Dunkles Blut: Thriller (German Edition)
verlieren, ohne dass sie Abschied nehmen konnte …«
Schweigen.
» Was war nun mit dem Wagen, Mr. Gardner?«
» Was? Ach so … ja. Ich hatte ihn um die Ecke geparkt. Konnte nicht vors Haus fahren, weil dieser Idiot von nebenan mir immer seine Karre direkt vor die Tür stellt. Muss mir unbedingt unter die Nase reiben, dass er einen nagelneuen Audi Kombi fährt und ich bloß einen Fiat Panda aus dritter Hand.« Gardner zupfte an seiner buschigen Braue. » Wundert mich, dass er nicht auch noch seine Frau da draußen abstellt.«
Logan notierte sich die Angaben auf dem Bogen Papier, den er aus Douglas Walkers Zimmer hatte mitgehen lassen.
Er musste sich ein neues Notizbuch besorgen, wenn er wieder im Präsidium war – eins, das nicht nach Kunststudentenkotze stank.
Er sah auf die Uhr. Gleich Viertel nach sechs. Beattie hatte bestimmt längst Feierabend gemacht – war nach Hause gegangen, um sich Lockenwickler in den Bart zu drehen, oder womit er sich auch immer die Zeit vertrieb, wenn er nicht gerade auf dem Präsidium Logan das Leben zur Hölle machte.
» Gut, also, dann sollte ich vielleicht mal …«
Gardner hievte sich aus seinem Sessel hoch und ging mit Logan zur Tür. » Haben Sie Familie, Sergeant?«
Logan schürzte die Lippen. » Es ist ein bisschen kompliziert.«
Gardner nickte. Seine Augen waren feucht und gerötet. Er biss sich auf die Unterlippe. » Man hat’s nicht leicht, wie?« Er rieb sich mit der Hand übers Gesicht. » Es tut mir leid, ich … Die letzten Monate waren sehr hart für mich.«
Logan legte ihm die Hand auf den Arm. » Wenn wir Ihren Wagen finden, sage ich Ihnen Bescheid.«
» Kann ich eine polizeiliche Fallnummer für die Versicherung bekommen?«
» Ich werde veranlassen, dass man sie Ihnen telefonisch durchgibt …« Logan verstummte. Vom Flur ging eine Treppe hinauf in den ersten Stock. » Haben Sie das auch geh–«
Da war es wieder: ein leises, gurgelndes Geräusch.
Logan blickte sich zu Gardner um und tat dann einen Schritt auf die Treppe zu.
» Also …« Gardner entriegelte die Haustür. » Vielen Dank, dass Sie gekommen sind – ich weiß, Sie haben sicher sehr viel zu tun.«
Oben ging das Gurgeln in ein Weinen über, das sich sehr bald zu einem jämmerlichen Geschrei steigerte.
Gardner grinste, und eine einzelne Schweißperle rann an seinem rosaroten Hals hinab. » Ich … muss wohl den Fernseher im Schlafzimmer angelassen haben.«
Logan legte die Hand auf das Treppengeländer. Der alte Mann zuckte zusammen.
» Wenn ich dieses Haus durchsuche, werde ich dann einen Kinderwagen, einen abgesägten Vorschlaghammer und eine Tasche voll mit gestohlenem Schmuck finden?«
» Ich weiß nicht … Ähm …«
» Ihr Wagen wurde gar nicht gestohlen, stimmt’s?«
Gardner ließ nur die Schultern hängen.
Das Schlafzimmer im Obergeschoss war offenbar der einzige normal möblierte Raum im ganzen Haus. Die Wände waren leuchtend gelb gestrichen, auf dem Boden lag ein Berg Stofftiere, ein glitzerndes Mobile hing an der Decke über einem großen hölzernen Kinderbett. Ein kleines Mädchen in einer Art Feenkostüm umklammerte die Gitterstäbe seines Gefängnisses.
Alan Gardner setzte sich auf den Boden und griff nach einem Stoffhäschen mit Schlappohren, genau wie das in dem Überwachungsvideo. » Es ist unter dem Bettchen.«
Logan ging in die Hocke und zog eine schwarz-rote Adidas-Sporttasche heraus. Er ließ sie auf den pinkfarbenen Teppich fallen – sie war vollgestopft mit Uhren, Halsketten, Ringen, Broschen und Armbändern, die im Schein der Bob-der-Baumeister-Nachttischlampe glitzerten. Ein dickes Bündel Banknoten steckte in der Seitentasche.
» Wo ist denn die Beute vom ersten Mal – dem Überfall auf Henderson’s?«
» Hab ich an eine von diesen Firmen geschickt, die immer im Fernsehen werben – › Bares für Ihr Gold ‹ . Hab noch nicht mal den Scheck dafür bekommen.«
» Alan Gardner, ich verhafte Sie wegen des Verdachts –«
» Ich hatte keine Wahl.« Er hielt den Blick auf das Stoffhäschen geheftet.
» Wo ist der Vorschlaghammer?«
» Sie ist meine Tochter – was hätte ich denn tun sollen? Zulassen, dass er ihr wehtut?«
Logan drehte sich zu der Feenprinzessin in dem Gitterbettchen um. » Wer würde denn einem kleinen Mädchen etwas antun?«
» Nicht Nicole – ihre Mutter: Stacy, meine Tochter.« Gardner richtete sich mit knackenden Gelenken auf und drückte Nicole das Häschen in die klebrigen Patschhände. » Nach Lauras Tod hat Stacy
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