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Ehrenhüter

Ehrenhüter

Titel: Ehrenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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kannten. Dahabe ich erfahren, dass sie sich häufiger mit Jungs rumgetrieben hat. Sie hat unsere Ehre in den Dreck gezogen!»
    Steenhoff unterdrückte seinen aufkommenden Ärger: «Was wolltest du mit den Schülern auf deiner Liste machen?»
    «Sie zur Rechenschaft ziehen, sie verprügeln, ihnen Angst einjagen   … Was weiß ich.» Er sah Steenhoff trotzig an.
    «So wie du Nilgün am Montag zur Rechenschaft gezogen hast?»
    Osman erstarrte. Mit zusammengekniffenen Augen taxierte er Steenhoff. Dann ging er drohend auf ihn zu und blieb direkt vor ihm stehen. Nur wenige Zentimeter trennten ihre Gesichter.
    Steenhoff sah, wie Osmans Nasenflügel bebten. Er stand unter einem ungeheuren Druck.
    «Ich habe damit nichts zu tun!», sagte er mit gepresster Stimme und kam noch ein Stückchen näher.
    Steenhoff sah aus dem Augenwinkel, dass Wessel kurz davor war einzugreifen. Er machte ihm mit der Hand ein Zeichen, stehen zu bleiben. Osman versuchte ihn mit seinen Blicken zu durchbohren, aber Steenhoff wich nicht einen Zentimeter zurück.
    «Du gehörst zu den Tatverdächtigen, Osman. Genauso wie dein Vater und dein älterer Bruder. Und wenn du irgendetwas damit zu tun hast, dann werden wir es herausfinden.»
    Osman schnaubte wütend auf.
    «Und damit wir uns richtig verstehen», fuhr Steenhoff mit schneidender Stimme fort. «Du wirst die Jungen auf deiner Liste in Ruhe lassen. Wenn einem von ihnen in nächster Zeit auch nur ein Haar gekrümmt wird, stehen wir im nächsten Moment vor eurer Tür und nehmen dich mit!Dann wirst du die nächsten Monate im Knast verbringen und kannst deine Ausbildung vergessen. Verstanden?»
    Osman wirkte wie versteinert.
    «Ich will wissen, ob du mich verstanden hast?»
    Der Junge zuckte zusammen. «Ja», murmelte er widerstrebend.
    «Ich habe nichts gehört.»
    Osman atmete tief aus. «Ja! Ich habe Sie verstanden.»
    «Gut», erwiderte Steenhoff eine Spur freundlicher. Dann leitete er das Gespräch auf den Montagabend über, an dem Nilgün verschwand. Einen Moment lang überlegte er, Osmans Mutter zu bitten, hinauszugehen, entschied sich jedoch dagegen.
    Sie setzten sich, und Steenhoff begann mit der erneuten Befragung.
    «Ich habe Ihren Kollegen doch schon alles erzählt», protestierte Osman.
    «Dann erzählst du es mir eben nochmal», sagte Steenhoff ruhig. «Also, wann habt ihr angefangen, nach ihr zu suchen?»
    Wessel machte sich Notizen, während Osman stockend anfing zu reden. Er hatte mehrere von Nilgüns Freundinnen angerufen, während Murat zwei Jugendtreffs in Walle und Gröpelingen nach seiner Schwester absuchte. Sein Vater kontaktierte eine Tante, die Nilgün sehr mochte, und erkundigte sich beiläufig nach Nilgün. Dann trafen sich Osman, Murat und ihr Vater und suchten die Grünanlagen nach dem Mädchen ab.
    «Warum ausgerechnet dort?», fragte Steenhoff.
    «Es gibt dort Plätze, wo sich Mädchen mit Jungs treffen», erwiderte Osman abfällig.
    Gegen 22   Uhr war er gemeinsam mit Murat nachSchwachhausen gefahren und ziellos durch die Straßen um ihre Schule gelaufen. Erst nachts waren sie wieder zu Hause.
    Steenhoff warf Wessel einen raschen Blick zu. Wessel schien keine Widersprüche zur ersten Aussage bemerkt zu haben. Akribisch ließ er sich die Straßen nennen, in denen Osman nach seiner Schwester gesucht haben wollte. Zum besseren Verständnis holte er einen Stadtplan aus der Tasche und zeichnete die beschriebenen Wege ein. Mit einem roten Stift notierte er daneben die ungefähre Uhrzeit.
    «Was hättest du mit Nilgün gemacht, wenn du sie zusammen mit ihrem Freund gefunden hättest?», fragte Wessel plötzlich.
    Osman atmete tief aus, und Besma Cetin, die den Männern gerade einen Tee einschenken wollte, erstarrte in ihrer Bewegung. «Wenn ich sage, dass ich mit ihr geschimpft hätte, würden Sie mir das wohl kaum glauben, oder?» Ein maliziöses Lächeln spielte für Sekundenbruchteile um seinen Mund.
    «Ist es ein Verbrechen, wenn eine junge Frau vor der Ehe mit ihrem Freund ins Bett geht?», fragte Steenhoff provozierend.
    Die Verachtung, die ihm daraufhin von Osman entgegenschlug, war mit Händen zu greifen. Seine Augen blitzten zornig: «Ihr Deutschen seid anders. Unsere Frauen machen so etwas nicht!»
     
    Eine halbe Stunde später stiegen Steenhoff und Wessel die Stufen zum Gemüseladen von Kemal Cetin hinunter. Das kleine Geschäft war im Souterrain eines mehrstöckigen Hauses untergebracht. Jeder Quadratzentimeter war vollgestellt. In dem kleinen Raum roch es nach

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