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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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lieber.
    »Ich hab Therese gesagt, sie soll einen anständigen Zaun aufstellen, wenn sie schon so einen Blödsinn veranstaltet.«
    Kopfschüttelnd wies er mit dem Kinn auf eine Hütte am äußersten Rand der Wiese, ein freistehender Stall vielleicht. www.muße-mit-muh.de, entzifferte ich mit Mühe. Die Farbe war am Rand des e verlaufen und wirkte frisch.
    »Sie geht davon aus, dass sich gestresste Großstädter entspannen, wenn sie Regula sehen. Da hat sie sich wohl getäuscht. Laufens lieber zurück zum Dorf, und dann den geteerten Weg, da treffens garantiert keine Kühe. Komm Floh. Sei stad, Regi.«
    Er klopfte der Kuh – es war eine Kuh, jetzt sah ich ein etwas schlappes, rosafarbenes Euter – auf ihr Hinterteil und wandte sich ab. Als ich mich aufgerappelt hatte, war er schon wieder auf dem Weg. Regula hatte sich umgedreht, glotzte ihm ebenso entgeistert nach wie ich, klimperte mit ihren langen Wimpern. Einen Moment überlegte ich, ob ich ihm nachrufen sollte, dass ich ein traumatisches Kuh-Erlebnis in meiner Kindheit gehabt hätte und mich deshalb so anstellte. Aber was kümmerte es mich, was er von mir hielt. Außerdem stimmte es nicht. Ich hatte lediglich ein traumatisches Balletterlebnis gehabt. Und ein traumatisches Zungenkuss-Erlebnis im Alter von dreizehn. Zwei Zahnspangen, ein Piercing. Und jetzt ein Beinahe-Zungenkuss-Erlebnis mit einem Hund, halb Golden Retriever, halb Kaukasischer Owtscharka.
    Ich klaubte einige seiner Haare aus meinem Gesicht. Regula sah mir dabei zu, mit einem nachdenklichen Ausdruck in den Kuhaugen. Vielleicht überlegte sie, ob es sich lohnte, mich doch ein wenig mit ihren Hörnern zu piesacken. Schon senkte sie den Kopf; und ich fuhr auf, sprang mit einem sportlichen, beinahe tänzerischen Satz über den Zaun und trabte zurück Richtung See.

    Nachdem ich kalt geduscht hatte, beschloss ich, mich mit frischen Brötchen zu belohnen. So wie ich es auch in Köln tat, nach einer besonders schwierigen Vertragsverhandlung oder nachdem ich eine To-do-Liste abgearbeitet hatte. Was in Köln allerdings nicht ohne unfreiwillige Abenteuer möglich war. Zwischen unserem Büro und dem Bäcker lagen vier Fahrspuren, mit Fahrradwegen, Straßenbahnschienen und Bushaltestellen. Falls ich mich nicht schon am Bordstein vor rücksichtslos vorbeibretternden Bussen oder mordbereiten Autofahrern auf Parkplatzsuche retten musste, gab es die Option, von rasenden Müttern auf Kindersitz-Fahrrädern umgemäht, von Geländewagenstoßstangen aufgespießt oder auf der anderen Straßenseite von telefonierenden lebenden Geschossen im Anzug gerammt zu werden. Killertaubenschwärme, kackende Hunde mit Herrchen und torkelnde Spätheimkehrer aus der Kneipe stellten leichter zu bewältigende Hindernisse dar, bevor die Verkäuferin endlich »Zimtschnecken sinn aus. Hammse kein Kleinjeld?« blaffte und die Tüte auf die Theke knallte.
    Im Vergleich damit, musste ich zugeben, war es angenehm, durch leere Straßen zu schlendern, in stiller Vorfreude auf Semmeln und einen Coffee to go. Der einzige Nachteil war, dass es anscheinend weit und breit keinen Bäcker gab. Auch sonst gab es nicht viel. Thereses Café war geschlossen, ebenso der Edeka am Ende der Straße. Der Laden war winzig, durchs Schaufenster sah ich ein Regal, erstaunlich gut bestückt mit den verschiedensten Bierflaschen, die beide oberen Reihen einnahmen. Darunter stand Olivenöl, in trauter Eintracht mit Seifenstücken, Wurst in Dosen und Windeln. Ein Schild neben dem Eingang informierte über die Öffnungszeiten: Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag von 9.30 bis 12.30 und von 15.00 bis 18.00 Uhr. Mittwoch und Samstagnachmittag geschlossen. Es war kurz vor halb neun. Eine Weile blieb ich beinahe andächtig vor dem Schild stehen und dachte darüber nach, was man mit einer zweieinhalbstündigen Mittagspause anfing. Vor allem hier. Hinter dem Edeka kam nichts mehr. Nur noch Kamillenblüten am Straßenrand, nickend im leisen Wind, und ein Ortsschild. Langsam schlenderte ich zurück, nahm die einzige Parallelstraße, die der Ort aufzuweisen hatte, am See entlang. Immerhin war die Luft frisch, beinahe süß sogar, die Bäume rauschten sanft. Es war das Klügste, alles positiv zu sehen, wenn ich schon einmal hier sein musste. Ich hatte bewusst noch nie den Wunsch verspürt, von Stadtlärm und Abgasen wegzukommen, aber vielleicht war ich ja innerlich längst zerfressen vom Stress und von der Anonymität der Großstadt. Hier schienen selbst die Insekten

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