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Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Titel: Eigentlich bin ich eine Traumfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
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Europäische
Ethnologie oder so. Ich komme nicht mehr richtig mit, sie wechselt zu oft die Fächer. »Verfluchter Schweinezyklus«, sagt sie dann immer. Der verfluchte Schweinezyklus ist wohl eine Folge der verfluchten Expertenkultur. Die Experten fachsimpeln in Magazinen, in welchen Bereichen es einen so ausgeprägten Fachkräftemangel gebe, dass man mit einem entsprechenden Studium nichts falsch machen könne. Dann kommt es natürlich zur Studentenschwemme in diesen Fächern, und Tanja schwimmt immer mit – Lehramt, Schiffsbau, Jura.
    Dummerweise ist der Fachkräftemangel immer sofort behoben, wenn Tanja gerade das dritte Semester erreicht hat. Wir geben ihr regelmäßig den Ratschlag, einfach das zu studieren, was sie interessiert – weil man ja ohnehin nicht weiß, was die Zukunft bringt. Leider ändert sie ihre privaten Interessen fast so schnell wie ihre Studienfächer. Nur der Körner- und Esoterikspaß hält schon eine Weile an. Aber mit ihren großen, kornblumenblauen Augen unter den langen dunklen Wimpern ist sie trotz all ihrer Macken so süß, dass nicht mal ein erfolgreicher Jurist und Bollywood-Star-Verschnitt ihr widerstehen kann. Man muss sie lieb haben. Auch wenn sie sich mit Professoren herumschlägt, die solche Koryphäen sind, dass sie Studien darüber veröffentlichen dürfen, was Menschen mit ihrem Milchschaum anstellen.
    Â»Wolltest du deshalb keinen Schaum, damit der süße Typ da drüben nicht sofort merkt, dass du eine von diesen gefährlich unabhängigen Frauen bist? Oder was bedeutet Tonis Schaumlosigkeit, Tanja?«, frage ich.
    Misstrauisch sieht Tanja mich an. »Na ja, du zumindest
müsstest laut Professor Weißenbach ein lebensbejahender, weltoffener Mensch sein – wegen des Cappuccinos.«
    Â»Au ja, mehr davon«, rufe ich ausgelassen, »klingt allerdings mehr nach unserem philosophischen Berater als nach Psychologieprofessor.«
    Â»Es geht ja noch weiter. Du bist zum Beispiel ein Rand-Freimacher.«
    Ich kichere wieder und halte dann doch erstaunt in meiner Bewegung inne. Tatsächlich räume ich immer ein bisschen Rand an der Tasse frei, damit der Zucker den Schaum nicht zerstört. Und dafür gibt es sogar eine Bezeichnung? Und eine vollständige Typologie? Ich bin entsetzt. Andererseits  – Individualität wird doch eigentlich überbewertet, und das Streben danach erhöht den ganzen Druck nur noch.
    Â»Damit bist du der Ästhet unter den Schaumlöfflern. Und du hast einen Hang zu kreativen Ausflüchten und Träumereien«, stellt Tanja fest.
    Ich ahne, worauf dieses Gespräch hinausläuft.
    Â»Ihr meint, ich hätte nicht lügen sollen wegen des Schriftstellers?«
    Â»Was machst du, wenn er nun gar nicht mit dir reden will. Das wäre doch extrem peinlich?«, unterstützt Toni Tanjas Anspielung.
    Â»Meint ihr, ich hätte Diana das Feld überlassen sollen?«
    Â»Das nicht unbedingt …Oh, ich muss zurück in die Kunsthalle«, ruft Tanja mit einem Blick auf die Uhr.
    Nun bin ich zwar auch nicht schlauer, aber dafür beschließen Toni und ich, noch einmal ganz kurz einen Blick bei Zara reinzuwerfen. Da gibt es gerade günstige kleine Baumwollpullis in fast allen Farben.

    Instinktiv greife ich zu einem schwarzen.
    Â»Fertig«, sage ich zufrieden zu Toni.
    Ich trage eigentlich immer nur schwarze Klamotten. Nicht aus irgendwelchen schwerwiegenden, intellektuellexistenzialistischen Gründen oder so. Schwarz macht schlank, und alle Kleidungsstücke passen hervorragend zusammen.
    Â»Willst du es nicht mal mit einer anderen Farbe probieren?« , schlägt Toni vor, die selbst fast nur schwarze Sachen trägt und hervorragend darin aussieht. Dafür muss Toni nicht viel Aufwand betreiben, und sie tut es auch nicht. Selbst im schwarzen Sweatshirt zu schwarzer Jeans sieht sie blendend aus. Mit ihrem dunklen Kurzhaarschnitt und den großen braunen Augen erinnert sie mich immer an Winona Ryder. Aber mein Mitleid gehört jedem Mann, der sie deshalb für ein zartes Bambi hält und seine Beschützerinstinkte rauskehrt. Der bekommt nämlich mit ziemlicher Sicherheit einen so brutalen Spruch vor den Latz geknallt, dass Toni ihn auch gleich mit dem Messer hätte kastrieren können. Männer betrachtet sie mit leiser Verachtung als Objekte für gelegentliche Affären.
    Â»Wieso soll ich nicht den

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