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Ein allzu schönes Mädchen

Titel: Ein allzu schönes Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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ausgehen, dass der Fall gelöst war. Blieb nur die Frage, wer ihm gestern Abend aufgelauert und ihn niedergeschlagen hatte.
     
    Er legte die Zeitung beiseite, schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken und hielt sein Gesicht in die Sonne. Er döste
     eine Weile vor sich hin und war kurz davor, wieder einzuschlafen. Dann merkte er, dass das Licht auf seinen geschlossenen
     Lidern dunkler wurde. Jemand hatte sich zwischen ihn und die Sonne gestellt. Er öffnete die Augen. Vor ihm standen Sven Liebmann
     und Kerstin Henschel. Kerstin hielt eine Schachtel Pralinen in der Hand, und Liebmann streckte ihm eine Flasche Apfelmost
     entgegen. Sie schauten ihn besorgt an. Er grinste.
    «Keine Sorge», sagte er, «erspart mir euer Mitleid. Es geht schon wieder. Der Verband lässt alles schlimmer aussehen, als
     es ist.»
    «Wir sollen dich von den anderen grüßen. Sie wünschen dir gute Besserung.»
    «Brav», sagte Marthaler. «Aber seid ihr hier, um mir ein Ständchen zu singen oder um zu arbeiten?»
    «Also gut», sagte Liebmann und zeigte auf Marthalers bandagierten Kopf. «Du kennst unsere Fragen: Weißt du, wer das getan
     hat? Hast du jemanden erkannt? Hast du eine Idee, warum dich jemand halb tot schlägt?»
    |453| «Dreimal nein», sagte Marthaler. «Ich bin völlig ahnungslos. Der Einzige, der mir in den Sinn gekommen ist, ist dieser Kerl,
     den wir anfangs im Verdacht hatten, dieser Jörg Gessner.»
    «Haben wir schon überprüft», sagte Kerstin Henschel. «Gessner und sein Bruder haben ein Alibi. Sie haben bis zum frühen Morgen
     im großen Familienkreis den Geburtstag von Jörg Gessners Sohn gefeiert.»
    «Heißt das, dass seine Frau wieder bei ihm ist?»
    «Und wie. Sandra Gessner hat sich aufgeführt wie eine Furie, als wir heute Nacht aufgetaucht sind. Sie wünscht dich und uns
     alle zum Teufel.»
    Marthaler schüttelte den Kopf.
    «Dann bin ich ratlos», sagte er.
    Einen Moment lang schwiegen alle drei.
    «Da ist noch etwas», sagte Liebmann. «Wir haben ein Geständnis.»
    Marthaler schaute ihn verständnislos an. «Ja, aber warum fragt ihr mich dann aus?»
    «Nein», erwiderte Liebmann, «nicht für den Anschlag auf dich. Wir haben ein Geständnis für die Morde.»
    Marthaler geriet völlig aus der Fassung. «Heißt das, sie hat geredet? Sie hat alles zugegeben?»
    «Nicht
sie
. Er!»
    Marthaler verstand gar nichts.
    «Also bitte», sagte er. «Könnt ihr jetzt vielleicht mal Klartext mit einem Mann reden, der im Moment nicht ganz richtig im
     Kopf ist?»
    Liebmann begann zu erzählen. «Heute Morgen kam in aller Frühe ein Mann ins Präsidium. Er sagte, er wolle eine Aussage machen.
     Nicht Manon habe die Morde begangen, sondern er. Er sprach nicht von Marie-Louise Geissler, sondern von Manon. Wir dachten
     zunächst, es handele sich um einen |454| Verrückten. Dann kapierten wir, dass er ein und dieselbe Frau meinte. Wir haben ihm gesagt, die Sache sei aufgeklärt und die
     Schuldige gefasst. Aber er ließ nicht locker. Schließlich sind Kerstin und ich mit ihm in dein Büro gegangen. Er behauptet,
     Marie-Louise Geissler über Tage hinweg gefolgt zu sein. Er habe gesehen, wie Funke und Hielscher im Stadtwald über sie hergefallen
     sind. Ein dritter Mann habe zugeschaut und onaniert. Er habe die beiden Vergewaltiger mit einem Messer umgebracht. Auch den
     Fiat mit der Leiche des einen habe er im Kesselbruchweiher versenkt. Der Dritte sei entkommen. Das ist die Kurzfassung.»
    Marthaler winkte ab. «So ähnlich stand es schon in der Zeitung.»
    «Ja», sagte Liebmann. «Aber erst in der Nachmittagsausgabe. Nicht heute Morgen, als wir ihn vernommen haben.»
    Marthaler wurde wütend. «Das ist doch einfach Unsinn. Was soll das heißen, er ist ihr tagelang gefolgt? Wie soll das gehen?
     Darüber müssen wir doch nicht wirklich reden, oder?!»
    «Bis zu diesem Teil der Geschichte haben wir genauso gedacht wie du. Aber warte! Wirklich aufmerksam sind wir geworden, als
     er erzählte, Marie-Louise oder Manon, die offensichtlich die Nacht zuvor im Wald umhergeirrt war, sei am frühen Dienstagmorgen
     in sein Auto gestiegen, kurz darauf aber wieder geflohen.»
    «Und?»
    «Du darfst raten
, wo
sie angeblich in seinen Wagen gestiegen ist», sagte Liebmann.
    Marthaler begann es zu dämmern. «Du meinst die Stelle im Wald, wo die blutigen Fußspuren plötzlich endeten?»
    Liebmann nickte. «Dieses Rätsel wäre damit jedenfalls gelöst. Aber es geht weiter. Unser Mann erzählte außerdem, er habe sie
     wieder

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