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Ehrenhüter

Ehrenhüter

Titel: Ehrenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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eine prall gefüllte Brieftasche bei sich trug. Mit der deutschen Polizei hatte er wenig Erfahrung. Aber er war überzeugt, dass er nur Gelassenheit demonstrieren musste, um die Situation wieder zu entschärfen.
    «Können wir uns nicht ins Wohnzimmer setzen, und Sie erklären mir in Ruhe, was ich verbrochen haben soll», sagte Jorges und rang sich ein Lächeln ab. Doch sein Versuch blieb ohne Resonanz.
    Der Beamte schob Jorges durch die Wohnung und stieß ihn aufs Sofa. Jorges trug nur ein dünnes T-Shirt und eine Unterhose. Er wusste, dass seine Scham angesichts der Situation völlig unerheblich war, aber wenn sie ihn schon verhören wollten, dann sollten sie ihm gefälligst erlauben, eine lange Hose aus dem Schlafzimmer zu holen.
    «Ich möchte mir etwas überziehen.»
    «Wo waren Sie gestern Nacht, Herr Jorges?»
    Er hatte sich vorgenommen, auf nichts zu antworten, bevordiese unwürdige Situation nicht beendet war. Aber die Frage des Beamten hatte ihn überrascht.
    «Ich bin Taxi gefahren.»
    «Die ganze Nacht?»
    «Ja. Aber ich möchte mir etwas überziehen.»
    «Auch in Huchting?»
    «Ich möchte mir etwas   …» Plötzlich dämmerte es ihm, warum die beiden Polizisten nach seiner Nachtschicht plötzlich bei ihm auftauchten. «Sind Sie etwa wegen dieser bescheuerten Frau hier?»
    «Wen meinen Sie mit
bescheuerter Frau
, Herr Jorges?» Der Mann, der ihm die Handschellen angelegt hatte, sah ihn lauernd an.
    Aber jetzt war es ihm egal. Diese verdammte Frau hatte ihn nicht nur betrogen, sondern ihm auch noch die Polizei auf den Hals gehetzt.
    «Wen ich meine? Na, die Frau, die sich von mir erst durch halb Bremen kutschieren lässt und mich dann mit einer 5 0-Euro -Rechnung am Sodenmattsee hängenlassen will.»
    «Da waren Sie sauer.»
    «Klar war ich sauer.» Was sollte dieser ironische Unterton? Jorges fing an, diese selbstgefälligen Typen zu hassen. «Jetzt machen Sie mich endlich wieder los. Ich weiß überhaupt nicht, was Sie von mir wollen.»
    «Und weil die Frau nicht zahlen konnte, wollten Sie sich anders entschädigen lassen. Habe ich recht?»
    Bevor Jorges antworten konnte, mischte sich der zweite Mann ein und belehrte ihn über seine Rechte.
    «Ich verstehe nicht. Was meinen Sie?» Der Kloß im Hals wurde dicker.
    «Sie sind ihr an die Wäsche gegangen und wollten sievergewaltigen. In einem Frauen-Nacht-Taxi. Ausgerechnet! Aber die Frau hat sich gewehrt. Und da haben Sie eben eine härtere Gangart angelegt. Manche Frauen sollen das ja mögen. Nicht wahr, Herr Jorges, das haben Sie doch gedacht? Vielleicht mag sie das ja auch!»
    Jorges sah von einem zum anderen. Er wusste, er musste überzeugend wirken. Sein Blick durfte nicht flackern. Ganz ruhig und vernünftig musste er sprechen. Nur sich jetzt nicht verhaspeln.
    «Ich bin hinter der Frau hergerannt, weil ich mein Geld haben wollte . 50   Euro ! Dafür sitze ich manchmal stundenlang im Taxi, und die haut einfach ab.» Er machte eine Pause. Vergeblich suchte Jorges nach einer Spur von Verständnis in den Gesichtern der beiden Polizisten. Ihre Blicke schienen ihn zu durchbohren.
    «Die Frau war schnell, aber nach zwei-, dreihundert Metern habe ich sie packen können. Wir sind beide gestürzt. Wenn Sie mir endlich die Handschellen abnehmen würden, dann kann ich Ihnen zeigen, wie ich die Frau festgehalten habe.»
    Der Mann, der direkt vor ihm stand, zögerte, dann nickte er seinem Kollegen zu. Sekunden später hörte Jorges ein leises Klicken hinter seinem Rücken. Er rieb sich die schmerzenden Handgelenke. Zumindest war er wieder frei. Sie reagierten also doch. Er musste nur vernünftig mit ihnen sprechen, dann würde sich alles klären.
    «Dürfte ich mir kurz etwas überziehen?»
    «Nein.» Die Antwort ließ keinen Spielraum. Der schneidende Ton zerschnitt alle Hoffnungen, dass er die Männer überzeugen konnte.
    «Ich habe die Frau nicht vergewaltigt. Ich wollte mein Geld, sonst nichts.» Seine Stimme vibrierte. Jorges wollteaufspringen, aber er zwang sich mit aller Kraft, sitzen zu bleiben. Er sah es den Männern an. Sie hatten längst ihr Urteil über ihn gefällt. Panik stieg in ihm hoch. «Ich habe der Frau nichts getan. Das müssen Sie mir glauben. Ich   …»
    Er stockte. Was für eine jämmerliche Vorstellung! Warum sollten Polizisten so einem wie ihm glauben? Nur weil er sie anflehte? Verzweifelt suchte Jorges in seinen Erinnerungen nach irgendetwas, womit er die beiden Beamten überzeugen könnte.
    «Ich habe bei dem Gerangel ein

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