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Ein bretonisches Erbe

Ein bretonisches Erbe

Titel: Ein bretonisches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Menton
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den Umschlag. Sie erkannte sofort, dass er die schwungvolle Handschrift ihres Großvaters trug. Äußerst gespannt zog sie den Briefbogen heraus und faltete ihn auseinander.
    Mein Sohn! las sie.
    Ich möchte Dich weiter so nennen, obwohl ich Dir heute gestehen muss, dass ich nicht Dein leiblicher Vater bin.
    Da ich Dich aber wie meinen Sohn liebe, konnte ich Dir dies nicht sagen als ich noch lebte. Ich war feige, weil ich Dich nicht verlieren wollte. Bitte verzeih mir.
    Yuna ließ den Brief erschüttert sinken und schaute ihren Vater an, der im Sessel lehnte und starr in die Flammen des Kaminfeuers blickte. Was mochte in ihm vorgehen. Welch ein Schock, auf diese Art zu erfahren, dass man nicht das Kind seines Vaters war. Das also war das Famliengeheimnis, auf das ihr Großvater angespielt hatte. Aber es kam noch schlimmer.
    Auch Deine Mutter, meine geliebte Henriette, ist nicht Deine leibliche Mutter.
    Ich weiß nicht, ob es richtig ist, Dir nach all den Jahren, und wahrscheinlich ohne wirkliche Notwendigkeit, dies zu schreiben. Aber ich kann nicht von dieser Erde gehen, ohne die Wahrheit gesagt zu haben.
    Deine Mutter und ich waren im Jahre 1943 in der Bretagne stationiert. Wir lernten uns in Le Ro kennen und lieben. Wir heirateten in Ploubazlanec. Es war eine lustige Hochzeit und ein Besuch an der Dreifaltigkeitskapelle verhieß uns ein glückliches Eheleben. Was wir auch dreißig Jahre hatten.
    In der Nacht vom 5. auf den 6. Juli sank vor der Küste ein holländisches Schiff, das offenbar Flüchtlinge nach England bringen wollte. Niemand schien das Unglück überlebt zu haben. Doch als ich am nächsten Morgen in den Klippen mit Henriette ohne allzugroße Hoffnung noch nach Überlebenden suchte, hörten wir aus der Grotte im östlichen Ufer das Weinen eines Babys. Es lag eingewickelt in ein Umschlagtuch im abgesplitterten Bug eines Rettungsbootes, der offenbar von der Gewalt der Brecher bis in die Höhle geschleudert worden war. Wir fürchteten für das Leben des Flüchtlingsbabys und brachten es zu Jean Baptiste, den ich bei den Bergungsarbeiten flüchtig kennengelernt hatte und dessen Haus in unmittelbarer Nähe lag…
    Yuna hielt inne. Jean Baptiste? So hieß doch der Großvater von Julien. Dann hatte er also die ganze Zeit von Opas Geheimnis gewusst!
    Wenige Tage später durften wir als Frischvermählte einen kurzen Heimaturlaub antreten. Wir schmuggelten mit seiner Hilfe das Baby nach Deutschland und meldeten es dort als unser Kind an.
    Es tut mir leid, dass ich Dir sagen muss, dass Deine Eltern bei der Schiffskatastrophe offenbar beide ums Leben gekommen sind. Ich konnte auch nie mehr über sie in Erfahrung bringen. Zur Erinnerung an sie und die anderen, die von meinen eigenen Landsleuten leider in einem anonymen Massengrab verscharrt wurden, habe ich in der Grotte, wo wir Dich fanden, einen Gedenkstein geschaffen.
    Wenn ich auch vergehe, er wird bleiben und Dich daran erinnern, wo unser gemeinsamer Weg begann.
    Du warst ein so guter Sohn und ich hoffe, ich war Dir ein annähernd so guter Vater. Meine und die Liebe Deiner Mutter werden immer bei Dir sein, auch wenn Du nicht unser Fleisch und Blut bist.
    Yuna ließ den Brief sinken, er zitterte in ihren Händen. Das also war es, was ihre Familie mit diesem Ort so tief verband. Sie war erregt wie jemand, der den letzten Stein in ein gewaltiges Puzzle einfügt.
    „Papa“, hörte sie sich mit belegter Stimme sagen. „Ich weiß, wer deine Eltern sind. Ich habe sogar ein Foto von ihnen.“
    Sie stürzte in ihr Zimmer hinauf, um das Logbuch zu holen.
    Als sie zurückkehrte saßen ihre Eltern noch immer sprachlos am Kamin.
    „Was hast du da eben gesagt, Yuna“, fragte ihre Mutter sichtlich verunsichert. „Mit so etwas macht man keine Scherze. Das ist makaber.“
    „Aber es ist kein Scherz“, fiel ihre Tochter ihr ins Wort. „Hier habe ich die Beweise.“
    Sie zog das Foto hervor und zeigte es ihrem Vater und dann auch die Einträge im Logbuch. Schon das Foto wäre Beweis genug gewesen. Die Ähnlichkeit von Jürgen Lindberg mit seinem leiblichen Vater war tatsächlich frappierend. Yuna hatte ihren Vater noch nie so fassungslos gesehen, wie in dem Moment, als er das Foto in den Händen hielt, auf dem er nun zum ersten Mal seine leiblichen Eltern sah. Er war Vincent van Leyen wirklich wie aus dem Gesicht geschnitten.
    Als dann ihre Mutter das Foto betrachtete, entdeckte sie sogleich das Medaillon am Hals der Kapitänsfrau.
    „Welch seltsamer Zufall“, sagte

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