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Dunkles Verhaengnis

Dunkles Verhaengnis

Titel: Dunkles Verhaengnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
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Memphis geschickt, sagte Doc. Wir können jetzt nur noch hoffen. Er saß bei meiner Rückkehr auf der Bank vor dem Büro. Wir beobachteten, wie die Lichter ausgingen, Geschäfte abgeschlossen wurden und Autos sich auf den Heimweg machten. Abgesehen vom Diner war jetzt alles leer und verlassen. Eingerahmt von den Fenstern zur Straße beugten sich anonyme Köpfe über Hamburger, Steak-Platten, Kuchen und Kaffee.
    »Aber verdammt , es hat sich gut angefühlt. Kann Ihnen gar nicht sagen, Turner, wie sehr mir das fehlt.«
    »Leben zu retten?«
    In Gedanken bei fernen Erinnerungen, war er einen Moment lang still.
    »Nicht unbedingt. Es ist eher dieses Gefühl, wenn man hundertprozentig weiß, was zu tun ist, wenn man wichtige Entscheidungen trifft, die ganze Kettenreaktionen auslösen – und dass man dies tut, ohne groß nachdenken zu müssen. Gibt nicht viel auf der Welt, was sich damit vergleichen lässt.«
    So hätte Doc ewig weiterreden können, doch genau
in diesem Moment hielt Jed Baxter mit seinem Camry vor dem Rathaus. Ich ging ihm auf der Straße entgegen.
    »So schnell zurück? Und bitte sagen Sie mir, dass der Fahrgast da auf deinem Rücksitz bloß schläft.«
    »Unglaubliche Sache«, erwiderte Baxter. »Bin spät losgekommen, also dachte ich mir, scheiße, was soll’s, ich geh noch schnell was essen, bevor ich loslege. Na, ich halte bei diesem Laden, der wie ein netter Familienbetrieb aussieht – da draußen, Sie wissen schon, kurz bevor man den Highway erreicht.«
    »Das Ko-Z Inn.«
    »Genau. Ekelhaftes Essen.«
    »Aber sättigend.«
    »Ja, damit sollten sie werben … Also, nach fünf oder sechs Tassen Kaffee in dem Laden und einer halben Stunde auf der Straße kommt’s natürlich, wie’s kommen musste, ich muss pinkeln, also fahre ich rechts ran. Erledige mein Geschäft, und als ich aufblicke, kommt da dieser Typ aus dem Wald und steigt in mein Auto. Als ich es wieder erreiche, hat er bereits den Kopf unter meinem Armaturenbrett und fummelt an den Kabeln rum.« Baxter öffnete die hintere Tür. »Na ja, ich dachte mir, ich bringe Ihnen den Kerl.«
    »Als ’ne Art von Abschiedsgeschenk.«

    »Für den, der bleibt, genau. Hoffe, der Kerl ist okay. Musste dem Penner zweimal aufs Haupt klopfen, um ihn auszuschalten.«
    »Handschellen, hm?« Es waren Plastikfesseln, sie gehörten aber zur Polizeiausrüstung.
    »Hab immer ein paar dabei. Hey, man weiß schließlich nie, oder?«
    »Der rechte Arm sieht nicht besonders gut aus.«
    »Was soll ich sagen? Der Kerl war nicht scharf drauf, gefesselt zu werden. Liegt da auf dem Boden, das Licht ausgeknipst, wehrt sich aber trotzdem wie der Teufel.«
    »Und da mussten Sie ihm noch eins verpassen.«
    »Vielleicht. Ein bisschen. Also, wollen Sie den Mistkerl haben, oder nicht?«
    Baxter und ich wuchteten ihn gemeinsam hinein und legten ihn in eine der Zellen auf die Pritsche. Doc kam hereingeschlendert und beklagte sich, dass der Kerl nicht nach einer besonderen Herausforderung aussah, während er seine Reflexe und Pupillen und dergleichen kontrollierte, und verkündete schließlich, dass seiner nicht allzu bescheidenen Meinung nach medizinisch nichts dagegen sprach, diesen Mann einzusperren.
    Womit verschiedene Dinge noch zu klären waren.
    Erstens, da wir nun einen Häftling hatten, würde
heute Abend irgendwer die Stellung halten müssen, womit höchstwahrscheinlich nur ich gemeint sein konnte.
    Dann war da noch die Tatsache, dass dieser Kerl mit der Personenbeschreibung übereinstimmte, die ich von Burl hatte: mittelgroß, aber größer wirkend, weil er so dünn war, vielleicht knapp unter siebzig Kilo, muskulös; hellbraunes Haar, an den Seiten und im Nacken lang, oben war nicht mehr viel; blaugrünes Hawaiihemd, schwere Schnürschuhe, khakifarbene Hose.
    Also hatte ich da hinten in meiner Zelle aller Wahrscheinlichkeit nach einen von Millys Kidnappern (falls es das war, was sie waren) und einen Mörder (unter der Annahme, dass er seinen Partner erschossen hatte) kampfunfähig gemacht und verschnürt wie ein Rollbraten. War er eine Art Vollstrecker? Ein Killer? Oder nur ein Laufbursche? Ich musste unwillkürlich daran denken, wie es beim letzten Mal ausgegangen war, als wir einen ähnlichen Fall hatten. Ich war ins Büro gekommen, hatte June und Don bewusstlos auf dem Boden liegend angetroffen, und unser Gefangener war verschwunden. Die schmerzlichen Folgen waren noch lange zu spüren gewesen, mehrere Menschen hatten ihr Leben lassen müssen, darunter Val.

    Ich

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