora stieg schwerfällig
aus – zuerst beide Beine und dann der Rest – und
beugte sich ins Wageninnere, um die zusammengerollte Isomatte vom
Rücksitz zu nehmen. Sie riskierte einen Seitenblick auf Heiner, ob er
es sich nicht vielleicht doch noch anders überlegt hätte. Einen Moment
lang versuchte sie, ihm durch schiere Willenskraft unbändige Lust auf
den Geburtsvorbereitungskurs zu suggerieren.
    Abrakadabra, dreimal schwarzer Kater, Heiner geht
mit!!!
    Er würde ihr den Rücken massieren, den Kopf stützen und mit
ihr im Takt hecheln.
    »Was guckst du so? Kriegst du keine Luft?«
    Flora schnaufte. Sie hatte unwillkürlich den Atem angehalten.
Ohne Erfolg. So viel zu telepathischer Willensbeeinflussung. Heiner sah
noch immer nicht so aus, als sei er aufs Turnen erpicht. Er warf ihr
einen Luftkuss zu, ohne sie richtig anzusehen. »Okay, bis später dann«,
sagte er. Seine Laune schien sich entschieden gebessert zu haben, seit
Flora ausgestiegen war. Er blickte in den Außenspiegel und wartete
darauf, dass Flora die Wagentür zuwarf.
    »Holst du mich ab?«, fragte sie.
    »Ich weiß nicht, ob ich's schaffe. Ich muss unbedingt das neue
Bild noch fertig machen.« Seine Finger zuckten am Lenkrad, als hielte
er den Pinsel schon in der Hand.
    Flora trat enttäuscht zurück. »Dann nehm ich halt den Bus.«
    Sie blieb eine Weile verloren neben dem Schild am Hauseingang
stehen und starrte auf die Schrift, ohne sie wirklich zu sehen. Dabei
war sie so stolz gewesen, als sie das erste Mal hergekommen war. Jeden
Buchstaben hatte sie verinnerlicht, wie alles, was mit ihrer
Schwangerschaft zu tun hatte.
    Hildegard Sauerbier, staatl. gepr. Hebamme,
Schwangerschaftsgymnastik, 3. Stock.
    Alles hatte so toll angefangen. Die atemlose Freude beim
Ausbleiben der Regel, die morgendliche Übelkeit, der Jubel, als der
Schwangerschaftstest positiv ausfiel. Die erste
Schwangerschaftsuntersuchung beim Gynäkologen, das Flattern auf dem
Bildschirm des Ultraschallgeräts.
    Sogar die Gymnastik bei Hildegard Sauerbier war – auf
ganz besondere Art – spannend und aufregend. Und anstrengend,
denn sie erforderte höchste Konzentration. Hildegard, um die fünfzig
und von vierschrötiger Statur, war seit vielen Jahren Hebamme. Mit
ihrer befehlsgewohnten Stimme korrigierte sie gnadenlos jeden
Haltungsfehler. Sie paukte die richtige Schnauf- und Hecheltechnik bis
zum Exzess, so lange, bis man das Gefühl hatte, an seiner eigenen Lunge
zu ersticken. Aber Flora war bereit, alles zu erdulden, was sie einer
sanften Geburt näher brachte.
    Sie sah Heiners alten Buckelvolvo um die Ecke biegen und
verschwinden, drückte in Ermangelung eines stützenden Männerarms ihre
Isomatte an sich, ging ins Haus und nahm den Lift in den dritten Stock.
    Als sie auf dem Weg in die Umkleidekabine einen Blick in die
Turnhalle warf, sah sie, dass die meisten anderen schon da waren.
Paarweise natürlich. Werdende Mamis neben werdenden Papis, ganz
einträchtig, wie es sich gehörte. Nur sie selbst war wieder mal solo.
Sie streifte ihr Sommerkleid ab und ging in dünnen Leggins und
Umstandsbody barfuß in die Halle. Anita und Tobias lagen nebeneinander
auf ihren Isomatten an der Wand,

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