Ehrenhüter
einzutragen, befand sich Kemal Cetin in seinem Gemüseladen. Er war aufgeregt und scheint sich an der Uhr orientiert zu haben.»
«Trägt er keine Armbanduhr?»
«Der Kollege hat auch danach gefragt. Murat sagte aus, dass sein Vater noch nie eine Armbanduhr getragen hat, dafür aber in der Regel ein gutes Zeitgefühl besitzt.»
«Wenn sich Nilgüns geheimnisvoller Liebhaber nicht doch noch meldet, stecken wir also fest.»
«Sieht ganz so aus.»
Steenhoff atmete schwer aus. «Und deswegen fangen wir nochmal von vorn an. Dort, wo Nilgün das letzte Mal lebend gesehen wurde, am Montagnachmittag bei den Rodewaldts.»
«Was ist mit ihrer SMS an Roman am Montagabend?»
Steenhoff schüttelte den Kopf. «Wir wissen nicht, ob Nilgün die Nachricht verschickt hat. Wir wissen nur, dass sie von ihrem Handy versandt wurde. Die Auswertung der Verbindungsdaten hat ergeben, dass sie sich zu dem Zeitpunkt noch immer in Schwachhausen aufgehalten hat. Aufgrund der Funkzellenortung wissen wir, dass sich Romans Elternhaus in dem Radius befindet. Also müssen wir den Faden am Nachmittag wieder aufnehmen. Dort, wo sie noch lebend gesehen wurde. Aber vorher fahren wir zu den Cetins.»
Doch in der Wohnung in der Schifftstraße war niemand zu Hause. Auch der Gemüseladen in Gröpelingen war verschlossen.
Steenhoff wählte nacheinander die Handynummer von Kemal und Osman Cetin. Niemand ging ran.
Petersen hatte sich unterdessen in der benachbarten Schneiderei nach den Cetins erkundigt.
«Der Schneider hat beobachtet, dass Murat und Kemal Cetin heute Nachmittag plötzlich alles Obst und Gemüse reingetragen und ihr Geschäft abgeschlossen haben. Üblicherweise haben sie bis 20 Uhr geöffnet.»
«Da stimmt etwas nicht», erwiderte Steenhoff. «Wir müssen so schnell wie möglich wissen, was die drei heute am Telefon besprochen haben. Notfalls sollen die Kollegen noch einen weiteren Übersetzer engagieren. Ich werde das mobile Einsatzkommando bitten, die Wohnung der Cetins zu überwachen. Vor allem möchte ich wissen, wo Saliha steckt. Wenn die bis heute Abend nicht wiederauftauchen, müssen wir entscheiden, ob wir sie als Zeugen in der EDV ausschreiben. Wenn wir Glück haben, laufen sie einem unserer Kollegen irgendwo in die Arme.»
Während Steenhoff sie zurück ins Präsidium fuhr, telefonierte Petersen und versuchte die notwendigen Dinge bereits von unterwegs aus zu organisieren.
Anschließend setzten sie sich in ihrem kleinen Büro zusammen und begannen, den Montagnachmittag, an dem Nilgün verschwand, erneut zu rekonstruieren.
Petersen nannte die Fakten und Uhrzeiten, ergänzt durch die Behauptungen und Angaben aller Beteiligten. Inzwischen hatten sie auch die Bestätigung aus dem Labor bekommen, dass Roman Rodewaldt tatsächlich der Vater des ungeborenen Kindes war. Stichwortartig notierte Steenhoff die Daten auf einer Flip-Chart.
Nach gut einer Stunde waren sie bei Montagabend angekommen. Steenhoff hatte bereits mehr als vier Seiten gefüllt.
«Cornelia Rodewaldt sagt aus, dass Roman gegen 23 Uhr nach Hause kam und sich besorgt nach ihr erkundigte», referierte Petersen. «Sie hat nichts Verdächtiges an ihm bemerkt. Er hat ihr, so sagt sie, angeboten, stärkere Schmerztabletten gegen ihre Zahnschmerzen bei einer Nachtapotheke zu besorgen. Cornelia Rodewaldt –»
«Stopp!», unterbrach Steenhoff sie unvermittelt.
«Was ist?»
«Wieso kümmert sich Roman um Cornelia Rodewaldt und nicht ihr Mann Klaus?»
Petersen stutzte. Sie dachte angestrengt nach. «Zumal Klaus Rodewaldt behauptet, dass er an dem Abend genug mit seiner schmerzgeplagten Frau zu tun hatte, sodass er vergaß, Roman zu erzählen, dass Nilgün nachmittags auf ihn gewartet hatte.»
«Die Eltern geben sich aber gegenseitig ein Alibi für den Abend.»
«Wobei Cornelia Rodewaldt erwähnte, dass sie sich am frühen Abend hinlegte, weil sie zu den Schmerzen auch noch Kreislaufprobleme bekam.»
«Der Zahnarzt hat doch den Termin bestätigt?», fragte Steenhoff angespannt.
«Ja. Frau Rodewaldt hatte eine komplizierte Wurzelbehandlung an dem Tag.»
Steenhoff strich ihren Namen durch. «Die Frau können wir abhaken.»
«Roman auch», sagte Petersen bestimmt. «Seine Freunde vom Basketball haben ausgesagt, dass er bis spätabends mit ihnen in der Kneipe saß. Wenn wir davon ausgehen, dass Nilgün ihrem Mörder bereits am Montagnachmittag oder Montagabend begegnet ist …»
«Wofür vieles spricht, weil Nilgün Dienstagmorgen nichtmehr
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