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Dunkles Verhaengnis

Dunkles Verhaengnis

Titel: Dunkles Verhaengnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
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da wohl kaum, oder?«
    »Botschaft angekommen.«
    »Freut mich zu hören.« Marty trommelte einen kurzen Tusch auf die Schreibtischkante. »Ich habe ein bisschen gesucht. Schon erstaunlich, was man heutzutage mit einem schrägen Seitenblick so alles herausbekommt. Crafft & Bailey belegen zwei komplette Etagen in einem Büroturm in der Innenstadt. Eine dieser Kanzleien mit Massivholztäfelung und hochglanzpolierten Mahagonigeländern, die nicht
den geringsten Zweck erfüllen. Man kommt rein, und da ist dann dieser riesige Raum voller Schreibtische und Aktenschränke, und ganz weit hinten, am fernen Horizont, steht ein einzelner Mensch.
    »Du kennst diese Kanzleien.«
    »Nur zu gut. Die Städte sind voll davon. Gewerbeflächen so groß, dass man locker vier oder fünf Großfamilien plus die meisten Obdachlosen der Stadt unterbringen könnte. Leer – natürlich bis auf die schicke Einrichtung.«
    Ich war mir nicht sicher, ob das als Pointe gemeint war, daher sagte ich nichts.
    »Die guten alten C&B sind das, was die Jungs im Club gern eine Kanzlei mit Rundumdienstleistungen nennen. Haben überall ihre Finger drin, im Versicherungsgeschäft, verteidigen Großunternehmen, übernehmen Zivilverfahren auf Basis von Erfolgshonoraren. Die Liste der Mandanten ist so lang wie das Gebäude hoch. Das ist das Image, das sie für die Öffentlichkeit pflegen. Das macht aber nur einen Teil der Geschäfte aus. Der andere Teil besteht aus höchstens fünf, sechs Mandanten.«
    »Und einer davon ist Mr. Herman.«
    Er neigte fragend den Kopf.
    »Das ist der Name, den unser … Gast, wie du ihn nennst … erwähnte, als er seinen Anruf machte.«

    »Natürlich.« Marty füllte seinen Becher nach, trank einen vorsichtigen Schluck, kippte den Kaffee dann fort und begann, eine frische Kanne aufzubrühen. »Nicht einer davon – alle. In der einen oder anderen Gestalt. Und auch nicht Herman, sondern Harmon. Larry, geboren als Lorenzo, Harmon. Ihm gehören große Teile von St. Louis, Chicago und so einiges dazwischen.«
    »Sprechen wir hier von Monopoly?«
    »Wir sprechen von Lotterie, illegalem Glücksspiel, ungesicherten Darlehen, Hostessen-Service, Dienstleistungen in der Security-Branche. Er erledigt alles, was sich an der Grenze zwischen Legalem und nicht so Legalem bewegt. Das heißt, seine Leute erledigen das. Der Mann selbst lässt sich bei den Aktionen nicht blicken. Spielt Golf, trinkt Kaffee, besucht jeden Morgen seine Mutter. Zwei Kinder, der Sohn ist um die dreißig, vermietet günstige Apartments, auch Mietmöbel und solche Dinge – aber im großen Stil. Läuft unter dem Namen Harm . Schwer zu sagen, ob der Mann einen schrägen Sinn für Humor hat oder nur dumm ist. Die Tochter heißt – halt dich fest – Harmony. Es heißt, sie ist so hässlich, das jeder sie nur Armely nennt.«
    »Und zu diesen Leuten lässt sich der Mann in meiner Zelle zurückverfolgen.«

    »Sieht ganz so aus.«
    »Und das alles weißt du aus dem Internet.«
    »Tja, kann schon sein, dass ich auch ein-oder zweimal telefoniert habe.«
    »Wir sind hier weit weg von St. Louis und Chicago. Wo liegt die Verbindung?«
    Marty schenkte uns beiden frischen Kaffee ein und stellte meinen Becher auf den Schreibtisch. »Nun, vielleicht sollte ich mal ein wenig mit meinem Mandanten plaudern, um das herauszufinden.«

Kapitel Siebzehn
    Scheiß auf die Moral, wie Doc es ausdrücken würde. Was er auch tatsächlich sagte, als er an diesem Morgen kam, um einen Blick auf unseren Gast zu werfen. Ich hatte einen mutmaßlichen Fall von Entführung, einen mutmaßlichen Mord, ein oder zwei mutmaßliche Körperverletzungen. Doc: »Einen ziemlichen Schlamassel, das ist es, was Sie haben.« Daran war allerdings nichts Mutmaßliches.
    Der Mann hieß Troy Geldin, und er stammte aus Brooklyn, aus dem alten italienischen Teil, genau gegenüber von Manhattan, heute voll im Belagerungszustand durch die Gentrifizierung, ohne aber bereits kapituliert zu haben. Die State Police rief etwa zu der Zeit an, als Marty auftauchte, ungefähr eine Stunde bevor Doc kam. Sie hatten die Fingerabdrücke für uns durch den Computer gejagt. Keine Akte, was bedeutete, Geldin war entweder clever, hatte Glück oder beides, aber er hatte eine Weile Sand gefressen, im Krieg von Bush senior, und wir hatten seine Abdrücke als Andenken.
    Bis zum heutigen Tag habe ich keine Ahnung, was
Marty dem Mann gesagt hatte. Ich hatte kaum den einleitenden Satz meines Sprüchleins aufgesagt, als Geldin mich auch schon

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