Eifel-Bullen: Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
auch Polizistin.«
»Für mich ist das selbstverständlich auch schrecklich. Hast du gelesen, dass Polizisten heutzutage immer häufiger angepöbelt und sogar angegriffen werden? – Bis heute Abend, und bring Hunger mit.«
Ich machte mich auf den Weg, ich musste mich um meinen Kater kümmern, der in der letzten Zeit erschreckend abbaute, ständig auf dem linken Vorderlauf hinkte, zuweilen nicht richtig zu sehen schien und nicht mehr am frühen Morgen gegen vier Uhr verschwand, um zu jagen. Er war beängstigend lahm geworden, und er war sechzehn Jahre alt. Was mir am meisten auffiel, war das Fehlen eines Verhaltens, das Katzen normalerweise auszeichnet: Niemals mitten auf einer ebenen Fläche ohne Deckung herumliegen, die Position grundsätzlich so auswählen, dass der Rücken gedeckt ist, am besten durch eine Mauer. In offenem Gelände immer den höchsten Punkt besetzen, in geschlossenen Räumen möglichst hoch liegen, um den Überblick zu behalten. Satchmo lag deckungslos mitten auf dem Rasen und schlief, Satchmo drückte sich im Haus in die entferntesten Ecken und schlief, Satchmo verlor stark an Gewicht und verlor auch das Interesse an seinem Fraß. Und wenn ich ihm eine Wurstscheibe hinhielt, kam es vor, dass er sie nicht sah, bis er mit der Nase darauf stieß. Am erschreckendsten war aber, dass er seine Stimme verloren hatte. Er war sein Leben lang ein begeisterter Erzähler. Sobald wir uns irgendwo im Haus oder im Garten begegneten, spulte er eine ganze Serie erstaunlich modulierter Laute ab, die einwandfrei zusammengenommen seinen ganzen Tagesablauf erzählten. Dabei reckte er den Kopf hoch und jaulte geradezu. Wenn keine lästigen Zeugen vorhanden waren, schoss ich eine Serie ähnlicher Laute ab, erreichte aber seine hohe Kunst nie. Es kam der Tag, an dem er seinen Kopf hob, aber keinen Laut zustande brachte, nur noch ein krankes Krächzen. Und auch das verlor er, und es schien so, als sei er darüber todtraurig geworden.
Zu Hause kontrollierte ich meinen PC und meine Post. Ich ging kurz auf Facebook, um zu sehen, was die Morde an den Polizisten für ein Echo hatten. Keine der Mitteilungen ließ darauf schließen, dass irgendjemand mehr wusste als alle übrigen. Es gab nichts, was auf brauchbare Quellen hindeutete. Dasselbe bei T-Online und Google. Nur sehr knallig und ganz wie erwartet:
Zwei Polizisten in der Eifel erschossen. Es war eine Hinrichtung, sagt der Chef der Mordkommission
. Keiner der Briefe war wichtig, auf dem Anrufbeantworter war nichts, außer der fröhlichen Mitteilung von Elisabeth von der chemischen Reinigung in Daun: »Hör mal, mein Guter. Deine Pullis sind fertig, die Hosen auch, und das Loch in der Jacke ist nicht mehr. Habe ich kunstvoll gestopft.«
Ich holte den Katzen-Transportkoffer aus der Kramecke und ging meinen Kater suchen. Er lag hinter dem Haus unter dem Forsythienstrauch und öffnete nicht einmal die Augen, als ich kam. Ich griff ihn, nahm ihn hoch, und hielt eine notwendige Ansprache.
»Es wird garantiert unangenehm, aber da musst du jetzt durch. Jetzt kommt das, was du am meisten hasst: dieser miese, blinkende, aalglatte Stahltisch unter der grellen Lampe, und diese brutale Menschenfrau, die dir unheimlich und gnadenlos überall hart ins Fleisch greift und dabei so tut, als wollte sie dir helfen. Glaub ihr nicht. Wir stehen das durch, klar?«
Natürlich wusste er genau, was ihn erwartete, als er den Katzenkoffer sah. Er fuhr alle Viere aus, fauchte lautlos und krallte sich in meinem rechten Unterarm fest. Es tat weh, aber ich war unnachgiebig. Ich stopfte ihn buchstäblich in das Gefängnis und schloss die Tür. Dann wusch ich mir die blutigen Striemen kalt ab und setzte mich in das Auto. Wie üblich starrte er verzweifelt durch das kleine Gitter und wie üblich suchte er meinen Blick, Katzen können richtig ekelhaft gucken.
Erst wurde ihm Blut abgenommen, dann hockte er zu meinen Füßen in seinem Gefängnis in Warteposition. Ich hockte auf einem sehr harten Stuhl, weil wir auf das Urteil warten mussten. Dann wurden wir wieder hineingebeten, die Katze kam auf den Stahltisch.
Am Anfang stand der Satz: »Dieses Tier wird die nächsten Monate nicht überleben!« Der Satz stammte von einer erschöpft wirkenden, jungen Tierärztin, die die Nierenwerte meines Katers einer eingehenden Prüfung unterzogen hatte und zu diesem beklemmenden Urteil kam.
Satchmo hockte derweil in einer elenden, kriecherischen Haltung auf dem Stahltisch und fühlte sich äußerst unwohl, was
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