E-Book statt Papierkonserve
Kabel und die Software (HTML, Protokolle und Browser) bildeten so die erste, primitive Variante der Gutenberg-Maschine.
Nach den ersten tapsigen Schritten der neuen Maschine, mit der man sein Wissen vervielfältigen konnte, interessierten sich auch andere staatliche Institutionen jenseits der Wissenschaft für das neue Medium – und stellten die Weichen für eine kommerzielle Nutzung. So drängte die EU-Kommission in den 1990er Jahren auf eine Liberalisierung der europäischen Märkte für Telekommunikation. Der damalige EU-Kommissar Martin Bangemann legte im „Bangemann-Bericht“ von 1994 dar, dass auf dem Weg in die Informationsgesellschaft ein Wettbewerb im Bereich der Telekommunikation notwendig sei. In Deutschland hatte dies (und ein finanzieller Bedarf, um die Netze in den fünf neuen Bundesländern ausbauen zu können) zur Folge, dass die Sparte Telekommunikation aus der staatlichen Bundespost ausgegliedert und zum 1. Januar 1995 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Zunächst war der Bund noch alleiniger Aktionär, aber das änderte sich im November 1996 mit dem vielbeachteten ersten Börsengang der Telekom AG. 1998 trat dann das neue Telekommunikationsgesetz in Kraft. Damit war das Monopol der Telekom auf Telefondienste in Deutschland passé. Die Nutzerinnen und Nutzer konnten zwischen den Tarifen unterschiedlicher Anbieter wählen, die Preise fielen – und die Zahl der Internetanschlüsse stieg. Ende 1999 nutzten laut Angaben einer Onlinestudie von ARD und ZDF bereits 11,2 Millionen Deutsche das neue Medium. Zum Vergleich: Im Juli 2011 waren gemäß der Langzeitstudie von ARD und ZDF über 51 Millionen Bundesbürger im Netz.
Dabei war das Web in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts für die meisten Nutzer noch eine recht einseitige Angelegenheit, die vor allem geschäftlichen Interessen diente. Diese Phase wird gemeinhin als Web 1.0 bezeichnet. Meist ging es nur darum, bestimmte Informationen über das World Wide Web abzurufen. Ende 2003 entstand dann das neue Schlagwort vom Web 2.0. Auch wenn es nicht mehr als ein Schlagwort war, so zeigt der Enthusiasmus, mit dem es aufgegriffen wurde, doch eines: Die Nutzer merkten, dass das Web sich veränderte. Neben die Informationen, die Firmen über das Web anboten, traten immer mehr Inhalte und Äußerungen, die von den Nutzern selbst ins Netz gestellt wurden. Wikipedia ist ein Beispiel dafür, Facebook ein anderes. Natürlich hatten schon unzählige Privatleute vor 2003 eine eigene Website. Darauf gab es dann Fotos und unheimlich spannende Beschreibungen ihrer Hobbys und Meinungen. Dafür mussten die Nutzer jedoch selber eigene Seiten anlegen und ihre Inhalte über einen FTP-Server hochladen. Diesen Aufwand konnten oder wollten nicht alle Webnutzer betreiben. Die neuen Dienste nahmen den Nutzern nun die Sorge um Software und Server ab. Sie stellten die entsprechende Infrastruktur bereit und der Nutzer konnte sich ausschließlich mit dem beschäftigen, was ihn am meisten umtrieb – Inhalte hochladen, seine Meinung abgeben, Produkte bewerten.
Als bisher letzter Schritt kam dann nicht das vielbeschworene Web 3.0, sondern das mobile Web. War bis vor wenigen Jahren das Web noch an den stationären Bildschirm oder unhandliche tragbare Geräte wie etwa den Laptop – Spitzname „Schlepptop“ – gebunden, so haben wir mit dem iPhone seit 2007 und dem iPad seit 2010 erste leichte und einfach zu bedienende Geräte, die das Web auch unterwegs verfügbar machen. Mittlerweile ist es schon selbstverständlich, Mails unterwegs durch ein kurzes Antippen des jeweiligen Menüpunktes oder der entsprechenden App in Sekundenschnelle abzurufen. Auch so merkwürdige Dinge wie kiloschwere Wörterbücher auf bedrucktem Papier oder Stadtpläne, die man nur bei Windstille entfalten kann, weil sie einem ansonsten um die Ohren fliegen, gehören der Vergangenheit an. Selbst der PC wirkt gegenüber den neuen Geräten recht betagt, benötigt er doch gefühlte Ewigkeiten, um hochzufahren. Und dann stürzt er irgendwann wahrscheinlich mal wieder ab. Sicherlich wird der Nutzerkomfort der mobilen Geräte auch zum Standard für die Tischgeräte werden – antippen und loslegen. Oder werden wir sie in zehn Jahren einfach per Sprache steuern?
War von den Urzeiten des Webs bis 2007 die Bedienung mit Tastatur und Maus noch ehernes Gesetz, so ist hier inzwischen durch die Touchscreens einiges in Bewegung geraten. Die Gutenberg-Maschine ist dank der mobilen Geräte komfortabler
Weitere Kostenlose Bücher