Ein Antrag nach Mitternacht
Stimme strafte seine Worte Lügen, da er sich sehr zufrieden anhörte.
Sie hob den Kopf und blickte in seine funkelnden Augen. „Es tut Ihnen nicht im Mindesten leid, Sie abscheulicher Mann. Aber ich kann Ihnen versichern, meine Röte ist die Folge der sommerlichen Hitze und nicht Ergebnis Ihrer Worte. Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass ich aussehe wie eine Küchenhilfe.“ Sie berührte ihre Wange.
„Was auch der Grund sein mag, Sie sehen reizend aus.“ Einen Moment lang wurde er ernst, dann lächelte er sie gleich wieder an. „Wie Sie ja selbst wissen.“ Er trat nun einen Schritt nach hinten. „Kommen Sie. Läuten Sie den Dienern, damit die Ihnen Ihren Hut bringen. Wir werden nach Lilles House fahren.“
„Jetzt sofort?“
„Ja, warum nicht? Es gibt keinen Grund, nicht sofort damit anzufangen, richtig? Nehmen Sie Ihr Dienstmädchen mit, wenn Sie um den Anstand besorgt sind. Sie müssen sich das Gebäude ansehen und einen Blick in den Ballsaal werfen. Wie wollen Sie sonst planen?“
„Allerdings.“ Er war damit völlig im Recht, und das wusste Francesca auch. Dennoch hatte es einen unanständigen Anschein, mit einem Gentleman dessen Haus aufzusuchen, wenn dort keine Verwandte wohnte.
Also begleitete Maisie sie in der Kutsche. Auch wenn sich eine Witwe mehr Freiheiten erlauben durfte als eine unverheiratete Frau, wusste Francesca, dass sie nicht dabei gesehen werden durfte, wie sie ohne Begleitung das Haus eines Junggesellen aufsuchte. Als sie jedoch das beeindruckende, aus weißem Stein errichtete Lilles House erreichten, begab sich Maisie mit dem Diener zu den Personalquartieren, sodass Francesca mit dem Duke allein im Flur stand.
„Mich überrascht, dass Sie Ihr Dienstmädchen nicht aufgefordert haben, uns durch das Haus zu begleiten“, scherzte Rochford. „Bin ich etwa so erschreckend, dass Ihre Maisie meine Nähe nicht ertragen kann?“
Francesca verdrehte die Augen. „Hören Sie schon auf, Sinclair. Sie wissen ganz genau, dass ich nicht ohne sie herkommen konnte. Sie selbst haben es ja sogar vorgeschlagen. Es dient Ihren Zwecken genauso wie meinen. Ich kann mir sehr gut Cranstons Miene vorstellen, wenn Sie mit einer Dame eingetreten wären, die ohne Begleitung unterwegs ist.“ Sie hielt kurz inne, dann sah sie ihn wieder an. „Damit meine ich mich. Ich nehme an, dass Sie schon Frauen von einer bestimmten Art hergebracht haben.“
Der Duke musterte sie lange, ohne ein Wort zu sagen.
„Kommen Sie, Rochford, ich bin nicht naiv“, fuhr sie fort. „Sie sind immerhin über dreißig. Dass Sie mit Frauen hier erschienen sind, ist doch klar.“
„Nicht hier“, entgegnete er leise.
Seltsam war, dass seine Antwort ihr ein angenehm warmes Gefühl bescherte. Rochford war kein Mann, der Haus, Familie oder Ehefrau in irgendeiner Weise entehren würde. Das Anwesen, das einst seinen Eltern gehört hatte und das eines Tages einmal das Heim seiner Ehefrau und ihrer gemeinsamen Kinder sein sollte, benutzte er also nicht als Ort für seine flüchtigen Affären. Hätte sie ihn geheiratet, dann wäre sie sich seiner Ehre immer gewiss gewesen, davon war sie überzeugt, und für einen Moment keimte Bedauern in ihr auf. Wie anders ihr Leben wohl verlaufen wäre, hätte sie damals Sinclair geheiratet.
Sie wandte sich ab, da sie fürchtete, er könnte ihre Gefühle und Gedanken erraten. Rochford war stets in der Lage gewesen, sie zu durchschauen. Energisch hielt sie sich vor Augen, dass Sinclair mit Andrew zwar kaum etwas gemeinsam hatte, dass er aber letztlich auch ein Mann war. Er hätte sie respektvoll und ehrbar behandelt, doch im Bett wäre er mit ihr ebenfalls nicht glücklich gewesen. Ganz bestimmt wäre er diskreter damit umgegangen, dennoch hätte er auch andere Frauen aufgesucht, wäre ihm erst einmal klargeworden, wie kalt und gefühllos sie war.
Es war nichts weiter als Wunschdenken, dass sich mit Sinclair in ihrem Leben etwas geändert hätte und dass sie durch ihn vor Verlangen aufgeblüht wäre.
Sie verdrängte ihre albernen und nutzlosen Gedanken und sah sich um. Die Eingangshalle des Lilles House war riesig. Sie erstreckte sich über das Parterre und den ersten Stock, wobei eine breite, geschwungene Treppe hinauf ins Obergeschoss führte. Ein Korridor führte zum Wintergarten, und von dort konnte man auch nach draußen gelangen. Zu ihrer Linken verlief der Flur in Richtung Küche und Dienstbotenzimmer. Nach rechts gelangte man in eine Galerie, die mit Carraramarmor ausgelegt
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