Edvard - Mein Leben, meine Geheimnisse
nicht so cool ist, ein Ferengi zu sein, haha!
»Ich gehe wie immer«, sage ich.
»Ich auch wie immer«, sagt Arthur und schläft ein.
Meine Frage, wer von den Promis kommt, damit wir die Fotos fürs Autogrammalbum ausdrucken können, beantwortet er schon gar nicht mehr.
Donnerstag, 22.9., 01:21 Uhr
Jasons Gedenkseite hat fast zweihundertfünfzigtausend Fans.
Ein ziemlich bekannter Blogger aus New York will herkommen und die Sache vor Ort untersuchen. Er bittet Jasons Familie, ihn zu begleiten.
Ein Journalist von einer überregionalen deutschen Zeitung hat einen Link zu einem Artikel gepostet, der offenbar gerade erst online gegangen ist und in der morgigen Ausgabe erscheinen wird.
In dem Artikel schreibt er:
»Ein enger Freund der Familie berichtet, dass das Krankenhaus bereit war, eine hohe Summe Schmerzensgeld zu zahlen, wenn Stillschweigen über den Vorfall gewahrt wird. Noch sind allerdings keine Gelder geflossen, weil sich die Familie das Recht, die Ärzte wegen eines Kunstfehlers zu verklagen, vorbehalten will.«
Ein enger Freund der Familie? Hallo? Wer soll das denn sein?
Der nächste Post ist wieder ein Link. Eine Bloggerin schreibt, sie hätte sich mit der Krankenschwester unterhalten, die Jason in seinen letzten schweren Stunden begleitet hat. Diese Krankenschwester will keine Namen nennen und bleibt auch selbst anonym, aber sie bestätigt, dass Jasons Tod die Folge einer katastrophalen Fehldiagnose war. Weiter berichtet sie von den unhaltbaren Zuständen im Krankenhaus.
Krankenschwester? Drehen jetzt alle durch?
Constanze hat nun beschlossen, tatsächlich eine Stiftung in Jasons Namen zu gründen und damit die Familien zu unterstützen, deren Kinder durch medizinische Kunstfehler ums Leben gekommen sind oder darunterleiden. Der Eintrag hat über dreitausend Kommentare, und alle dreitausend scheinen von der Idee total begeistert zu sein.
Donnerstag, 22.9., 19:33 Uhr
Konnte Tannenbaum überreden, am Wochenende eine Party steigen zu lassen, zu der die gesamte Nachbarschaft eingeladen ist. Und meine Klasse. Und von mir aus auch die Oberstufe. (Das war Rattes Idee, der mit seinen beiden Kumpels immer noch hier rumhängt. Aber wenigstens gehen sie wieder in die Schule, sodass ich mit Tannenbaum allein bin und in Ruhe Chemie und Mathe und Bio und Physik pauken kann. Und ich kriege natürlich immer noch jeden Tag eine Extrastunde Astrophysik.
Constanze kommt hoffentlich auch zur Party.
Freitag, 23.9., 14:53 Uhr
Gestern Nacht noch mit Mama Einladungen entworfen und ausgedruckt. Habe sie in der gesamten Nachbarschaft verteilt. Arthur, Piesel und Ratte haben den Rest mitgenommen und in der Schule verteilt.
Henk hat auf seine Pinnwand geschrieben, dass es ja wohl total uncool ist, einem alten Sack zu helfen, dass er nicht ausziehen muss. Er fragt, was so schlimm dran sein soll, mal eben umzuziehen. Ihm geht die Sache sonst wo vorbei.
Constanze hat »Gefällt mir« geklickt.
Warum stößt sie mir nicht gleich ein Messer in den Rücken?
Freitag, 23.9., 17:06 Uhr
Meine Eltern zoffen sich:
Papa so: »Eine anständige Party braucht Musik!«
Mama: »Prima Idee.«
Papa: »Deshalb dachte ich mir, ich könnte ein kleines Kammerorchester zusammenstellen. Oder einfach nur Gesang, und ich begleite auf dem Flügel.«
Mama so: »Tannenbaum hat keinen Flügel. Wir haben einen Flügel.«
Papa: »Wir könnten die Party ausweiten. Wenn richtig viele Leute kommen, ist bei Tannenbaum sowieso nicht genug Platz.«
Mama: »Hör mir auf mit Kammermusik! Das passt doch überhaupt nicht zu einer Party! «
Und Papa: »Na ja, ich würde auch gerne etwas Sinnvolles beisteuern, und da dachte ich, wenn wir das Niveau der Party kulturell heben, dann fällt es den Leuten bestimmt leichter, mit der Sache zu sympathisieren …«
Mama brüllt ihn an: »Niveau? Kultur? Soll ich jetzt vielleicht noch ein paar Bilder aus der Galerie holen und aufhängen und eine Ausstellung draus machen? Das da drüben ist eine Hausbesetzung, und ich sag dir was, wenn da jemand für Musik sorgt, dann bin ich das. Edvard, hast du meine Rage Against the Machine- CD s gesehen?«
Ich so: »Äh, Mama, willst du da jetzt DJane machen oder wie?« Mann, ist das peinlich.
Und Mama: »Oh ja.« Und dann stapft sie aus dem Wohnzimmer. Wir hören sie türenschlagend durchs Haus trampeln.
»Sie sucht unsere alten CD s«, sagt Papa. »Die, für die du dich nie interessiert hast. Warum interessierst du dich eigentlich nicht für Musik?«
Ich zucke die
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