Durch Himmel und Hoelle
auf Elysia, deren Wünsche rücksichtslos, als sentimentaler Unsinn übergangen wurden.
Elysia war untröstlich, als Agatha herzlos alle treuen Bedien- steten der Demarices entließ, von denen die meisten der Familie über dreißig Jahre lang gedient hatten.
»Sie müssen sich nach einer anderen Stellung umsehen. Ich kann sie nicht gebrauchen, und außerdem sind die meisten schon zu alt.
Die nützen mir nichts«, antwortete sie barsch auf Elysias Bitten, sie mit nach Graystone Manor zu nehmen.
Elysia versuchte, die Bediensteten zu beruhigen; versprach ih- nen, neue Arbeitsplätze für sie zu finden, sobald sie konnte. Aber sie bezweifelte, ob die ältesten Dienstboten noch neue Arbeitgeber finden würden - oder wollten. Sie waren bereit, sich zur Ruhe zu setzen - bei den Demarices hatten sie nur aus Liebe und Loyalität ausgeharrt.
In der Nacht vor der Abreise von Rose Arbor versuchte Bridget, ihre alte Kindermagd, sie unter Tränen zu trösten, während sie Elysias seidiges Haar bürstete, wie sie es jeden Abend getan hatte, seit Elysia ein kleines Mädchen war. »Passen Sie auf sich auf, Miss Elysia, und zerbrechen Sie sich nur nicht den Kopf meinetwegen. Wenn Sie mich brauchen - Sie wissen ja, wo ich mich aufhalten werde, und wenn auch das Haus meiner Nichte nicht sehr groß ist und weit weg in Wales, sind Sie immer willkommen. Warten Sie's ab, bald könnten wir wieder zusammen sein, meine Kleine, so wie früher, und eines Tages werde ich Ihre Babies Bäuerchen machen lassen, wie ich's mit Ihnen und Ian, Gott hab' ihn selig, gemacht habe.«
Elysia hatte gelächelt und ihr Recht gegeben, aber irgendwie hatte sie gewußt, daß nichts mehr je wieder so sein würde, wie es einmal gewesen war.
Die Tränen stiegen ihr immer noch in die Augen, wenn sie an Ariel dachte. Ihre Tante hatte ihn zum Verkaufen nach London ge- schickt, weil er dort einen höheren Preis erzielen würde als im Nor- den. Elysia hatte weinend gefleht, ihn behalten zu dürfen, aber Agatha setzte sich über ihre Bitten abfällig hinweg. Da, wo sie jetzt hinginge, hätte sie wenig Zeit zum Reiten und Spielen, sagte sie.
Elysias einziger Trost bestand darin, daß Gentle Jims nach Lon- don gegangen war, wo er sich eine neue Stellung suchen wollte und
sich persönlich um Ariel kümmern würde, bis er verkauft war. Sie wußte, daß Gentle Jims gut für Ariel sorgte, der, mit Ausnahme von ihr und Jims, niemand an sich ran ließ. Elysia hatte sich deswegen Sorgen gemacht - sie hatte gefürchtet, er wäre für jeden anderen wertlos. Sie konnte nur hoffen, daß, wer immer ihn erwerben würde, geduldig mit ihm umgehen und ihm die Chance geben würde, sich an einen neuen Herrn zu gewöhnen. Es war zuviel der Hoffnung, daß Jims bei ihm als Trainer bleiben könnte. Aber Elysia wußte, daß sie niemals aufhören würde, sich um Ariel Sorgen zu machen; noch würde sie ihn je vergessen können.
Graystone Manor war genauso düster und grau, wie der Name andeutete, dachte Elysia, als sie die runde Auffahrt zu dem schmucklosen Eingang hinauffuhren.
Das war vor zwei Jahren gewesen. Elysias Gedanken kehrten zu- rück in die Gegenwart, während sie dastand und das graue Haus an- starrte, das sich nie zu verändern schien.
Mit einem tiefen Seufzer schritt sie die Anhöhe hinauf, durch den Eichenhain, der stark und unbesiegbar Jahr für Jahr dem Regen und dem Wind trotzte und jedes Frühjahr noch stärker und wider- standsfähiger ergrünte. Wenn sie nur etwas von der Stärke und Aus- dauer der Eichen hätte, dachte sie mit wachsender Verzweiflung, als sie ums Haus ging. Elysia strebte zum Dienstboteneingang und stieß vorsichtig die schwere Holztür auf, um nicht auf sich aufmerk- sam zu machen. Sie stieg leise die Hintertreppe zum ersten Stock hinauf, dann durch eine schmale Tür zu einer anderen Treppe, die dahinter versteckt war und ohne Teppich zu den Dienstbotenzim- mern führte, wo sie einen Raum, der noch ein Stockwerk höher vor dem Zugang zum Speicher lag, bewohnte. Dort hatte Elysia ein Bett, einen alten Stuhl, der mit ausgebleichtem Chintz bezogen war, einen verschlissenen Teppich und eine kleine Kommode für ihre paar Habseligkeiten. Ihre armseligen Kleider hingen an einer Stange in der Ecke und schienen sie wegen ihres Aussehens zu schelten.
Elysia blickte voller Abscheu auf ihre Kleider. Sie hingen wie Lumpen an der Stange; die Ärmel an den Ellbogen immer wieder geflickt, die Säume und Manschetten ausgefranst und ausgebleicht. Es schmerzte sie,
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