Durchschaut - Das Geheimnis, kleine und große Luegen zu entlarven
sehr auf den Text fixiert, um die Worte noch mit den Händen zu untermalen oder freundlich und entspannt zu wirken. Häufig halten wir Menschen bei der ersten Begegnung für unfreundlich und arrogant - dabei waren es nur Unsicherheit und Nervosität, die sie so auftreten lieÃen. Wenn Ihr Gesprächspartner ohne ersichtlichen Grund auffällig steif und teilnahmslos wirkt, liegt ein starkes Indiz dafür vor, dass er nicht die Wahrheit sagt.
Fehlen von Manipulatoren
Ein besonderer Aspekt ist das Fehlen von »Manipulatoren«, wie Paul Ekman sie nannte. Damit sind Bewegungen gemeint, bei denen ein Körperteil ein anderes berührt, streichelt, kratzt, kneift oder reibt - etwa das Kratzen am Ohr, das Reiben des Unterarms oder Ellbogens.
Erstaunlich ist, dass genau diese Gesten von ungeschulten Beobachtern für die sichersten Anzeichen der Lüge gehalten werden. Man deutet sie als Verlegenheitsgesten, die der Nervosität des Lügners entspringen. Tatsächlich aber treten solche Bewegungen gleichermaÃen bei Entspannung wie bei Anspannung auf.
Trotzdem taugen Manipulatoren als Hinweis - nur genau andersherum: Weil Lügner wissen, dass die besonders schlauen Entlarver auf eben diese Gesten achten, unterdrücken sie sie bewusst. Verwendet Ihr Gesprächspartner plötzlich keinerlei Manipulatoren mehr - wenn er sich also überhaupt nicht mehr übers Gesicht fährt, am Arm kratzt oder über den Bart streicht -, können Sie beinahe sicher sein, dass er schwindelt. Natürlich ist es auch hier sinnvoll, das momentane Auftreten des Gesprächspartners mit seinem gewöhnlichen Verhalten, also mit der Baseline, zu vergleichen: Wenn Menschen, die sonst sehr agil sind, mit einem Mal steif und hölzern dasitzen und der vormals lebendige Gesichtsausdruck vor ihren Augen versteinert, geht es nicht mit rechten Dingen zu.
Behaviour Analysis Interview
Das Behaviour Analysis Interview (BAI), ein Verhörsystem aus speziellen Fragen, wird von der Firma John E. Reid & Associates gelehrt. Ihr Gründer, John E. Reid, war einer der Pioniere des Lügendetektors; er entwickelte ein Gerät, das zum Standard wurde: den Reid Polygraph . Insgesamt wurden schon über 300.000 Menschen - hauptsächlich Polizisten und Agenten - im Verfahren des Behaviour Analysis Interview geschult; kaum eine Methode ist so weit verbreitet.
Seit 1974 bringen Fred Inbau und John Reid einen Leitfaden für Verhöre heraus, der dem BAI zugrunde liegt: Criminal Interrogation and Confessions . Darin findet sich eine Reihe von Fragen (zum Beispiel: »Warum glauben Sie, werden Sie verhört?«), die allesamt ein Ziel verfolgen: Lügt der Befragte, soll er unruhig werden und sich dadurch verstärkt bewegen. Auf der Beobachtung dieser Bewegungen basiert die Entscheidung über die Glaubwürdigkeit des Verdächtigen.
Die wissenschaftliche Ãberprüfung der Methode durch das Forscherteam von Samantha Mann, Aldert Vrij und Ray Bull widerlegte die Wirksamkeit des Verfahrens samt und sonders. Das haarsträubende Ergebnis: Je intensiver man die Annahmen von BAI anwendet, desto schlechter entlarvt man Lügen - einzig die weiter oben beschriebene »Köderfrage«, die ebenfalls im BAI-Katalog enthalten ist, funktioniert.
Diese Erkenntnis zeigt zweierlei: Zum einen verlassen sich Ermittler immer noch auf völlig überholte Methoden - ein entscheidender Grund für ihr oftmals schlechtes Abschneiden. Zum anderen wird abermals deutlich, dass Lügner ihre Bewegungen eben nicht intensivieren, sondern eindeutig vermindern.
Kontrolle des Inhalts
»Er lügt wie ein Augenzeuge«, lautet ein russisches Sprichwort, das eine besonders schwierig zu entlarvende Lüge charakterisiert. Glücklicherweise trifft dieses Urteil auf die wenigsten Lügen zu.
Durch die Verhaltenskontrolle des Lügners wird in der Regel nicht nur seine Körpersprache hölzern; auch den Inhalten seiner Lüge fehlt es an Lebendigkeit (wenn man es nicht mit einer Betrügerin von Weltrang wie Thérèse Humbert zu tun hat). Denn eine Lügengeschichte hat sich nicht tatsächlich zugetragen - sie ist eine Erfindung, die der Lügner entwickeln und darstellen muss wie ein (meist schlecht) einstudiertes Theaterstück. Doch egal, wie ausgefeilt eine Inszenierung ist - auf der Bühne sieht es nie aus wie im richtigen Leben. Vor allem fehlen Details.
Das Fehlen bestimmter Details ist
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