Durchschaut - Das Geheimnis, kleine und große Luegen zu entlarven
einen längeren Reizentzug verordnet - wenn man sie also einer Umgebung aussetzt, in der es nichts zu sehen, nichts zu hören und auch sonst nichts gibt. Alleinsegler und Eremiten berichten regelmäÃig von derartigen Sinnestäuschungen. Eskimos
gehen nicht allein fischen, weil sie ohne Gesellschaft häufig auf die offene See hinaus paddeln.
Um Menschen jegliche Reize zu nehmen, entwarf John Lilly, Professor am National Institute of Health in Maryland, einen Tank, der mit Wasser oder Gelatine in Körpertemperatur gefüllt werden konnte. Die Versuchspersonen sollten lediglich mit einer Atemmaske bekleidet in diese lauwarme Masse eintauchen. Lilly unternahm einen Selbstversuch und begann schon nach zweieinhalb Stunden zu halluzinieren. An einem ähnlichen Projekt arbeitete der CIA-Wissenschaftler Lawrence E. Hinkle: Er berichtet von einem sogenannten »Hirnsyndrom«, das unter den folgenden Bedingungen auftrete: langes Stehen, geringe Sauerstoffzufuhr, Wasserentzug. Nach einer gewissen Zeit, in der der Verhörte »lediglich« Schmerzen spürt, nimmt seine Fähigkeit, komplexere Aufgaben zu lösen, rapide ab, bis er sich schlieÃlich extrem unsicher fühlt und an seiner eigenen Identität zweifelt.
Im KUBARK-Verhörhandbuch der CIA steht, dass »das Identitätsgefühl eines Menschen auf der Kontinuität seiner Umgebung, Gewohnheiten, Erscheinung ⦠etc. beruht. Die Inhaftierung erlaubt es dem Vernehmer, diese Verbindungen zu kappen und den Verhörten auf seine bloÃen inneren Ressourcen zurückzuwerfen.«
Diese Erkenntnisse werden durchaus in die Tat umgesetzt: Es ist bekannt, dass die CIA Al-Qaida-Verdächtigen in Afghanistan eine Kapuze überzog, ihnen jegliche Gespräche untersagte und sie äuÃerst grob behandelte. So beraubte man sie systematisch ihrer Orientierung und führte ihnen ihre grenzenlose Ohnmacht vor Augen. Die Häftlinge durften sich nicht bewegen, man schnitt ihnen mit Scheren die Kleider vom Leib. Britische Armee und CIA kleiden ihre Gefangenen regelmäÃig in übergroÃe Overalls, ohne ihnen einen Gürtel zu geben. Die Köpfe werden rasiert, persönliche Gegenstände wie Uhren und Eheringe eingesammelt.
Diese bewusste Desorientierung hat einen ähnlichen Effekt wie jedes angebliche Wahrheitsserum: Sie verwirrt den Verhörten restlos und führt zu intensiven Halluzinationen. Für die Wahrheitsfindung ist eine solche Strategie daher ohne jeden Nutzen.
In den USA müssen Geheimdienstdokumente (glücklicherweise!) nach einigen Jahren veröffentlicht werden, wodurch ersichtlich wurde, dass die CIA - wie auch andere Geheimdienste - psychologische Mechanismen oft völlig falsch anwendet. Trotz zahlreicher Think Tanks und hochbezahlter psychologischer Beratungsfirmen wie Mitchell, Jessen & Associates, verblüfft es immer wieder, wie dilettantisch und wirkungslos moderne »Verhöre« durchgeführt werden.
Fazit
Lügen führt zu gedanklicher Anstrengung, die sich ihrerseits in Stress bemerkbar macht. Anzeichen für Stress sind daher ein hervorragendes Indiz für die Lüge, das sich vor allem Verhörexperten zunutze machen.
Wann ist jemand gestresst? Sprachliche Anzeichen sind eine hohe Stimme, Verzögerungen, Wiederholungen und offensichtliche Denkpausen. Daneben treten körperliche Symptome auf, wie vermehrtes Blinzeln und individuelle Stressrituale.
Ist der Lügner nicht gestresst genug, kann man gezielt Druck aufbauen - im Idealfall wird er dann bald aufgeben, zumindest aber so starke Stresssignale zeigen, dass es ein Leichtes ist, ihn zu entlarven. Dazu fragt man den Verdächtigen immer weiter aus, um ihn mit Fragen zu konfrontieren, auf die er nicht vorbereitet ist, und springt währenddessen
zeitlich hin und her, um ihn aus dem Konzept zu bringen. Ist man schlieÃlich mit den Fragen am Ende, kann man auch durch Schweigen Druck aufbauen.
Eine offensivere Fragetechnik ist die Köderfrage, bei der dem vermeintlichen Lügner ein diffuses Wissen über die Tat vorgespielt wird. SchlieÃlich gibt es Strategien, die direkt auf ein Geständnis abzielen: Die Wahrheit wird als einzige Möglichkeit präsentiert, dem Stress ein Ende zu bereiten, vielleicht sogar als einzig akzeptable Alternative zum dreckigen, dunklen Pfad der Lüge - alternativ zeigt man Verständnis für das mutmaÃliche Vergehen, damit der Lügner gestehen kann, ohne das
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