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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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ganz einfach, man müsse nur den Wunsch positiv formulieren, ihn ins Ungewisse hinausschicken und vertrauen, dass für die Erfüllung gesorgt würde.
    »Glaub mir, es funktioniert. Und wie«, sagte Julia. Es klang träumerisch. Wahrscheinlich massierte das Karöttchen ihr gerade den Rücken.
    »Lasst euch nicht stören, bin gleich wieder da«, nuschelte ich, legte das Handy auf das Fensterbrett, holte einen neuen Piccolo aus der Kühltasche. Auf dem Rückweg lief ich einen kleinen, taumelnden Bogen und brachte einen Berg Handtücher zu einem immerhin lautlosen Fall.
    »Geradeaus, Baby, mach keine Faxen«, hätte Bruce gesagt. Aber mit Bruce hatte ich es mir ja auch verdorben.
    Ich stellte die Flasche auf das Fensterbrett, hielt das Telefon wieder ans Ohr.
    »Julia?«
    »Ja?«
    »Und wenn ich … wenn ich’s jetzt versuche?«
    »Bist du betrunken?«
    »Und wennschon … Dem Universum macht’s bestimmt nichts aus.«
    Ich schaute in den Nachthimmel. Die Sterne waren nicht nur näher als bei uns in Köln, sie schienen auch zahlreicher zu sein, und sie kreisten. Schnell klammerte ich mich mit der freien Hand am Fenstergriff fest. Mein Bademantel rutschte von den Schultern, gab dem Universum den Blick auf meine Brüste frei, eingezwängt in etwas zu enge C-Körbchen. Ich ließ den Bademantel zu Boden gleiten, rief den kreisenden Sternen über dem See meinen Wunsch entgegen, den Wunsch nach einem Mann, der intelligent und sexy, humorvoll und ernsthaft, stark und sanft zugleich war. Julia feuerte mich an. Was das Karöttchen tat, wusste ich nicht, aber es war auch egal, ich schickte mein glühendes Gebet nach draußen, stolperte dabei über meine Worte, bis Julia am anderen Ende kicherte. Ich musste auch lachen und breitete meine Arme aus.
    »Mister Universum, komm!«, rief ich laut, damit Julia über das Telefon an meinem ausgestreckten Arm alles mitbekam. »Hier ist eine Frau, die nicht mehr warten … o nein. O Shit.«
    »Gina?«
    Das Handy fiel zu Boden, als ich mich blitzschnell duckte. Vertieft in mein betrunkenes Gebet hatte ich seine Schritte nicht gehört, ihn nur plötzlich um die Ecke biegen sehen, den Mann von vorhin, der seine Freundin hoam gebracht hatte. Er musste mich gesehen haben. Und vor allem gehört. Geduckt, mit glühendem Gesicht, saß ich auf dem Dielenboden. Aus dem Telefon Julias ängstliche Stimme. Seine Schritte auf dem Weg. Das Plätschern. Und noch ein Geräusch. Etwas wie ein Prusten, ein unterdrücktes, hilfloses Lachen, das sich mit den Schritten entfernte.

2.
    E in neuer Tag. Ein sanft geröteter Himmel, der nichts von den Sehnsüchten des Vorabends wusste. Und nichts von den Sünden.
    Mein Kopf schien von innen mit etwas Pelzigem ausgeschlagen zu sein, und etwas Dumpfes, Bohrendes, das ein schrecklicher Kater zu werden versprach, kroch meinen Rücken hoch. Ich hatte von kreisenden Sternen geträumt. Von Augen, die mich anstarrten, und von exotisch klingenden, langgezogenen Urwaldlauten. Als ich den Bademantel auf dem Boden liegen sah, daneben das Telefon, dämmerte mir unter all dem Pelzigen, dass zumindest die kreisenden Sterne Teil der Wirklichkeit gewesen waren. Und ein Blick auf die Wäscheberge machte mir klar, dass auch einiges andere tatsächlich existierte, das ich lieber geträumt hätte.
    Ich nahm zwei Aspirin, zog meine Runner-Shorts und das Lauf-Shirt an. Das Shirt war ärmellos und mit grünen Limonen bedruckt. Auch am mit Extrastoff verstärkten Busen. Julia hatte sich das gleiche T-Shirt gekauft. Vorher hatte ich nie über Limonen nachgedacht. Erst vor dem Spiegel im Sportgeschäft war mir bewusst geworden, dass Limonen ganz verschiedene Größen annehmen konnten. Im Gegensatz zu Julias sahen meine aus wie getarnte Grapefruits, aber Julia hatte mich überredet, das T-Shirt trotzdem zu kaufen. Und mir versprochen, dass wir nie gemeinsam joggen gehen würden.
    Ich lief sowieso nur dann, wenn ich mich bestrafen wollte. Entschlossen stöpselte ich die Kopfhörer ins Handy, jagte »Get the party started« von Pink in mein verpelztes Kopfinneres und trabte los. Inzwischen hatte der Himmel seine schamhafte Röte verloren und strahlte blau. Türkis schimmerte der See zwischen Birken hervor. Der frühe Morgen war schon immer meine liebste Tageszeit gewesen. Ich genoss die ruhigen Stunden im Büro, bevor die Telefone anfingen zu klingeln. In aller Ruhe spülte ich Christianes Rotweinglas vom Vorabend, machte mir einen Latte macchiato mit unserer neuen Maschine, die fast alles

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