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Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Titel: Eigentlich bin ich eine Traumfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
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schwarzen Pulli nehmen?«, frage ich überrascht.
    Â»Schwarz macht dich irgendwie blass. Das ist mir früher nicht so aufgefallen, aber ich denke, du bist wohl der Frühlingstyp. Vielleicht mit Tendenz zum Herbst. Bei dem sieht man oft erst später, dass ihm Schwarz nicht so gut steht.«
    Klasse, wenn man Freundinnen hat. Ich bin zu alt für die einzige Farbe, die alle Männer sexy finden. Ich laufe vermutlich schon seit Jahren herum wie eine Horrorgestalt aus
dem Wachsfigurenkabinett, und keiner hat es mir gesagt. Ich werde meine ganze Garderobe auswechseln müssen. Dabei habe ich gerade ein schwarzes Boss -Kleid ersteigert, das selbst gebraucht noch so teuer war, dass ich dafür bei H&M mindestens drei Kleider bekommen hätte.
    Ich bin hässlich. Kein Wunder, dass kein Mann in letzter Zeit bei dem Versuch, mir so lange wie möglich hinterherzublicken, gegen einen Laternenpfahl gelaufen ist.
    Moment – vielleicht gibt es ja noch Hoffnung. Ich habe zwar schon von der Farbenlehre gehört, mich aber bislang nicht so ernsthaft mit ihr auseinandergesetzt, wie sie es vielleicht verdient hätte.
    Â»Was genau heißt Frühlingstyp?«, frage ich vorsichtig.
    Â»Du solltest Creme-, Beige- und Khakitöne tragen.«
    Ungläubig starre ich Toni an. Schlamm- und Oma-Farben meint sie. Eine Frau, der nur solche Farben stehen, hat nicht die geringste Chance, auf Männer attraktiv zu wirken. Was soll ich jetzt nur tun?
    Wenn ich im schwarzen Kleid zu Rafael gehe, sehe ich aus wie eine Wasserleiche – aber nicht wie die elfenhaften auf den Gemälden, die man wieder wachküssen will.
    Ziehe ich hingegen ein kackfarbenes Baumwolltwinset an, strahlt zwar mein Teint, dafür sieht aber der Rest relativ matschig aus. Das ist ja die Wahl zwischen Blasenentzündung und Herpes. Das kann keiner von mir verlangen. Ich liebe meine schwarzen Sachen! Ich bin kurz davor loszuheulen.
    Â»Gedeckte Farben würden auch deine schönen roten Haare und die Sommersprossen betonen«, sagt Toni sehr bestimmt.

    Die tollen roten Haare mit der unregelmäßigen Naturwelle, deren Bändigung ich unlängst aufgegeben habe. Die tollen Sommersprossen, die ich immer, wenn ich mich dazu aufraffen kann, mit viel Make-up und Puder (aber reine Mineralien, sehen total natürlich aus, sagt auch Penélope Cruz in dem Werbespot) abdecke. Ich lege den Pullover wieder zurück und schweige Toni beleidigt an.
    Dann gehe ich eben zu den Kleidern. Ich sehe mich grundsätzlich als den weiblichen Typ, zu dem Kleider und Röcke passen. Deswegen hab ich auch so viele davon. Aber dann ist mir morgens das nötige Pipapo mit passenden Strumpfhosen, Pumps etc. zu anstrengend, so dass ich dann letztendlich nur zwischen zwei Jeans und drei gestreiften Pullovern wechsle.
    Toni hält mir ein fließendes, olivgrünes Wickelkleid entgegen. »Darin würden deine Kurven toll aussehen.«
    Ich glaube, heute will sie mich fertigmachen. Erst bin ich zu blass, und jetzt geht sie mir noch an meinen kleinen Hüftring – auch wenn sie ihn »Kurven« nennt.
    Andererseits, so schlecht sieht das Kleid tatsächlich nicht aus. Ich nehme es ihr schweigend aus der Hand und gehe in Richtung Umkleidekabine. Dort muss ich Toni gedanklich um Verzeihung bitten. Ich hätte sie schon viel eher zu meiner Shoppingberaterin machen sollen. Ich sehe toll aus. Meine Augen strahlen, und das Rot meiner Haare leuchtet wie der Abendhimmel am Ende eines sonnigen Tages.
    Â»Komm raus, ich will dich sehen.«
    Da gibt es einen Haken. Ich trage flache Schuhe mit labbrigen, verschiedenfarbigen Socken. Unter meiner Hose fallen sie nicht weiter auf, aber zum Kleid sehen sie übel aus.
So will ich mich der Außenwelt nicht präsentieren. Lieber erst, wenn ich das Kleid mit einer blickdichten Strumpfhose tragen kann, die auch gleich ein weiteres Problem verdeckt, das jetzt gnadenlos zutage kommt: Meine Beine werden bei Kälte von bläulichen und rötlichen Flecken überzogen. Außerdem habe ich eine längliche Narbe am rechten Unterschenkel, die sich vom Knöchel fast bis zum Knie zieht. Ein fieser Fahrradunfall, als ich sechs war.
    Â»Na los, komm schon!«, ruft Toni.
    Â»Willst du nicht lieber reinkommen?«
    Â»Da ist es zu eng, da kann man gar nicht richtig sehen, wie es aussieht.«
    Â»Also gut«, seufze ich. Ich gehe hinaus vor den großen Spiegel – und starre auf

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