Eifel-Connection
1. Kapitel
Die Sache mit dem Dr. Christian Schaad aus Mainz begann an einem Donnerstag im März, präzise am 3. März, ungefähr um 11 Uhr. Und sie konnte nur beginnen, weil er tot war, sehr tot.
Das wirkte zunächst sehr verwirrend und machte hilflos, weil niemand wusste, wer er eigentlich war und wie er in den Lavabruch in Walsdorf gekommen war. Denn Papiere hatte er keine bei sich. Sein sehr junges Gesicht war im Tod von namenlosem Schrecken verzerrt. Das sollte nicht verwundern, denn das Lebensende mit zweiundvierzig Jahren ist nun einmal etwas ungeheuer Brutales. Der Pathologe in der Rechtsmedizin in Mainz bescheinigte Schaad leicht burschikos, er sei alles in allem »fit wie ein Turnschuh« gewesen und von »außerordentlich guter Gesundheit«. Der Gesteinsbrocken aus Basalt, an dem er sich den Schädel eingeschlagen habe, sei unter den Hunderten von Brocken aus dem Deckgestein am Fuß der Steilwand einwandfrei herauszufinden gewesen, schließlich seien sowohl Blut als auch kleinste Knochensplitter und Hirnmasse an dem Stein gefunden worden. Menschliche Einwirkung, so der Wissenschaftler am Stahltisch, sei nahezu auszuschließen, also niemand habe erkennbar Schaad geschubst. Der Mann habe oben an der Kante gestanden, sich wahrscheinlich weit vorgebeugt, dann das Gleichgewicht verloren. Er sei zwölf Meter in die Tiefe gestürzt, niemand könne so etwas überleben. Während des Falls sei er mehrfach auf Vorsprünge geschlagen. Beide Oberschenkel seien gebrochen und sechs Rippen, sowie das linke Handgelenk - von all den massiven Blutergüssen am ganzen Körper nicht zu reden.
Emma schäumte vor Entrüstung und kommentierte: »Da würde ich aber genauer hinschauen, das glaube ich nicht! Ein junger Mann fällt nicht so einfach zwölf Meter tief, nicht, wenn er durchtrainiert ist und keinerlei Höhenangst hat. Nicht, wenn er als Wanderer die Eifel in sämtlichen Richtungen durchstreift hat. Schwachsinn, diese Beurteilung. Vollkommener Schwachsinn!«
Ich kann formulieren, dass ein leises Unbehagen blieb.
Wie auch immer, der Frühling war gekommen, in den Buchenwäldern und unter den Haselnusssträuchern blühten die ersten Buschwindröschen, an den Bachläufen färbten sich die Weiden. Die Erlen und Hartriegelgewächse waren in einen Rotschimmer getaucht, die Natur war aufgewacht und räkelte sich ausgiebig. In meinem Garten schickten die Narzissen und Tulpen die ersten grünen Spitzen ins Licht, und ich war gezwungen, die Ausscheidungen meines Katers Satchmo über die eiskalten Monate Häufchen für Häufchen mit der Schaufel abzuräumen. Während der Schneeplage nämlich war er zur Erledigung seiner Geschäfte jeweils exakt bis zum Schneerand gelaufen, um sofort wieder bibbernd um Einlass zu bitten. Auf diese Weise kam ich an eine perfekte Umrandung meiner Terrasse mit Scheißhaufen. Der wahre Kater von Welt kackt niemals im Schnee, der Arme könnte sich ja verkühlen.
Ja - und Schneewittchen tauchte kurz vor Weihnachten auf; eine kleine, rabenschwarze Katze, die aus irgendeinem Grund jeden Morgen beim ersten Licht die Dorfstraße locker hinuntertrudelte, um zielgenau meinen Hof anzulaufen. Der Name Schneewittchen kann möglicherweise irreführend sein, weil ich gar nicht weiß, ob sie ein weibliches Wesen ist, aber sie wirkt so. Anscheinend war sie gekommen, um meinen Kater zu knacken. Und der benahm sich äußerst kindisch, wahrscheinlich wird er jetzt senil.
Die Kleine schlüpfte unter dem Gartentor durch und näherte sich heiter. Sie wirkte so, als singe sie ein Kinderlied. Das hielt sie auch durch, als sie an Satchmo vorbeilief, der auf einem der Stühle auf der Terrasse vor sich hindöste. Die Kleine machte erst halt, als sie am Fressnapf angelangt war.
Aber sie fraß nicht. Stattdessen drehte sie ihren kleinen Kopf zu Satchmo, gelassen und ruhig, weil ein gut erzogenes Mädchen schließlich weiß, wie man sich zu benehmen hat.
Von Satchmo kam keinerlei Einwand.
Dann haute sie richtig rein, sie kannte keine Hemmungen. Plötzlich aber verschluckt sie sich und keuchte ein bisschen.
Satchmo bewegte sich jetzt, stellte sich auf die Beine, drückte den ganzen Körper in einen Bogen nach oben, leckte sich ausgiebig die rechte Pfote, machte sich sehr schön und eindrucksvoll, hüpfte von seinem Stuhl und schritt majestätisch auf die Kleine zu. Er haute ihr nicht eine runter, er blinzelte nur. Er fauchte nicht, er verteidigte sein Futter nicht, er setzte sich nur schön zurecht und drapierte sich mit
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