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Ein Band aus Wasser

Ein Band aus Wasser

Titel: Ein Band aus Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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wütenden Aufschrei zu unterdrücken. Lucs magnetische Wirkung hatte mir das Herz gebrochen und Thais auch. Typisch Richard, dass er uns das auch noch unter die Nase reiben musste.
    » Ich geh zu Racey«, verkündete ich abrupt.
    » Aber du hast doch noch gar nichts gegessen«, wandte Nan ein.
    » Hab keinen Hunger mehr.«
    » Nun gut«, meinte Nan, » aber bleib nicht zu lange weg. Morgen ist Schule.«
    » Okay.« Als ich sicher war, dass Nan nicht hersah, streckte ich Richard die Zunge raus. Seine Augenbrauen schossen nach oben und er grinste. Ich drehte mich um und flitzte aus der Küche, doch zuvor erhaschte ich noch einen Blick auf Thais’ verdutztes Gesicht – sie hatte meine Grimasse gesehen, wusste aber nichts von der Sache zwischen mir und Richard.
    Meine Tasche und die Schlüssel für unser niedliches kleines Mietauto lagen neben der Eingangstür. Draußen war es inzwischen vollständig dunkel. Ein angenehmer, milder Abend, um die fünfzehn Grad, Oktober. In etwas weniger als vier Wochen würden wir unser wichtigstes Fest, Monvoile, feiern. Es war ein Moment allwaltender Magie, wenn die Nebel zwischen den Welten dünner wurden und sich ein wenig zurückzogen. Und für diesen Moment hatte ich einen Plan.
    Ich stieg ins Auto, ließ den Motor an und malte mir aus, wie müde kleine Eichhörnchen in die Pedalen traten, um ihn zum Laufen zu bringen. Als ich vom Bordstein wegfuhr, fühlte ich Richards Anwesenheit hinter mir nachklingen. Zur Hölle mit ihm. Idiot. Ich zog mein Handy hervor.
    » Race? Hör zu, wenn irgendjemand fragt, bin ich bei dir zu Hause, okay?«

Kapitel 3
    Eine leere Hülse in nur einem Jahr
    Daedalus verstellte die Lampe auf seinem Toilettentisch, damit sie sein Gesicht direkt beleuchtete. Während er in den Spiegel starrte, wandte er erst die eine Wange nach vorne, dann die andere. Zwei Tage nach dem Ritus waren seine Augen tiefliegender, seine Stirn zerfurcht, seine Lippen dünner.
    Seine Kräfte ließen nach und das zeigte sich auch in seinem Gesicht.
    Er hatte keine Ahnung, wie das passiert war, er wusste nur, wann, nämlich während des Ritus. Der missglückte Ritus, von dem er mehr als zweihundert Jahre lang geträumt hatte, den er geplant und für den er Nachforschungen angestellt hatte. Es war keine vollendete Nachahmung gewesen. Keiner war schwanger gewesen. Mehrere Teilnehmer waren gewaltsam herbeigeholt worden. Die eigentliche Quelle war nicht aus dem Boden unter ihren Füßen hervorgesprudelt. Und dann noch die Zwillinge mit ihren Kräften … schon das hätte gereicht, um die Sache den Bach runtergehen zu lassen. Alles, was unter seiner Kontrolle gewesen war – das Timing, die Utensilien, die Zaubersprüche selbst, der Ort –, all das war perfekt gewesen. Nur war er nicht in der Lage, die Treize vollständig zu kontrollieren – nicht so wie Melita.
    Und dann hatte natürlich auch Petra gegen ihn gearbeitet. Petra, Marcel, Ouida und wahrscheinlich noch andere, von denen er nichts wusste. Sie hatten gegen ihn gearbeitet, ihn betrogen. Und nun musste man ihn nur ansehen – er verlor mit jedem Tag mehr Kraft. Er war sich nicht sicher, ob ihn jemand gezielt mit einem Zauber belegt hatte, um ihn derart zu schwächen, oder ob es nicht an der Energie des Zirkels lag, die aufgrund des Missbrauchs außer Kontrolle geraten war. Aber er würde es herausfinden.
    Er musste mit aller Kraft verhindern, dass jemand mitbekam, was mit ihm passiert war. Er konnte es sich nicht leisten, Schwäche zu zeigen. Jetzt, vor dem Spiegel, übte er es, sich aufrechter hinzustellen, die Schultern zurückzunehmen und die Kiefermuskeln anzuspannen.
    Traurigkeit senkte sich auf seine Schultern und ließ sie nach vorne fallen. Seine Kraft sickerte langsam aus ihm heraus, Tag um Tag, wie Zucker, der aus dem winzigen Loch eines Sacks rieselte. Bei diesem Tempo wäre er in nur einem Jahr eine leere Hülse, grotesk, machtlos, ein lebendiges Skelett.
    Jetzt hatte er keine Wahl mehr. Melita musste gefunden werden. Dann würden sie beide tun, was immer getan werden musste, um die Quelle erneut zu öffnen und den Ritus in seiner Ganzheit abzuhalten. Mit ein bisschen Glück würde irgendeine aus der Treize bis dahin schwanger sein. Er würde mit Luc sprechen und herausfinden müssen, was da lief. Wenn Luc nur von vornherein keinen so groben Fehler begangen hätte …
    Wie auch immer. Sein Weg lag nun klar vor ihm. Doch wenn Melita erst zurück war, wären sie keine Treize mehr. Sie wären einer zu viel und der- oder

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