Dunkles Spiel der Leidenschaft
sich zu einem
beiläufigen Schulterzucken. »Ja, das könnte ich. Aber ich schaue ihn lieber
nicht mehr an. Ihn einfach nur spielen zu hören, reicht völlig. Er ist fast
schon zu gut.«
Lisas Augen ruhten auf dem Mann an der Bar und musterten
ihn interessiert. Seine Schultern waren breit, und er hielt sich sehr aufrecht.
Ihr hatte gefallen, wie offen er ihr ins Gesicht sah. Aber da war noch etwas,
etwas, das an ihr Herz rührte. Sie konnte es nicht benennen oder Corinne
erklären, doch er sah wie ein Mann aus, auf dessen Schultern das Gewicht der
ganzen Welt lastete und der niemanden hatte, der ihm diese Bürde erleichterte.
Die schlichte Wahrheit war, dass sie ihn sympathisch fand.
»Ich nehme Cullen«, verkündete Lisa halb im Ernst,
»und du kannst dir den Gitarristen angeln.«
Corinne grinste. »Der ist einfach zu gut, um wahr zu
sein. Männer wie er brechen reihenweise Herzen. Sie wirken gefährlich, weil
sie wirklich ganz schlimme Jungs sind. Die Frauen bilden sich ein, sie könnten
sie ändern, aber die Wahrheit sieht so aus, dass sie einfach schlimm sind und
daran nichts zu ändern ist. Wenn man Grips hat - und den habe ich! -, begnügt
man sich besser damit, sie anzustarren und von ihnen zu träumen. Doch komm
ihnen lieber nicht in die Nähe, sonst verbrennst du dir die Finger. Ich werde
ihm einfach zuhören und damit sehr zufrieden sein.«
Cullen bahnte sich durch das Gedränge einen Weg zu den
beiden Frauen in der Sitzecke. Er hatte keine Ahnung, worüber er mit ihnen
reden sollte. Die blonde Lisa stellte eine akute Bedrohung für sein Herz dar.
Aber er konnte sich unmöglich ernsthaft für eine Frau interessieren, nicht,
solange eine Bande von Mördern hinter ihm her war. Behutsam stellte er vor jede
der jungen Frauen eine Flasche Mineralwasser auf den Tisch.
Lisa lächelte ihn an und rückte ein Stück zur Seite,
damit Cullen sich neben sie setzen konnte. Das Lokal war überfüllt, und es war
sehr laut. Sie wollte jedes Wort verstehen, das dieser Mann sagte. Corinne
rutschte ein bisschen weiter, um Lisa Gelegenheit zu geben, ihren Charme wirken
zu lassen. Lisa hatte es verdient, einen netten Mann zu finden. Sie würde sehr
bald einen Menschen brauchen.
Die Musik ging weiter, aber Corinne fiel es sofort
auf, als Dayan aufhörte zu spielen. Schönheit und Klarheit verschwanden aus
der Musik, und was blieb, war eine halbwegs anständige Band, die ihren Mangel
an Genialität durch Enthusiasmus wettmachte.
Sie konnte nicht anders, sie musste unter ihren langen
Wimpern hindurch in seine Richtung spähen. Er stand gerade auf, mit einer
geschmeidigen, fast trägen Bewegung, die Corinne an eine große Raubkatze
erinnerte, die sich genießerisch streckt. Behutsam lehnte er seine Gitarre an
eine Wand am hinteren Ende der Bühne, wo sie vor dem Zugriff der Fans oder
Rowdys sicher war. Einen kurzen Moment lang betrachtete er die Menschen, die
ihn fast ausnahmslos verzückt anstarrten, und so etwas wie ein Ausdruck von
Unmut huschte kurz über sein Gesicht.
Plötzlich wandte er den Kopf und schaute Corinne
direkt an. Sie spürte sofort die Intensität seines Blicks, den Hunger, der
darin lag, und ihr Herz schien stillzustehen. Er sah sie an, nicht seinen
Freund oder Lisa, sondern nur sie. Ihre Augen begegneten einander, und sie
konnte sofort eine beinahe hypnotische Anziehungskraft spüren, eine Art
Verzauberung.
Dayan beugte sich vor, sagte etwas zu dem Gitarristen
der Band und verließ die Bühne. Sein Blick hielt ihren über die Menge hinweg
gefangen. Corinne konnte nicht wegschauen.
Ihr Herz spielte verrückt, und sie bekam keine Luft
mehr in ihre Lungen. Sie konnte nur hilflos zuschauen, wie er quer durch den
Raum auf sie zukam. Seltsamerweise sprach niemand ihn an, keine einzige Frau
aus der Menge. Alle machten ihm hastig Platz, sodass er unaufhaltsam näher kam.
Dann stand er vor ihrer Nische, und sein dunkler Blick ruhte nur auf ihr. Aus der
Nähe wirkte er noch einschüchternder als von weitem. Eine Aura von Macht ging
von ihm aus. Und er war mehr als sexy - er war geradezu erschreckend sinnlich.
Die Band stimmte einen langsamen, verträumten Song an,
und Dayan beugte sich zu Corinne vor und nahm ihre kleine Hand. »Ich muss mit
dir tanzen.« Er sagte es einfach so, ohne Einleitung, ohne sich Gedanken um
seine Verletzlichkeit zu machen. Er musste sie berühren, sie in seinen Armen
halten. Er musste wissen, dass sie wirklich existierte und nicht bloß ein
Produkt seiner Fantasie war.
Corinne
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