Dunkles Indien
die Vorhänge noch nicht zugezogen, »Dort! Schau hin!« sagte Gillis und blieb vor dem Fenster des Empfangszimmers stehen. Georgina blickte hinein, sah die junge Frau – und fuhr sich mit der Hand in das Haar, das, zum Scheitelknoten geschürzt gewesen, sich unter ihrem Griff löste und sofort in Strähnen über ihr Gesicht fiel. Sie machte eine Bewegung, als wolle sie ihr zerlumptes Kleid in Ordnung bringen, aber was gab es da noch viel glatt zu streichen! Gillis starrte unverwandt die junge Frau – drin im Zimmer – an; Georgina streifte sie nur einmal mit den Augen, dann hielt sie den Blick fest auf Georgie Porgie gerichtet.
»Was gedenkst du zu tun?« fragte Gillis und hielt Georgina am Handgelenk fest, damit sie nicht zu dem Lichtschein hinstürze. »Willst du hineingehen und der englischen Frau sagen, daß du mit ihrem Gatten zusammengelebt hast?«
»Nein«, hauchte Georgina. »Laß mich gehen. Ich schwöre, daß ich gehen werde.« Sie riß sich los und lief hinein in die Dunkelheit.
»Armes kleines Tier!« murmelte Gillis vor sich hin, als er wieder in die Landstraße einbog. »Hätte ich ihr doch etwas gegeben, damit sie wieder nach Burma zurück kann. Knapp durchgewischt ist er! Er hätte es ihr nie verziehen, der – Engel!«
Gillis schien demnach seinem Freunde Georgie Porgie nicht allzu sehr gewogen zu sein.
Das jungvermählte Paar trat nach dem Abendessen hinaus auf die Veranda, damit der Rauch von Georgie Porgies Zigarre sich nicht an die neuen Empfangszimmervorhänge hefte.
»Was ist das für ein Lärm dort unten?« fragte die junge Frau und lauschte in die Finsternis.
»Ach«, meinte Georgie Porgie, »wahrscheinlich prügelt irgend ein Rohling von Bergbewohner seine Frau.«
»Schlagen – seine – Frau! Wie entsetzlich!« sagte die junge Gattin. »Wenn ich mir ausmale, du könntest mich schlagen!« – und sie schlang den Arm um Georgie Porgies Brust, lehnte den Kopf an seine Schulter und blickte im Gefühl tiefster Geborgenheit über das wolkenbedeckte Tal hin.
Es war nur Georgina gewesen, die da geschrien hatte, während sie die Berglehne hinabgelaufen war zwischen den Steinen des Wasserlaufs, in dem die Wäscher die Kleider waschen.
Weitere Kostenlose Bücher