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Ein allzu schönes Mädchen

Titel: Ein allzu schönes Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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du?»
    «Ganz sicher. Ich habe gestern Abend noch lange über die Geschichte nachgedacht. Es gibt nur diese Erklärung. Er ist ihr tatsächlich
     gefolgt. Er hat gesehen, was passiert ist. Und als wir sie geschnappt haben, hat er die Schuld auf sich genommen.»
    «Übrigens behauptet er, dass du es warst, der ihn auf diese Idee gebracht hat», sagte Liebmann.
    «Ich?»
    «Ja. Er hat dich vor dem Präsidium und im Fernsehen gesehen. Du hast zu den Reportern gesagt, dass uns ein Geständnis immer
     lieber sei.»
    «Und er hat geglaubt, wenn er die Morde gesteht, lassen wir Marie-Louise frei.»
    «Ja. Das meinte er.»
    «Was für ein Trottel.»
    «Sag das nicht», erwiderte Liebmann.
    «Aber ein Geständnis», sagte Marthaler, «ist doch immer nur ein Beweismittel unter vielen. Deswegen hätten wir doch die Beschuldigte
     nicht gleich wieder laufen lassen.»
    «Gestern gab es im Präsidium viele, denen diese Lösung nicht so abwegig vorkam.»
    Marthaler schüttelte den Kopf. «Jetzt ist Marie-Louise frei, und er kann sein Geständnis widerrufen.»
    «Ja», sagte Liebmann. «Es ist geschehen, was er wollte. Wenn auch auf andere Weise, als er sich das vorgestellt hat.»
    «Wahrscheinlich glaubt er auch noch, dass er jetzt einfach wieder gehen kann.»
    «Darauf könnte es sogar hinauslaufen.»
    |464| «Sven, ich bitte dich. Der Kerl hat sich einiges zuschulden kommen lassen: Täuschung, Irreführung, Falschaussage. Was weiß
     ich, was die Staatsanwälte da noch alles finden werden.»
    «Aber er hat einen guten Anwalt. Und weißt du auch wen?»
    «Sag’s nicht!»
    «Doch. Es ist Schneider.»
    «Jener Dr.   Schneider, in dessen Gartenhaus sich Plöger versteckt hatte?»
    Liebmann nickte. Dann ließ er seine Hand in die rechte Seitentasche seines Jacketts gleiten.
    «Ehe ich es vergesse   …», sagte er.
    Bevor Marthaler noch sah, was ihm sein Kollege mitgebracht hatte, hörte er das Geräusch.
    Pling. Plingpling.
    «Das ist Girods Armband. Wir haben es ihm bei der Festnahme abgenommen. Du wolltest es doch sehen.»
    Marthaler lehnte sich zurück, schloss die Augen und grinste.
    «Ich muss es nicht sehen. Es reicht, wenn ich es
höre
», sagte er. «Beweg es bitte noch einmal.»
    Pling. Pling.
    «Danke, das reicht.»
    «Kannst du mir vielleicht erklären, was das soll?», sagte Liebmann.
    «Das kann ich. Ihr solltet Jean-Luc Girod fragen, wo er vorletzte Nacht gewesen ist. Sollte er kein Alibi haben – und ich
     bin sicher, dass er keins hat   –, kannst du dem guten Dr.   Schneider ausrichten, dass sein Mandant in Kürze mit einer Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung zu rechnen hat. Nebenkläger:
     der Geschädigte Robert Marthaler.»
    «Du meinst, Girod war der derjenige, der dich überfallen hat? Warum sollte er das getan haben?»
    |465| «Das habe ich mich auch gefragt. Bis du eben erzählt hast, dass er mich gesehen hat. Ich war sein Feind. Ich habe seine geliebte
     Manon hinter Gitter gebracht. So sah es jedenfalls für ihn aus. Er dachte, wenn er mich ausschaltet, geht sein Plan auf. Er
     muss nur gestehen, dann wird sie freigelassen. Und er kann sein Geständnis widerrufen.»
    «Dann hättest du Recht. Das hört sich reichlich trottelig an.»
    Marthaler seufzte. «Die meisten Verbrechen werden von Trotteln geplant und begangen. Nur machen wir oft den Fehler, ihnen
     Logik zu unterstellen.»
     
    Eine Viertelstunde nachdem Sven Liebmann die Tür des Krankenzimmers hinter sich geschlossen hatte, stand Marthaler fertig
     angekleidet auf dem Gang der Station, um sich von der blonden Schwester zu verabschieden. Wie nicht anders zu erwarten, schimpfte
     sie mit ihm. Als er trotz ihres Protests darauf bestand, das Krankenhaus zu verlassen, ließ sie ihn ein Formular unterschreiben
     und wünschte ihm alles Gute.
    Mit dem Taxi fuhr er nach Hause. Er bat den Fahrer, vor dem Haus zu warten. Er warf ein paar frische Kleidungsstücke in die
     Reisetasche, packte seine Papiere ein und ließ sich zu einer Autovermietung auf der Mörfelder Landstraße bringen. Er überlegte,
     ob er sich für diese Fahrt einen Mercedes leisten solle, entschied sich dann aber doch für einen Golf. Der Mann, der ihm den
     Wagenschlüssel über den Tresen schob, schaute sich misstrauisch seinen Kopfverband an.
    «Keine Angst», sagte Marthaler. «Das ist noch aus dem ersten Krieg. Fast schon verheilt. Sie bekommen Ihr Auto morgen wohlbehalten
     zurück.»
    Bis kurz hinter Bingen fuhr er auf der Autobahn, dann bog er ab und nahm die

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