Ein Antrag nach Mitternacht
erkennen ließ, wie ihm aufging, welche Gelegenheit sich da ergeben hatte – und wie ihm anschließend klar wurde, dass er sie durch sein voreiliges Handeln verspielt haben dürfte.
„Oh“, brachte er schließlich leise heraus. Abermals straffte er seine Schultern und sprach in gedämpftem Tonfall: „Ich bitte um Verzeihung, Sir. Ich … ich werde Ihnen nicht weiter zur Last fallen.“ Er machte eine Verbeugung und drehte sich zu Francesca um. „Ma’am.“
Als er sich zum Gehen wandte, sagte Rochford: „Morgen früh um zehn Uhr.“
Browning wirbelte herum und sah ihn ungläubig an. „Dann … dann wollen Sie immer noch mit mir reden?“
„Ja. Die Liebe macht offenbar aus jedem von uns einen Narren. Ich möchte gern mit Ihnen unter … günstigeren Umständen reden.“
„Vielen Dank, Euer Gnaden.“ Von einem Moment zum anderen machte der junge Mann wieder eine hoffnungsvolle Miene. „Ich bin so … vielen Dank.“
Er nahm Abstand von seinem Vorhaben, eine längere Ansprache zu halten, stattdessen begnügte er sich mit einer weiteren Verbeugung und verließ zügig das Zimmer.
„Sieh einer an“, meinte Francesca amüsiert. „Jetzt suchen Sie also schon Ehemänner für Ihre potenziellen Ehefrauen.“
Rochford drehte sich zu ihr um und lächelte flüchtig. „Ich habe ihn nicht gesucht, er wurde mir präsentiert.“
„Aber Sie machen es ihr möglich, ihn zu heiraten.“
Mit einem Schulterzucken setzte er sich wieder ihr gegenüber hin. „Ich muss gestehen, ich habe wenig Interesse, eine Frau zu umwerben, die einen anderen Mann liebt.“
„Waren Sie denn interessiert, sie zu umwerben?“
„Ich habe versucht, interessiert zu sein.“
„Dann dienten all Ihre Bemühungen – die Ausfahrt in den Park, die Besuche – dem Zweck …“
„Mit ihr über ihren Wunsch zu reden, Mr Browning zu heiraten, und zu überlegen, wie sich das bewerkstelligen lassen könnte. Ganz richtig.“
Kein Wunder, dass Mary Calderwood sich so lobend über den Duke ausgelassen hatte! Jetzt sah sie die Unterhaltung mit dieser Frau in einem ganz anderen Licht. Mary war nicht so glücklich gewesen, weil der Duke sie wollte, sondern weil er ihr half, den Ehemann zu bekommen, den sie wollte.
Sie musste leise lachen. „Ich sollte Ihnen eigentlich böse sein. Sie haben mich glauben lassen, Sie seien an ihr interessiert.“
„Das habe ich nie behauptet.“
Tatsächlich nicht? Sie konnte sich nicht genau an jedes Wort erinnern, das gefallen war, dennoch hatte er ihr eindeutig nicht die ganze Wahrheit über Lady Mary gesagt. Dass er nach einer Anstellung für den Mann suchte, den sie liebte, das hatte er ihr verschwiegen.
Vermutlich sollte sie darüber beleidigt sein, aber aus einem unerfindlichen Grund konnte sie sich dazu nicht durchringen. „Beabsichtigen Sie nach wie vor, dem Mann diese Stelle in St. Swithin zu überlassen?“
„Wahrscheinlich ja. Für die Menschen dort wäre es sicherlich eine willkommene Abwechslung, einmal einen Vikar zu haben, der sich mit Leidenschaft für etwas einsetzt. Dem Vorgänger sind während seiner eigenen Predigten die Augen zugefallen.“
„Halten Sie ihn nicht für ein wenig … ungestüm?“
Rochford grinste. „Das ist er allerdings. Hoffen wir, dass er heute eine Lektion gelernt hat. Sollte er morgen keinen besseren Eindruck machen, werde ich das Angebot natürlich zurückziehen. Aber er ist jung und verliebt, und da begeht man schon mal Dummheiten.“
„Ja, das ist wahr“, stimmte Francesca ihm zu. Für diese Erkenntnis hatte sie seinerzeit teuer bezahlen müssen.
Sie trank ihren Tee aus und wäre am liebsten länger geblieben, doch sie wollte am Abend noch mit Sir Alan und dessen Tochter in die Oper gehen, also musste sie aufbrechen.
Rochford bestand natürlich darauf, dass sie in seiner Kutsche nach Hause gefahren wurden, obwohl sie und ihr Dienstmädchen die wenigen Blocks auch zu Fuß hätten zurücklegen können. Francesca lehnte sich in dem eleganten Ledersitz nach hinten und dachte über die Bedeutung dessen nach, was sie soeben erfahren hatte. Althea Robart und Caroline Wyatt waren für den Duke keine ernsthaften Kandidatinnen gewesen, und nun stand fest, dass er an Mary Calderwood auch nicht interessiert war. Meinte er die Suche nach einer Ehefrau möglicherweise gar nicht ernst? Wenn dem so war, was sollte sie dann von seiner Bemerkung halten, auf dem Ball würde er womöglich seine Verlobung bekanntgeben?
Vielleicht würde er sich ja für eine der beiden
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