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Eifelheiler (German Edition)

Eifelheiler (German Edition)

Titel: Eifelheiler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Jagusch
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begonnen.
    ***
    Jan Welscher lehnte sich mit dem Rücken gegen die Hauswand und
rieb sich müde die Augen. Was für ein Gemetzel. Überall war Blut. Der Mörder
musste sie durch das Haus verfolgt haben.
    Er schüttelte den Kopf und betrachtete den großen Wagen. Klar und
deutlich funkelten die Sterne hier im schwarzen Meer des Nachthimmels. Hin und
wieder vermisste er diesen Anblick, wenn er auf dem Balkon seiner Wohnung in
Köln stand und nach oben schaute. Das Licht der Stadt überstrahlte dort alles,
Sterne oder gar Sternbilder waren nur selten zu erkennen.
    Eine Sternschnuppe zog einen hellen Schweif hinter sich her.
    Als Kind hatte er oft mit seinem Vater auf dem Speicher gehockt, das
Teleskoprohr aus der kleinen Dachluke geschoben und versucht, die Bahnen der
Planeten zu verfolgen. Wie ein echter Forscher in einem Observatorium hatte er
sich gefühlt. Sein Vater hatte ihm von der ersten Mondlandung erzählt, von Juri
Gagarin, dem ersten Menschen im Weltall, und von den Plänen der NASA , mit riesigen Generationenraumschiffen in die
Weiten des Alls vorzustoßen. Dabei hatte er seine alte Pfeife aus Bruyèreholz
gestopft und schließlich losgepafft. Der Tabakgeruch, eine Mischung aus Honig,
Nuss, Zimt und Apfel, hatte wenig später den staubigen Geruch des Dachbodens
überdeckt.
    Welscher seufzte. Eine schöne, unbekümmerte Zeit war das gewesen.
Heute verstanden er und sein Vater sich nicht mehr. Und von seinem
Berufswunsch, Forscher zu werden oder ein Astronaut, der zum Mars fliegt, war
auch nichts geblieben. Stattdessen war er Kriminaloberkommissar und tat Dienst
in der ungeliebten Eifel anstatt, wie ersehnt, in der rheinischen Stadt mit
Herz.
    Wenn er jedoch an die arme Tote im Inneren des Hauses dachte, war er
ja irgendwie doch ein Forscher geworden. Jemand, der nach Spuren sucht,
Theorien entwickelt und versucht, sie zu beweisen.
    Ein Kollege von der Tatortgruppe bog aus dem Fußweg, der zur
Wilhelm-Tell-Gasse hinabführte, in den Burgbering ein und eilte stumm an ihm
vorbei ins Haus. Die bitterernste Miene des Kollegen verriet, dass ihm das
Gemetzel ebenfalls an die Nieren ging.
    Hin und wieder war durch die geöffnete Tür Feuersängers raue Stimme
zu hören, die Anweisungen gab oder ungeduldig Verwünschungen ausstieß. Als
Leiter der Tatortgruppe war er penibler als ein Uhrmacher und verzieh keine
Fehler seiner Untergebenen.
    Außer Feuersängers heiseren Tiraden war in der näheren Umgebung
jedoch kaum etwas zu hören. Normalerweise schlenderten in einer so lauen Nacht
noch einige Touristen oder Hotelgäste über das Kopfsteinpflaster zwischen den
eng stehenden Häusern. Doch die Kollegen von der Streife hatten umsichtig
gehandelt und den Tatort weiträumig abgesperrt.
    Rechts neben sich bemerkte Welscher plötzlich ein grelles
Aufblitzen. Augenblicklich schoss Adrenalin durch seine Blutbahn. Die Geier von
der Presse, die hatten ihm gerade noch gefehlt. Er verstand ihre Motivation,
gute Bilder und spannende Berichte brachten Geld in die Kassen. Und davon
ernährten die Schmierfritzen schließlich ihre Familien. Aber an einem Tatort
kam das für ihn einer Art Leichenfledderei gleich. Er fand es entwürdigend für
das Todesopfer.
    Er suchte die Umgebung ab, konnte aber niemanden entdecken. Zwischen
den Häusern konnte sich niemand verstecken, da sie Wand an Wand standen.
Schritte waren auch nicht zu hören, geschweige denn ein Stakkato davoneilender
Füße. Da erregte eine Bewegung im oberen Stockwerk des Hauses schräg gegenüber
seine Aufmerksamkeit. Er drückte sich von der Wand ab und ging zu der Haustür
hinüber. Er sah zum Fenster hoch. Ein Schatten, ein Huschen, dann fiel die
Gardine vor.
    Das gibt es nicht, dachte er, der liebe Nachbar schießt doch
tatsächlich Paparazzi-Bilder. Vermutlich schickt er sie in wenigen Minuten auf
irgendeiner Internet-Plattform um die Welt. Dem würde er mal gehörig auf den
Zahn fühlen.
    Entschlossen drückte er den Klingelknopf. Auf dem Messingschild
darüber las er »de Witt«.
    Nachbarn gehörten ohnehin zum Kreis derer, die sie verhören mussten.
Und da Feuersänger ihn im Moment den Tatort noch nicht näher in Augenschein
nehmen lassen würde, könnte er hier genauso gut anfangen wie an jedem anderen
Ort.
    Erneut drückte Welscher den Knopf und ließ den Daumen darauf ruhen.
Vernehmlich rasselte die Klingel. Er sah auf die Uhr. Vierzig Sekunden später
öffnete sich die Tür ein wenig.
    »Was?«, blaffte eine Stimme aus dem dunklen Hausflur.
    Welscher nahm

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