Eifel-Blues
und sah mich nicht an. »Also war es wohl dieser Studienrat Doktor Messner.«
Ich sagte nichts und wollte den Kopf zur Seite drehen. Das ging nicht, das tat zu weh.
»War es dieser Messner?« fragte Elsa. Sie zündete sich eine Zigarette an. »Antworte doch, Baumeister. Ich kriege es sowieso raus.«
Irgendwo an Naumann piepste es schrill und heftig. »Das Funkgerät im Wagen«, sagte er und ging rasch hinaus.
»Der Chef hat dich auf eine schlimme Geschichte geschickt, nicht wahr?«
»Ja, aber er hat es nicht wissen können. Wie fühlst du dich in der Eifel?«
»Ganz gut, aber lenk nicht ab. Was ist das für eine Geschichte? Oder ist es eine Männergeschichte, und ich als Frau habe nichts darin zu suchen? Ihr Männer seid schon erschreckend.«
»Du bist ein Suppenhuhn«, sagte ich. »Die Tatsache, daß du hier bist, reicht völlig aus, um dich in die Geschichte zu bringen. Sie werden gerade eine Akte über dich anlegen.«
»Wer, sie?«
»Ich erzähle es dir später.«
Sie murmelte: »Ich erinnere mich an einen Vers.«
»Wie geht der?«
»Du hast eben so dahingesagt, ich sei ein Suppenhuhn. Der Vers geht so: Ein Suppenhuhn, ein Suppenhuhn, das soll man in die Suppe tun.«
»Es tut mir leid.«
Naumann kam zurück und sagte: »Da kommt ein Baby. Hausgeburten sind wieder in Mode. Jetzt passen Sie auf: Ich habe genügend Chemie in Sie reingepumpt, Sie werden schlafen. Ich komme wieder.« Er wandte sich an Elsa. »Wenn irgend etwas komisch ist, rufen Sie die Praxis an, meine Frau ist am Funkgerät und kann mich erreichen.«
Alfred kam die Treppe herauf, stand in der Tür und hatte eine Plastiktasche voll Apothekenkram dabei. Er war sehr unsicher: »Ich hab's dir gesagt, Junge. Ich habe gesagt, du landest im Krankenhaus. Die Dame da hat gesagt, sie wäre deine Freundin. Ich habe gedacht, ich glaube es.«
»Raus hier«, sagte der Arzt. »Er soll schlafen. Falls er verrückt spielt, binden Sie ihn fest.«
»Moment, Moment«, sagte Alfred, und da war nichts mehr vom Clown. »Kann ich was für dich tun?«
»Nur eine Frage«, sagte ich. »Hast du heute nacht irgendwen gesehen oder was gehört?«
»Da war ein Jeep im Dorf. Zweimal. Ich habe dir doch gesagt, daß die alles wasserdicht machen.«
»Raus jetzt hier«, sagte Naumann energisch.
Sie schlössen die Tür hinter sich, und sie mußten mich nicht festbinden, ich schlief sofort ein.
Später konnte ich die Augen nicht öffnen und jammerte. »Deine Augen schleimen sehr stark«, murmelte Elsa und wischte sie mit einem Lappen aus. Das beruhigte mich, und ich fiel in einen Halbschlaf.
Dann sah ich Messner auf mich zukommen und sehr schnell und hart zuschlagen, und ich hatte nicht einmal die Chance, mein Gesicht zu schützen. Da wurde ich endgültig wach.
Nach dem Schatten, den der Fensterrahmen auf den Vorhang warf, war es Mittag. Elsa sagte fürsorglich: »Es ist ein Uhr, du hast prima geschlafen. Nur zuletzt hast du einmal geschrien. Hast du noch Kopfweh?«
»Es gibt nichts, was mir nicht weh tut, aber es geht. War irgend etwas Besonderes?«
»Ich dachte immer, auf dem Land hätte man seine Ruhe. Kohler hat angerufen, aber er war nur neugierig, und ich habe ihn abfahren lassen. Dann hat die Genossenschaftsbank hier angeläutet. Du hast vergessen, die Briketts zu bezahlen. Dann rief ein Schreibmaschinengeschäft aus Gerolstein an, daß du deine Schreibmaschine abholen kannst. Die Reparatur kostet dreihundert Mark. Irgendein Bundestagsabgeordneter der Grünen rief an. Er tat sehr geheimnisvoll und wollte mir nichts sagen, er ruft noch mal an. Sonst war eigentlich nix. Doktor Naumann kommt gleich. Ich soll dir von Alfred sagen, daß du Brennesseltee trinken sollst. Das sei gut, sagt er. Ich finde Alfred gut.«
»Er ist auch gut. Im Garten hinten an der Mauer stehen Brennesseln. Ich wollte sie stehenlassen, damit wir viel Schmetterlinge haben.«
»Du redest wie ein Körnerfresser.«
»Ich kann Körnerfresser nicht leiden, aber ich mag Schmetterlinge.«
»Mögen und nicht mögen: Da liegt deine gottverdämmte Katze und sieht mich so an, als hätte ich vor, dich zu vergiften. Sie hat mich gekratzt, als ich dein Bett gemacht habe.«
»Sie liebt mich.«
»Von einer Katze geliebt zu werden ist dir wahrscheinlich scheußlich angemessen. Es ist so unverbindlich.«
»Nicht so was, nicht so was auf nüchternen Magen. Was darf ich essen?«
»Fleischbrühe. Steht auf dem Herd.«
»Na gut. Und ein Stück Brot.«
»Brot darfst du nicht.« Unten auf dem Hof fuhr
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