Eifel-Bullen: Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
überhaupt nicht verwunderlich war. Schließlich haben alle Katzen dieser Welt von der menschlichen Tiermedizin keine Ahnung.
Auch das noch an betrüblicher Nachricht: »Es wird so sein, dass der Kater möglicherweise überall Gelenkschmerzen bekommt, dass er schlecht sieht, nicht mehr richtig riechen kann, dass alle möglichen Körperfunktionen stark nachlassen.« Das klang nicht gut, das hatte einen verteufelten Unterton. Und dann noch die erschreckende Zumutung: »Wenn es auf das Ende zugeht, könnten Sie ja vorbeikommen und ihn bringen.«
Ich bezahlte, ich überredete meinen Kater, erneut in diesem vergitterten Plastikkübel zu verschwinden, damit ich ihn heimtransportieren konnte. Ich hatte den deutlichen Eindruck, dass er nicht nur die Tierärztin verächtlich ansah, sondern auch mich.
Aber mein Kater hatte die trüben Monate über die Jahreswende geschafft, und ich hatte den Eindruck, er habe mit tiefer Freude die Tulpen aus der Erde sprießen sehen und sei durchaus noch in der Lage, den ab und zu vorbeistreunenden, widerlichen Scheunenkatzen aus dem Dorf eins auf die Schnauze zu hauen. Na ja, zugegeben, viel Hoffnung hatte ich nicht. Aber warum soll ein Kater nicht in Ehren altern?, dachte ich wütend. Und ich sicherte ihm zu: »Ich verspreche dir, dich niemals auf den Stahltisch zu bringen! Das erledigen wir zusammen!«
Einen Vorteil hatte sein stummes Leiden jedoch: Er diskutierte seine Wehwehchen nicht. Er zeigte keine Spur der so weit verbreiteten, ekelhaften Angewohnheit triefäugiger Menschenmänner, endlose Tiraden über altersbedingte Gebrechen abzulassen – von Blähungen bis Hammerzehen. Mein Kater stand souverän darüber, er hatte die durchaus sympathische Einstellung gefunden: Lasst mich in Ruhe alt werden und mosert nicht an mir rum! Und dazu beleidigt zu maunzen, funktionierte sowieso nicht mehr.
Zu Hause angekommen machte ich ihm einen kleinen Teller voll erlesener Häppchen (Leberpastete, roher Eidotter, Corned Beef) aus der menschlichen Ernährung, aber er schnupperte nur ohne jedes Interesse und verzog sich im Garten unter den Haselbusch. Wahrscheinlich war er stinksauer und wollte mit nichts und niemandem zu tun haben, nur in Ruhe gelassen werden.
Dann kam die kleine, schwarze Katze vorbei, die ich Dornröschen nannte, und die in der letzten Zeit häufig erschien und von Satchmos Teller klaute. Sie trollte lebenslustig durch den Garten, sah meinen Kater, wollte ihn wohl begrüßen, ließ es dann aber sein, weil sie wahrscheinlich die Erfahrung gemacht hatte, dass mit steinalten Katern nicht gut Kirschen essen ist. Sie nahm ein paar Schluck Wasser aus der Vogeltränke, um ihn zu ärgern, weil es seine Vogeltränke war, und verschwand um die Hausecke.
Mein Satchmo hob nur kurz den Kopf, er war einfach nicht gut drauf, seine Vogeltränke war ihm völlig egal. Er legte sich die rechte Pfote über die Augen, rollte sich zu einer Kugel und verschwamm mit seiner Umgebung. Auf diese Weise teilte er der Welt mit, dass er nicht gewillt war, Anteil am Leben zu nehmen, und dass jedes lebende Wesen ihn mal kreuzweise konnte.
Dann erschien Zorro, die schwarzweiße Inkarnation der Zerstörung.
Ich gebe zu, dass ich augenblicklich erschrak, und mir die totale Vernichtung meines Satchmo sicher schien. Zorro bewegte sich in der elastischen Gewissheit, dass nichts und niemand auf dieser Erde ihn aufhalten könnte – sehr geschmeidig, ungeheuer arrogant, unbedingt aufdringlich und so vulgär, dass außer ihm niemand eine reale Chance hatte, schon gar nicht mein etwas älterer, rheumatischer und wahrscheinlich vom Alter vergifteter Kater.
In derartigen Augenblicken neige ich zu Stoßgebeten, fand aber keines. Herr, schütze meinen Satchmo!, klang unter diesen misslichen Umständen nicht sonderlich wirksam und würde wahrscheinlich von dem alten Mann da oben auch nicht akzeptiert. Wie auch immer, ich betete nichts, sondern schaute nur zu, was passierte.
Zorro schaute meinen Kater neugierig an, umrundete ihn voll Misstrauen, überlegte wahrscheinlich, wie er Satchmo am gründlichsten erledigen könnte, ließ sich viel Zeit, schnüffelte an ihm herum, hielt ihn wahrscheinlich für einen bereits k.o. gegangenen Mitbewerber, der in den letzten Zügen lag. Was mich aufrichtig verwunderte war, dass Satchmo sich nicht bewegte, nicht einmal den Kopf hob. Da stimmte doch etwas nicht, ich dachte: Er wird doch nicht etwa still gestorben sein.
Dann geschah alles mit blitzartiger Geschwindigkeit. Mein Kater
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