Eighteen Moons - Eine grenzenlose Liebe (German Edition)
zurückbleiben musste. Ich dachte daran, mit welcher Ruhe Tante Prue durch die Letzte Tür geschritten war. Voll innerem Frieden. Wo war der Frieden für die Zurückgelassenen?
Marian sagte kein Wort. Sie sah mich an, schien sich mein Gesicht einprägen und diesen Augenblick für alle Zeiten bewahren zu wollen. Marian kannte die Wahrheit. Sie hatte es kommen sehen, seit der Rat der Hohen Wacht es ihr erlaubt hatte, zu uns zurückzukehren.
Alles hatte seinen Preis.
An meiner Stelle hätte sie bestimmt das Gleiche getan, um die Menschen, die sie liebte, zu beschützen.
Und das galt auch für Liv. In gewisser Weise hatte sie es bereits für Macon getan. Und John hatte es für sie auf dem Wasserturm tun wollen. Vielleicht hatte sie sogar ein schlechtes Gewissen, dass ich es war und nicht er.
Hoffentlich erkannte sie die Wahrheit. Dass es nämlich nicht ihre Schuld war oder meine oder gar seine. Egal wie gerne ich ihm die Schuld dafür in die Schuhe geschoben hätte.
Das war mein Leben und so endete es jetzt.
Ich war der Lotse und dies war mein großer und schrecklicher Lebenszweck.
Die Karten, die Amma so verzweifelt tauschen wollte, hatten es schon immer gewusst.
Ich war es schon immer gewesen.
Aber ich sagte nichts. Marian nahm mich in die Arme und Liv schlang ihre Arme um uns beide. Es erinnerte mich daran, wie meine Mutter mich immer in den Arm genommen hatte. So als wollte sie mich am liebsten nie wieder loslassen. Dann flüsterte Marian mir etwas ins Ohr. Es waren Worte von Winston Churchill. Hoffentlich würde ich mich daran erinnern, wohin auch immer ich ging.
»Das ist nicht das Ende. Es ist nicht einmal der Anfang vom Ende. Aber vielleicht ist es das Ende vom Anfang.«
Teilungsrest
21.12.
Lena war nicht in ihrem Zimmer in Ravenwood. Ich setzte mich auf ihr Bett, starrte an die Decke und wartete. Dann kam mir eine Idee. Ich nahm ihre Bettdecke und rieb damit über mein Gesicht. Ich erinnerte mich daran, wie ich nach dem Tod meiner Mutter an ihrem Bett gerochen hatte. Es war mir wie ein Wunder vorgekommen, dass etwas von ihr weiter in meiner Welt existierte. Ich wollte, dass auch Lena wenigstens dies von mir erhalten blieb.
Ich sah wieder zur Zimmerdecke und musste daran denken, wie der Kronleuchter herabgestürzt und der Putz von der Decke geplatzt war, damals, als wir uns trennten. Ich starrte an die Wände und dachte an die wie von unsichtbarer Hand geschriebenen Worte, als Lena mir zum ersten Mal ihr Herz geöffnet hatte.
Du bist nicht der Einzige, der sich verliebt hat .
Die Wände waren nicht mehr aus Glas. Lenas Zimmer sah genauso aus wie an dem Tag, an dem ich das erste Mal hier gewesen war. Vielleicht war das ihre Art, sich zu erinnern. An die Zeit, in der alles begonnen hatte und uns noch alle Möglichkeiten offenstanden.
Ich durfte gar nicht daran zurückdenken.
Überall an den Wänden standen Wortfetzen, die Lenas Gefühle zum Ausdruck brachten.
Wer richtet den Richter?
Aber so funktionierte es nicht. Die Uhr ließ sich nicht zurückdrehen. Das konnte niemand. Nicht einmal wir.
Nicht mit einem Knall, sondern mit einem leisen Wimmern .
Was geschehen war, war geschehen.
Sie kannte die bittere Wahrheit, denn sie hatte mir eine Nachricht hinterlassen, mit schwarzem Filzstift quer über die Wand gekritzelt. So wie früher.
Dämonen-Mathematik
was in meiner Welt gerade steht
hast du auseinandergerissen
als ob es so leicht aufginge
eine Hälfte für mich
die andere Hälfte für dich
was ist schon eine gerechte Verteilung
wenn nichts mehr aufzuteilen ist
was ist dein Teil
wenn ich es bin, die deinen Schmerz trägt
das ist meine traurige Gleichung
mein paradoxer Rechenweg
teile, heißt es
hör auf zu weinen
rechne weiter
hör auf zu addieren,
du musst multiplizieren
ich antworte
nenne den Grund
warum man dividieren so hasst
wenn man nichts als ein Teilungsrest ist
Ich lehnte den Kopf neben den Zeilen an die Wand.
Lena .
Sie gab keine Antwort.
Du bist kein Teilungsrest. Du bist eine Überlebende .
Ihre Gedanken kamen langsam und abgehackt.
Ich überlebe das nicht. Das kannst du nicht von mir verlangen .
Ich wusste, dass sie weinte. Bestimmt lag sie jetzt im Gras in Greenbrier. Dorthin würde ich als Nächstes gehen.
Du darfst nicht allein sein. Warte auf mich. Ich komme .
Es gab so viel zu sagen, dass ich gar nicht mehr versuchte, es zu sagen. Stattdessen wischte ich mir mit dem Ärmel über die Augen und machte meinen Rucksack auf. Ich zog den
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