Eifel-Bullen: Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
zu schauen, ob denn auch alles in Ordnung war. Bei der Gelegenheit kletterte er auf einen Ansitz, der mit einem Sicherheitsschloss gesichert war. Er schloss auf und prallte ein wenig zurück. Denn vor ihm alberten in dem Hochsitz vier winzige junge Wildkatzen herum. Er schloss wieder zu und hoffte inständig, dass niemand kommen möge, um das Idyll zu stören. Dann kletterte er die Leiter wieder hinunter. Selbst wenn das erfunden war, so war es doch eine schöne Geschichte.
Plötzlich fragte ich mich, warum ich ausgerechnet vor einem wichtigen ersten Gespräch pfeiferauchend in einen Bach starrte und mich daran erinnerte, was die Natur uns für Geschichten erzählt. Meine Antwort kam schnell: Ich mochte diesen Fall nicht. Zwei erschossene, hingerichtete Polizeibeamte waren für mein Gefühl ein paar Nummern zu groß. So entsetzlich viel tödliche Gewalt war in der Eifel nur erschreckend und irgendwie nicht real.
Es war ein Haus in der Nähe der Kirche, und es stand brav in einer Reihe mit anderen Häusern der gleichen Bauart, die entlang der alten Stadtmauer lagen. Nur seine Farbe war anders, ein lichtes Blau.
Sarah Bitter war eine schlanke, dunkelhaarige Frau, die viel geweint hatte und das auch nicht verbergen wollte. Ihr Gesicht war weich und fraulich. Sie sagte kein Wort, sie nickte nur und ließ mich eintreten. Sie trug schwarze Leggins unter einem kurzen, schwarzen Kleid, sie war barfuß.
Es ging in ein Wohnzimmer, in dem richtig gelebt wurde. Es wirkte nicht aufgeräumt, es war nicht blitzsauber. Auf dem niedrigen Tisch lag ein aufgerissenes Paket Cracker, in einem Aschenbecher qualmte eine Zigarette vor sich hin, der Fernseher lief stumm, es gab mindestens drei aufgeschlagene Bücher.
Sie schaltete den Fernseher aus und hockte sich mit untergeschlagenen Beinen auf die Couch.
Ich nahm einen Sessel. »Wie haben Sie davon erfahren?«
»Heute Morgen gegen sieben Uhr rief mich eine Freundin an. Ich wollte es nicht glauben, ich dachte: Das kann nicht sein.«
»Ich habe Schwierigkeiten«, erklärte ich. »Niemand hat auch nur den Hauch einer Ahnung, warum die beiden getötet wurden. Ich kannte beide nicht, ich weiß nicht, wie sie waren, wie sie lebten. Also frage ich Sie, woran Sie sich am deutlichsten erinnern, wenn Sie an Gaby Schirmer denken?«
Sie drückte die Zigarette aus und zündete sich eine neue an. »Wir waren immer befreundet, schon in der Grundschule, dann auf dem Gymnasium. Während des Studiums ging das weiter, wir lebten uns nicht auseinander, jede wusste von der anderen, was gerade los war, was anstand, wie die Freunde tickten, was uns aufregte und so weiter. Manchmal trafen wir uns, und es war immer so, als hätten wir den gestrigen Tag noch miteinander verbracht. Sie war in den letzten drei Wochen viermal hier.« Ihr Gesicht begann plötzlich zu zucken. »Ich trenne mich gerade von einem Mann, es ist ziemlich chaotisch, Gaby wollte mir helfen. Und sie half mir auch wirklich. Sie war immer sehr geduldig, und wir konnten miteinander reden, da gab es keine Einschränkungen, und es gab auch nichts, über das wir nicht sprechen konnten.« Sie senkte den Kopf und begann lautlos zu weinen.
»Am Tatort in Eisenschmitt war zu hören, dass sie ein Verhältnis mit ihrem Kollegen Horst Walbusch hatte. Können Sie das bestätigen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Das kann sein, aber sie hat kein Wort davon gesagt. Ich weiß nur, dass sie den Horst sehr mochte. Aber der war verheiratet, und es war nicht denkbar, dass sie sich da einmischte.« Sie lächelte leicht. »Wir haben große Schwüre getan, als wir noch kleine Mädchen waren. Und ein Schwur lautete: Niemals in eine bestehende Ehe oder feste Verbindung einbrechen, niemals.«
»Und diese Schwüre gelten heute noch?«
»Nein, natürlich nicht. Inzwischen sind wir ja halbwegs erwachsen, und wir wissen, wie der Hase läuft. Aber wenn so etwas passierte, haben wir immer geredet.«
»Wer ist denn die Dritte in Ihrem Bund?«
»Die Irene. Die lebt in Frankfurt, hat zwei Kinder, und es läuft gut bei ihr. Wenn sie hier ihre Eltern besucht, besucht sie auch uns. Aber das Verhältnis ist nicht so eng wie das zwischen Gaby und mir. Vielleicht sollte ich uns einen Kaffee machen?«
»Das wäre sehr gut«, nickte ich. »Ich bin seit sechs Uhr auf den Beinen.«
Sie stand auf und ging in die Küche, und sie hörte nicht auf, mit mir zu sprechen. »Wie muss man sich das in Eisenschmitt denn vorstellen? Ich meine, wie sieht so etwas aus?«
»Eine Kollegin
Weitere Kostenlose Bücher