Dunkles Blut: Thriller (German Edition)
Sämtliche Vitrinen lagen zerschmettert und ausgeleert am Boden; von der Theke war kaum mehr als ein zerbrochener Holzrahmen übrig. Der burgunderfarbene Teppichboden war voller Glassplitter, Gold- und Silberkettchen waren in den tiefen Flor getrampelt.
Er zog sich ein zusätzliches Paar Handschuhe über, stieß die verbogene Tür auf und trat ein.
Es roch leise nach Urin. Und Staub. Und Raumspray.
Eine Handvoll Ringe und Armbänder lagen verstreut auf dem mit Splittern übersäten Samtbezug der Theke.
In einer Tür im hinteren Teil des Ladens tauchte ein Gesicht auf. » Sarge?« PC Guthrie grinste breit, die Backentaschen zum Bersten voll, wie ein übergroßer, kahlrasierter Hamster. Er kaute, schluckte und wies mit dem Daumen über die Schulter. » Ich hab Teewasser aufgesetzt, falls du auch ein Tässchen magst?«
Guthrie ging voran in eine kleine Küche, gerade eben groß genug für einen Mini-Kühlschrank, eine Arbeitsfläche mit Wasserkocher, Mikrowelle und Brotkasten, ein kleines Spülbecken mit Abtropffläche, einen winzigen Tisch mit einem Karottenkuchen obendrauf, und zwei Stühle. Letztere waren von zwei grauhaarigen Damen besetzt, die eine in einem pinkfarbenen Twinset mit Perlenschmuck, die andere in solche Mengen von Tweed gehüllt, dass man damit ein mittelgroßes Flusspferd hätte ausstopfen können – ein durchaus passendes Bild.
PC Guthrie übernahm die Vorstellung. » Meine Damen, das ist Detective Sergeant McRae. Sarge, darf ich vorstellen, Nora Mackenzie und Peggy Ramsay, die Inhaberinnen. Sie waren hier, als es passierte.«
Das Tweed-Flusspferd schlug sich die Hand vor die beträchtliche Brust. » Es war schrecklich! Er hat gewütet wie ein Irrer, nicht wahr, Nora?«
Die perlengeschmückte Twinset-Lady nickte so heftig, dass die Hautlappen unter ihrem Kinn erzitterten. » Hat alles kurz und klein geschlagen –«
» Alles.«
» Und die ganze Zeit geschrien, er könne nichts dafür –«
» Immer und immer wieder. Ich hatte solche Angst, nicht wahr, Nora?«
» Sehen Sie sich doch nur um – es ist alles verwüstet!«
Logan hob beschwichtigend die Hände. » Haben Sie das Gesicht des Täters erkennen können?«
» Ich meine, man liest solche Dinge ja in der Zeitung, aber man denkt nie, dass es einen selbst treffen könnte, oder?«
» Furchtbar.« Nora Mackenzie nestelte an den Perlen an ihrem Hals herum. » Es war ein kräftiger, breitschultriger Mann, und er hatte so ein Ding …« Sie wedelte mit der Hand vor ihrem Gesicht herum. » Nicht wahr, Peggy?«
» Eine Brille und eine große rote Nase. Und so einen borstigen Schnurrbart.«
» Und ein Muttermal auf der Wange.«
» O ja, ein Muttermal. Und ein kleines Kind in einem Kinderwagen.« Peggy schob den Karottenkuchen auf ihrem Teller herum. » Armes kleines Würmchen. Was sie wohl später einmal denken wird – bei so einem Vater aufzuwachsen?«
» Es ist eine Schande, jawohl.«
Logan sah Guthrie an. » Hast du schon bei den Kollegen von der Videoüberwachung nachgefragt?«
Der Constable nickte. » Drüben im Präsidium spulen sie den Film gerade zurück.«
Nora zupfte an ihren Perlen. » Sie werden ihn doch fassen, nicht wahr?«
Logan deutete durch die Tür in den demolierten Laden. » Haben Sie hier drin auch eine Überwachungskamera?«
Peggy wuchtete ihre Leibesfülle aus dem Stuhl und stapfte auf einen kleinen Fernseher mit Videorekorder zu, der in der Ecke auf einer Konsole stand. » Mein Neffe James hat sie letztes Jahr installiert.« Sie drückte ein paar Knöpfe, und der Apparat surrte fast eine Minute lang vor sich hin. Es klackte, und dann ging es endlich los.
Das Innere des Ladens erschien auf dem Bildschirm, und man sah Peggy die Auslagen in einer Vitrine sortieren. Die Bewegungen waren ruckartig – wahrscheinlich machte die Kamera nur alle zwei Sekunden eine Aufnahme, sodass ein einziges Band für den ganzen Tag reichte. Die Uhr am unteren Bildrand zeigte 15:28:36.
» Ich spule mal vor.« Sie hantierte an dem Rekorder herum, und plötzlich ging alles superschnell. Noras grauer Kopf erschien hinter der Theke und ruckelte hin und her. Ein junger Mann kam herein, kaufte etwas und ging. Dann passierte wieder eine Weile nichts. » Da!«
Das Bild lief wieder in normalem Tempo weiter. Ein großer, kräftiger Mann mit einer Baseballkappe auf dem Kopf war gerade von der verschneiten Straße hereingekommen. Er zog einen Kinderwagen hinter sich her. Logan sah, wie er sich bückte, um mit dem Kind zu sprechen, das in
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